Wirtschaft

Wie die USA Deutschland den Corona-Impfstoff wegschnappen wollen

Die deutsche Firma CureVac arbeitet an einem Impfstoff gegen das Coronavirus. Die USA wollen sich die Rechte für den deutschen Impfstoff sichern. Zwischen Washington und Berlin tobt ein Machtkampf auf Kosten der Gesundheit von Millionen.
16.03.2020 09:51
Aktualisiert: 16.03.2020 09:51
Lesezeit: 3 min
Wie die USA Deutschland den Corona-Impfstoff wegschnappen wollen
Frankreich, Biarritz: Donald Trump, Präsident der USA, küsst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), zur Begrüßung beim gemeinsamen Familienfoto im Rahmen des G7-Gipfels. (Foto: dpa) Foto: Andrew Parsons

Zwischen Deutschland und den USA gibt es in der dramatischen Coronavirus-Krise Streit um ein Tübinger Pharma-Unternehmen, das an einem Impfstoff arbeitet. Auf die Frage, ob es aus der US-Regierung den Versuch gegeben habe, das deutsche Unternehmen CureVac für eine sehr hohe Geldsumme zu übernehmen, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Sonntag in Berlin: “Ich kann nur sagen, dass ich heute mehrfach gehört habe von Regierungsmitgliedern, dass dies zutrifft und dass wir da morgen im Krisenstab darüber reden.”

Zuerst hatte die “Welt am Sonntag” über Auseinandersetzungen um die Tübinger Impfstoff-Firma CureVac berichtet. US-Präsident Donald Trump versuche, deutsche Wissenschaftler mit hohen finanziellen Zuwendungen nach Amerika zu locken oder das Medikament exklusiv für sein Land zu sichern, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise in Berlin. Der US-Präsident biete dem Bericht zufolge der Firma einen hohen Betrag, um sich deren Arbeit exklusiv zu sichern. Trump tue alles, um einen Impfstoff für die USA zu bekommen. “Aber eben nur für die USA”, heißt es laut Zeitung dazu in der Bundesregierung.

Ein hochrangiger Vertreter der US-Regierung bestätigte den Zeitungsbericht am Sonntagabend (Ortszeit) nicht. Er teilte auf Anfrage mit, man kenne weder den Bericht der “Welt am Sonntag” noch die zugrundeliegenden Informationen.

Ein Exklusivvertrag etwa mit den USA für einen Corona-Impfstoff kommt für CureVac nach einem Bericht der Zeitung "Mannheimer Morgen" (Montag) indes nicht in Frage. "Wir wollen einen Impfstoff für die ganze Welt entwickeln und nicht für einzelne Staaten", zitiert die dpa den Geschäftsführer und Mitbegründer des Hauptinvestors "dievini Hopp BioTech Holding", Christof Hettich.

Der SAP-Mitbegründer und Mäzen Dietmar Hopp und der Unternehmer Friedrich von Bohlen gehören demnach ebenfalls zu den Gründern und Geschäftsführern. Seit Januar forscht CureVac an einem Impfstoff gegen das Coronavirus. Zudem halte Hopp entschlossen an dem Unternehmen, den Mitarbeitern und auch dem Hauptstandort in Tübingen fest, sagte Hettich weiter.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lobte in der ARD-Sendung “Bericht aus Berlin” am Sonntagabend die Tübinger Firma dafür, dass sie für die US-Avancen “nicht zur Verfügung steht. Das ist eine großartige Entscheidung und eine großartige Position.” Es sei eine “gute Nachricht, dass die Unternehmensleitung Klartext gesprochen hat”. Deutschland stehe “nicht zum Verkauf”, sagte Altmaier.

Das Bundesforschungsministerium wies eindringlich darauf hin, dass die dortige Forschung mit staatlichen Geldern gefördert werde. “Die Bundesregierung hat die finanzielle Förderung der Entwicklungen zuletzt stark ausgeweitet”, sagte ein Sprecher von Ministerin Anja Karliczek (CDU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Impfstoff-Entwicklung werde insbesondere über die internationale Impfstoff-Allianz CEPI vorangetrieben, die auch von der Bundesregierung mitfinanziert wird. “CEPI hat unter anderem die Firma CureVac mit der Entwicklung eines Impfstoffs beauftragt”, so der Sprecher. Die Regierung stehe im intensiven Kontakt mit CureVac.

“Die Bundesregierung hat ein hohes Interesse, Wirkstoffe und Impfstoffe in Deutschland und Europa zu produzieren”, zitierte die Funke Mediengruppe Bundeswirtschaftsminister Altmaier. Sein Ministerium habe auch auf die Vorgaben des Außenwirtschaftsrechts verwiesen, wonach die Bundesregierung die Möglichkeit habe, sich Übernahmen deutscher Unternehmen aus Drittstaaten näher anzuschauen, “insbesondere wenn es um nationale oder europäische Sicherheitsinteressen geht”.

