Politik

Spanien: Merkel stimmt Geheimplan zur Bankenrettung mit EU-Mitteln zu

Die EU hat einen Plan zur Rettung der spanischen Banken entwickelt, zu dem offenbar auch Deutschland seine Zustimmung gegeben hat. Demnach soll den spanischen Banken geholfen werden, ohne den Spaniern neue Sparmaßnahmen aufzuerlegen. Unterdessen ermittelt die spanische Staatsanwaltschaft wegen Korruption bei der Bankia-Gründung.
06.06.2012 23:24
Lesezeit: 2 min

Die Europäische Union ist entschlossen, Spanien bei der Bankenrettung zu helfen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet von einem Geheim-Plan, an dessen Umsetzung hinter den Kulissen offenbar schon eifrig gearbeitet wird. Die EU möchte die spanischen Banken retten, ohne dass die Spanier dabei ihr „Gesicht verlieren“, wie es aus Verhandlungskreisen heißt. Der Gedanke ist, dass EU-Hilfsgelder direkt an den spanischen Bankenrettungsfonds FROB ausgezahlt werden. Damit könnte vermieden werden, dass Spanien ähnliche Sparauflagen erhält wie Irland, Portugal oder Griechenland. Die Spanier müssen lediglich versprechen, dass sie ihre Bankensystem in Ordnung bringen werden.

Deutsche Regierungs-Offizielle wirken an den Planungen mit, wie französische Beamte Reuters sagten. Die Franzosen sagen, die Deutschen würden konstruktiv mitarbeiten. Beobachter berichten, dass Angela Merkel offenkundig ihren Widerstand gegen eine Bankenrettung mit EU-Geldern aufgegeben hat. Ein weiteres Indiz ist die Aussage von Fraktionsgeschäftsführer Volker Kauder. Kauder sagte der ARD, dass Spanien um Hilfe nachsuchen müsste – und zwar nicht wegen des Versagens der Regierung, sondern wegen seiner Banken.

[caption id="attachment_2334" align="alignleft" width="300" caption="Angela Merkel und José Manuel Barroso wollen den Banken den Schwarzen Peter zuschieben. Bezahlt wird bei dem teuren Spiel mit dem Geld der Steuerzahler. (Foto: consilium)"][/caption]

Dass diese beiden Dinge aber unter Umständen enger miteinander verknüpft sein könnten als den Euro-Rettern lieb ist, belegt die Nachrichten, dass die spanische Staatsanwaltschaft bereits Ende Mai Ermittlungen wegen Korruption bei jenem Sparkassen-Zusammenschluss aufgenommen hat, aus dem am Ende die Bankia hervorgegangen ist. Die Website cope.es berichtet von den Ermittlungen und schreibt, dass der zuständige Staatsanwalt noch keine Aussage treffen könne, ob es tatsächlich zu einer Anklage kommen werde.

Die spanischen Sparkassen haben eine traditionelle Nähe zur Politik. Die Volkspartei (Partido Popular) hatte ihre Leute in der Bank ebenso untergebracht wie die sozialistische Partei (PSOE). Es gab enge Familien-Beziehungen, Angehörige aller Couleur wurden mit Posten versorgt. Auch für Europa-Abgeordnete wurden immer wieder Posten gefunden. Im Umfeld der Bankia hatte es bereits zahlreiche Korruptions-Skandale im Zusammenhang mit Luxus-Immobilien gegeben.

Besonders in der Kritik steht der ehemalige Zentralbank-Chef. Miguel Angel Fernández Ordóñez wird vorgeworfen, die spanische Banken-Krise komplett verschlafen zu haben. Ob es auch politische Mauscheleien gegeben hat, werden die Untersuchungen zeigen. Der geschasste CEO der Bankia war zuvor Finanzminister gewesen und hatte nie in seinem Leben eine Bank geführt.

Die Gemengelage von Politik und Banken in Spanien zeigt, wie weltfremd der neue EU-Ansatz ist. Vertreter von Brüssel ließen durchblicken, dass sie künftig eine Trennung von Banken und Politik anstreben. So sollen nach einem neuen Gesetzesentwurf auch die Gläubiger und Shareholder einer Bank für deren Rettung aufkommen und nicht mehr die Steuerzahler (hier). Diese Entwicklung könnte verheerende Wirkungen auf die Finanzierung der Staaten haben. Wie eine Analyse kürzlich ergab, haben die Staaten in Europa und die USA die Banken systematisch gezwungen, Staatsanleihen auch zu unvorteilhaften Zinssätzen zu kaufen (hier und hier). Viele Finanzspekulationen haben ihre direkte Ursache in politischen Entscheidungen: Der Wille der US-Regierung, jedem Wähler ein Eigenheim zukommen zu lassen, hatte zur legendäre Null-Zins-Politik der Fed unter Alan Greenspan geführt. Die Niedrigzins-Politik war einer der Haupttreiber für die Banken, ihre Assets und das von ihnen verwaltete Vermögen riskanteren Spekulationen auszusetzen.

Die nun geplante Rolle rückwärts wird das Problem allerdings wieder dem deutschen Steuerzahler vor die Beine schieben: Denn die EU-Gelder, die nun für die Bankenrettung geplant sind, müssen irgendwo erwirtschaftet werden.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die europäischen Regierungen bereits mit Hochdruck daran arbeiten, die noch nicht einmal ratifizierten Verträge zu brechen: Denn unisono wird nun gefordert, der ESM müsse künftig für die Bankenrettung aufkommen. Das ist ausdrücklich nicht seine Aufgabe. Ganz unverhohlen verweisen die Retter auf Brüssel darüber hinaus auf den Umstand, dass der ESM für Spanien zu spät kommen werde. Daher wird auch die Banken-Rettung aus Mitteln des EFSF diskutiert. Dies wäre ebenfalls ein klarer Rechtsbruch. Denn auch dem EFSF ist es ausdrücklich verboten, Banken zu retten.

Mit dem neuen Geheimplan wollen die Regierungen offenbar versuchen, die Banken als die alleinigen Sündenböcke für die Finanzkrise erscheinen zu lassen. Man spielt in Brüssel, Berlin und Paris also nichts anderes als Schwarzer Peter. Das Spielgeld stellen, wie gewohnt, die Steuerzahler in Europa zur Verfügung.

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