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Sorgloser Ruhestand: Mittelstand erschreckend schlecht vorbereitet

Lesezeit: 3 min
04.11.2020 14:46  Aktualisiert: 04.11.2020 14:46
Sorgloser Ruhestand: Mittelstand erschreckend schlecht vorbereitet
Die Uhr tickt: Je früher die eigenen Finanzen in die Hand genommen und analysiert werden, desto besser. (Foto: Martin Schutt/dpa)
Foto: Martin Schutt

Die meisten US-Amerikaner haben nicht genug Geld für den Ruhestand gespart. Man könnte davon ausgehen, dass dies vor allem ein Problem des niedrigeren Einkommensschichten sei, doch ein Bericht des Think Tanks SCEPA – The New School zeigt, dass selbst wohlhabende US-Bürger bei weitem nicht genug Geld gespart haben.

Millionen von Hochverdienern kämpfen immer noch darum, genug zu sparen. Laut der Studie von SCEPA haben schockierende 27 Prozent der Arbeitnehmer mit einem Einkommen über der sozialversicherungsrelevanten US-Lohngrundgrenze keinerlei Altersvorsorge. Die Lohngrundgrenze liegt für das Jahr 2020 bei 137.700 US-Dollar. Dies bedeutet, dass mehr als ein Viertel der Arbeitnehmer mit einem sechsstelligen Einkommen nicht in der Lage ist, Geld für den Ruhestand zurückzulegen.

Auch andere Gutverdiener haben hier erhebliche Probleme. Bei Sparern mit einem Einkommen von mehr als 137.700 US-Dollar, beträgt das durchschnittliche Anlagevermögen lediglich 252.000 US-Dollar. Das Problem existiert jedoch nicht nur in den USA…

Je früher begonnen wird, desto besser

Wenn es um wachsenden Wohlstand für den Ruhestand geht, ist die größte Waffe, die uns zur Verfügung steht, die Zeit.

Man stelle sich vor, man beginnt mit 40 Jahren, 300 Euro pro Monat für den Ruhestand zu sparen, und geht mit 65 in Rente. Wenn diese Investitionen eine durchschnittliche jährliche Rendite von 7 Prozent bringen – eine absolut realistische Durchschnittsrendite von Aktien –, wird man am Ende etwa 227.700 Euro besitzen. Davon entfallen 137.700 Euro auf Gewinne, da im Laufe dieser 25 Jahre 90.000 Euro (3.600 EUR pro Jahr * 25 Jahre) eingezahlt wurden.

Doch was passiert, wenn man stattdessen schon im Alter von 30 Jahren beginnt, diese 300 Euro pro Monat zu sparen. Plötzlich ist ein Zeitfenster von 35 Jahren, nicht von 25 Jahren, vorhanden. Unter der Annahme, dass die gleichen 7 Prozent Rendite erzielt werden, wird das Vermögen am Ende etwa 497.600 Euro beinhalten. Das entspricht einem Gewinn von 371.600 Euro, wenn man die 126.000 Euro einbezieht, die selbst einzahlen wurden (3.600 Euro pro Jahr * 35 Jahre).

Auch wenn viele vielleicht geneigt sind, ihr Alterssparen auf einen späteren Zeitpunkt im Leben zu verschieben: Das Vermögen wird je stärker wachsen, desto früher mit dem Aktiensparen begonnen wird. Und das könnte den Unterschied ausmachen, ob die eigenen goldenen Jahre genossen oder von der Hand in den Mund gelebt werden muss.

Ineffektive Denkmuster verlassen

Unsere Art zu denken basiert auf einer sehr frühen Prägung. Unser Verstand ist wie ein Rechner, auf dem schon in Kindheit und Jugend die wichtigsten Programme installiert werden. Durch Aussagen, die wir von unseren Eltern auch über das Thema Geld hören, werden Vorstellungen fest in unserem Verstand abgespeichert.

„Das hat meine Mutter immer so gemacht“, ist auf die Frage, warum man Geldfragen auf eine bestimmte Weise behandelt, genauso gültig wie auf welche Weise man Spaghetti zubereitet. Wer etwa auf die Bitte nach Geld von der Mutter immer an den Vater verwiesen wird, prägt sich ein, dass der Mann im Haus die Finanzen in der Hand hält und Frauen nicht selbstständig über Geld verfügen können.

Oder wenn zum Beispiel die Eltern im Zweiten Weltkrieg oder in einer harten Wirtschaftskrise gelebt haben, werden deren Erfahrungen der Knappheit die eigenen Verhaltensmuster beeinflussen und man wird immer davon ausgehen, dass Geld nie in ausreichendem Maße vorhanden sein kann.

Erfahrungen, die man als junger Mensch gemacht hat, sind essenziell für die ersten eigenen Schritte im Umgang mit Geld, da man das Verhalten der Eltern genau studiert und im Unterbewusstsein abspeichert. Wenn man als junger Erwachsener selbst ans Geldverdienen kommt, „kupfert“ man die Einkommensmuster der Eltern ab, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und was er sich erst einmal angelernt hat, ändert er nicht so einfach. Man kann sich später nur von den elterlichen Denkstrukturen lösen, indem man sich ihrer bewusst wird und sich dann entsprechend umpolt.

Damit fortan die richtigen finanziellen Entscheidungen gefällt werden, muss verinnerlicht werden, dass der Anleger die Kontrolle über das eigene (Geld-)Leben hat. Frei nach dem Motto: „Hören Sie auf, Lotto zu spielen und beginnen Sie Ihre Finanzen gründlich zu analysieren.“ Ist das Zertifikat, das der Bankberater verkauft hat, wirklich so wertvoll wie besprochen?

Ein hohes Nettoeinkommen allein reicht nicht

Viele Leute denken, dass sie allein schon aufgrund des hohen Gehaltes, das am Monatsanfang auf ihrem Konto landet, bereits vermögend sind. Doch damit liegen sie falsch. Der richtige Maßstab für Wohlstand ist das Nettovermögen einer Person – also der Geldwert aller Assets. Neben dem Einkommen zählen dazu beispielsweise Ersparnisse und Erträge aus Investitionen.

Dies können idealerweise Dividenden aus Unternehmensbeteiligungen sein. Wenn man also ein Vermögen aufbauen möchte, sollte so früh wie möglich damit begonnen werden, das eigene Geld nicht auf dem Sparbuch oder unter der Matratze versauern zu lassen, sondern klug mit ihm zu wirtschaften.



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Henning Lindhoff ist Redakteur der PI Privatinvestor Kapitalanlage GmbH.
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