Das Biotech-Unternehmen versicherte der “Schwäbischen Zeitung” (Montag), eine Übernahme durch ein amerikanisches Unternehmen oder durch die USA stehe nicht im Raum. “Ein Angebot über eine Übernahme gibt es nicht”, sagte Franz-Werner Haas, der für die Produktion verantwortliche Vorstand bei CureVac, dem Blatt in Ravensburg. Zwar bestehe durchaus Interesse aus den USA an der Arbeit von CureVac, aber “Corona ist ein weltweites Problem, dafür arbeiten wir”. Haas fügte laut “Schwäbische Zeitung” hinzu: “Aufgrund der Erkenntnisse aus unserer klinischen Tollwut-Studie sind wir zuversichtlich, auch einen Wirkstoff gegen das Coronavirus entwickeln zu können. Wir hoffen, dass wir bis Mitte des Jahres in der Klinik sind.”

Das Bundesgesundheitsministerium verwies auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur auf Äußerungen, die ein Ministeriumssprecher bereits gegenüber der “Welt am Sonntag” gemacht habe. “Die Bundesregierung ist sehr daran interessiert, dass Impf- und Wirkstoffe gegen das neuartige Corona-Virus auch in Deutschland und in Europa entwickelt werden”, zitierte die Zeitung den Sprecher. “Diesbezüglich ist die Regierung in intensivem Austausch mit der Firma CureVac.” Das Unternehmen arbeitet dem Bericht zufolge gemeinsam mit dem bundeseigenen Paul-Ehrlich-Institut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel.

“Der exklusive Verkauf eines eventuellen Impfstoffes an die USA muss mit allen Mitteln verhindert werden. Der Kapitalismus hat Grenzen”, schrieb der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach auf Twitter. Scharfe Kritik wegen US-Begehrlichkeiten kam auch von der Vizevorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Bärbel Bas: “Wenn es einen Impfstoff gibt, muss er allen zur Verfügung stehen. Alles andere wäre ein Skandal. Bei einer Pandemie geht es um alle Menschen und nicht um America first.”

Die Tübinger Bundestagsabgeordnete der Linken, Heike Hänsel, schrieb am Sonntag: “Angesichts der schnellen globalen Verbreitung des Covid19-Virus muss die Welt geschlossen gegen diese Krankheit vorgehen. Die Firma Curevac ist aufgerufen, ihrer internationalen Verantwortung gerecht zu werden.”

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash: Wie Zinsen und KI die Kryptomärkte unter Druck setzen
21.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten stellen Anleger, Unternehmen und Regulierer gleichermaßen auf die Probe. Welche Kräfte...

DWN
Politik
Politik Koalition unter Druck: Bundesrat zwingt Merz-Regierung in den Vermittlungsausschuss
21.11.2025

Die Stimmung in der Koalition mau, der Rentenstreit noch längst nicht ausgestanden – jetzt legt sich auch noch der Bundesrat quer. Er...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Ein Mundscan reicht: Das Healthtech DentalTwin erstellt KI-basierte Modelle für Zahnersatz
21.11.2025

Mithilfe KI-basierter Datengenerierung verlagert das Start-up DentalTwin die Zahnprothetik ins Digitale. Das dürfte nicht nur Praxen und...

DWN
Politik
Politik EU lockert Datenschutz: Digitaler Omnibus reformiert Regeln für KI
21.11.2025

Europa steht bei der Digitalpolitik vor einem Wendepunkt, an dem Wettbewerbsfähigkeit und Schutz von Bürgerrechten neu austariert werden....

DWN
Politik
Politik US-Wirtschaftselite, Ex-Präsidenten und die Epstein-Akten: Verbindungen zu Politik und Tech-Milieu offengelegt
21.11.2025

Mit jeder neuen Aktenveröffentlichung im Fall Jeffrey Epstein treten weitere Verbindungen zwischen politischen Entscheidern, Finanzeliten...

DWN
Panorama
Panorama Ansteigende Gewalt gegen Frauen - Dobrindt: „Nicht-Deutsche Tatverdächtige deutlich überrepräsentiert“
21.11.2025

Frauen werden stündlich Opfer von körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt, so das Bundeskriminalamt. Das Dunkelfeld dürfte um...

DWN
Politik
Politik Schwarzarbeit bekämpfen: Sozialschutz für Paketboten soll dauerhaft gewährleistet werden
21.11.2025

Der Schutz von Paketboten vor Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung wird dauerhaft gestärkt: Der Bundesrat hat die Verlängerung der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelsriesen setzen Verbraucher unter Druck – Gutachten kritisiert Marktmacht
21.11.2025

Steigende Lebensmittelpreise sorgen bei vielen Verbrauchern für Unmut – und laut einem aktuellen Gutachten der Monopolkommission liegt...