In der Bundesrepublik schreitet der 5G-Ausbau voran, wenn auch nicht ganz so rasch, wie ursprünglich erwartet. Letzteres hat seinen Grund darin, dass für das Funktionieren des 5G-Netzes eine gute allgemeine Mobilfunk-Infrastruktur notwendig ist. In Deutschland mit seinen chronischen Funklöchern ist die jedoch eher nicht gegeben. Mit anderen Worten: Obwohl noch keine vollständige Abdeckung mit 4G vorhanden ist, wird der Ausbau von 5G schon vorangetrieben. Allen voran die Telekom: nach eigenen Angaben hat sie bundesweit bereits 30.000 Antennen installiert, mit dem angeblich schon die Hälfte der Deutschen erreicht werden. Oder auch nur die Hälfte – je nach Sichtweise.
Angesichts dieser Situation braucht man von der Einführung einer 6G-Technologie in Deutschland in naher Zukunft jedenfalls nicht zu sprechen, egal ob man das nun gut oder schlecht findet. Eine ganze Reihe von Bürgern werden das in der Tat eher begrüßen. Kritiker der Mobilfunk-Technologie – insbesondere 5G – sehen nämlich ein erhebliches Gesundheitsrisiko durch die sehr energiereiche elektromagnetische Strahlung. Mittlerweile regt sich weltweit aktiver Widerstand gegen die Inbetriebnahme von 5G-Funkmasten.
Fakt ist: Die Sicherheit von 5G ist umstritten und erfordert weitere Forschungsarbeit. 5G-Wellen sind hochfrequent (also sehr energiereich), die genutzten Wellenlängen sind niedriger als bei den Vorgängertechnologien. Aufgrund der geringeren Reichweite pro Funkmast braucht es also weitaus mehr Antennen, um denselben Bereich abzudecken. Diese Antennen strahlen dabei dann noch hochenergetischere Wellen ab. Die Mahner haben also grundsätzlich Recht, wenn sie darauf hinweisen, dass mit 5G die Strahlenbelastung zunimmt. Fraglich ist, ob und – wenn ja – wie schädlich die Strahlung für Mensch und Tier ist.
Mit seinen noch höheren Bandbreiten geht es bei 6G um noch höhere Frequenzen bis in den Terrahertz-Bereich (damit noch geringere Wellenlängen), also würden nochmal mehr Funktürme benötigt. Sicherheits- und Gesundheitsbedenken könnten also noch ein großes Thema werden, wenn 6G eines Tages in Deutschland diskutiert werden sollte.
Der Mobilfunk-Standard der Zukunft
In Korea ist man schon ein bisschen weiter. Samsung veröffentlichte jüngst ein White Paper zu 6G, in dem die Vision eines weiteren technischen Entwicklungsschritts skizziert wird.
Die Bandbreiten sollen stark steigen bis zu einem Maximum von 1.000 Gigabit pro Sekunde bei einer Latenz (Signalverzögerung) von nur 0,1 Millisekunden. Zum Vergleich: Die höchsten gemessenen Downloadraten bei 5G bewegen sich momentan noch im einstelligen Gigabit-Bereich, die Latenz ist um den Faktor zehn geringer als bei 6G.
Samsung geht davon aus, dass 6G auch im gesamten Frequenzbereich von 4G und 5G nutzbar sein wird. Dafür wären aber neue Antennen nötig, um Umwelteinflüsse zu minimieren.
Man rechnet mit einer Massennutzung von 6G bis 2030. Bis dahin soll es 500 Milliarden Endgeräte geben, die miteinander über das Internet verbunden sind, darunter Smartphones, Displays, intelligente Sensoren, Maschinen, Roboter, Arbeitsausrüstung, Drohnen, Virtual-Reality-Headsets und Augmented-Reality-Brillen. Nach Ansicht der Forscher des koreanischen Tech-Unternehmens bahnt sich eine neue Generation von Maschinenintelligenz, Interfaces und Mensch-Maschine-Verknüpfungen an.
Mit 6G sollen Einbettung und Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) so einfach gemacht werden wie nie zuvor, auch weil große Informationsmengen noch viel schneller gesammelt und verarbeitet werden könnten. Aber KI ist umgekehrt auch nötig, um viele der auf 6G basierenden Anwendungen überhaupt praktikabel zu machen.
In dem White Paper werden drei exemplarische Tech-Innovationen aufgezählt, deren Umsetzung durch 6G erleichtert bzw. erst ermöglich werden würde.
Immersives XR: XR bezeichnet Mischformen aus Virtual-Reality (VR) und Augmenten-Reality (AR). Insbesondere im Entertainment-Bereich könnte mit Immersive XR ein riesiger Markt entstehen.
Hologramm-Projektoren: Diese Technologie kennt man bisher nur aus der Science-Fiction. Mit 6G könnten mobile Hologramme beispielsweise über Smartphones abgebildet werden. Die dafür notwendigen riesigen Datenmengen könnten durch den Einsatz von KI begrenzt werden.
Digitale Klone: Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich um exakte Kopien von Gegenständen, Lebewesen, potentiell allem Greifbarem, in einer virtuellen Welt. Virtuelle und reale Welt sollen miteinander interagieren können, damit würde beispielsweise eine Steuerung von realen Bewegungen über Interfaces in der virtuellen Welt möglich.
Ein allgemein aktzeptierter 6G-Standard kann eine Reihe von langfristigen Folgen nach sich ziehen:
Der mit Corona einsetzende Home-Office-Trend und 3D-Druck (Produktion on-demand) können in Kombination mit 6G-Innovationen im Bereich Holografie und Remote-Control nicht weniger als eine komplette Umwälzung in den Produktions-, Steuerungs und Arbeitsprozessen auslösen.
Ein weiteres Schlüsselthema ist die Verknüpfung von Mensch und Maschine. Jetzt schon gibt es Projekte wie Elon Musks Implantat-Startup „Neurallink“, welche die Möglichkeiten einer Schnittstelle zwischen menschlichem Gehirn und Computer erforschen. Wenn in gar nicht so ferner Zukunft Daten vom Rechner ins Gehirn hochgeladen werden können, ist der gläserne Mensch vollends Realität geworden. Diese Entwicklung würde durch die Übertragungskapazitäten und -geschwindigkeiten von 6G-Netzwerken stark beschleunigt werden.
6G könnte also zur Schlüsseltechnologie der Transhumanisten avancieren (Transhumanismus bezeichnet eine Denkströmung, die das Verschmelzen von Mensch und Technologie anstrebt. Ziel dieser Verschmelzung ist die Überwindung von bisherigen Grenzen und damit der vollen Entfaltung des vollen Potentials der Menschheit).
Doch vielfältige Möglichkeiten gehen wie so oft mit vielfältigen Problemen Hand in Hand:
Man könnte sich zum Beispiel eine Welt vorstellen, in der digitale Kopien von Menschen in einer virtuellen Welt existieren, die laufend nahezu in Echtzeit aktualisiert wird. Wie erkennt man den Unterschied zwischen realer und virtueller Welt, wenn die Simulation nur gut genug ist (Und theoretisch kann die Simulation fast perfekt sein, wenn Alles geklont werden kann)? Wird die digitale Entität rechtlich und moralisch dem Original gleichgestellt?
Ohne eine (geistige) Trennung zwischen Mensch und Computer ist leider auch das Potential von Hackerangriffen nahezu grenzenlos. Datenschutz und Cyber-Sicherheit könnten in der Welt der Zukunft die größten Industrien in den entwickelten Volkswirtschaften werden.