Deutschland

Experte: Für Kritik an Chinas Politik ist es zu spät - stattdessen müssen Deutschlands Autobauer chinesischer werden

Fast 40 Prozent aller VW-, BMW- und Mercedes-Neuwagen werden in China verkauft. Die Abhängigkeit sei mittlerweile so groß, dass Deutschlands Autobauer sich China anpassen müssen, meint ein Experte.
02.02.2021 09:48
Lesezeit: 2 min

Die Abhängigkeit der deutschen Autobauer vom chinesischen Markt nimmt immer mehr zu. Laut Berechnungen des „CAR-Center Automotive Research“ des Automobil-Experten Ferdinand Dudenhöffer betrug der China-Anteil der Pkw, die die großen drei (VW, Mercedes, BMW) im Jahr 2020 insgesamt absetzten, 38,2 Prozent (2019 waren es „nur“ 34,8 Prozent).

Dudenhöffer warnt deshalb vehement davor, sich aus politischen Gründen von der Volksrepublik abzukoppeln. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten hatten vor einiger Zeit ein Interview mit einem Geo-Ökonomen veröffentlicht, in dem dieser voraussagte, dass sich die Welt in zwei Blöcke aufteilen werde: einen westlichen, dominiert von den USA, sowie einen östlichen, dominiert von China.

Abkoppelung nicht möglich

Dazu schreibt Dudenhöffer: „Während die westlichen Volkswirtschaften in der Corona-Wachstumsfalle sitzen, stieg das Sozialprodukt in China im Corona-Jahr 2020. Und auch in den nächsten Jahren wird China, was die Wirtschafts-Wachstumsdaten betrifft, dem Rest der Welt davoneilen.“ Der Erfolg der deutschen Auto-Industrie – so wie das gesamte Wirtschaftswachstum der Bundesrepublik – werde von China entscheidend mitgeprägt, so Dudenhöffer. Daher sei es unumgänglich, sich den Markt der Volksrepublik weiter offen zu halten.

Sollte jedoch die Volksrepublik von sich aus entscheiden, eine „Abkopplung“ vom Westen zu betreiben, müssten die deutschen Autobauer sich noch stärker im Reich der Mitte aufstellen, mit dem (nicht vermeidbaren) Nebeneffekt: „Deutsche Autobauer würden chinesischer.“

In diesem Zusammenhang müsse auch bedacht werden, dass sich in Asien derzeit eine Annäherung der Volkswirtschaften vollziehe. Unter anderem durch das RCEP-Freihandels-Abkommen (über das die DWN im November eine ausführliche Analyse veröffentlichten) hätten „sowohl die Japaner als auch die Koreaner gegenüber den deutschen Autobauern einen deutlichen politischen Vorteil erzielt“. Man könne „davon ausgehen, dass dieser Vorteil in handfeste wirtschaftliche Vorteile umsetzbar sein wird. Damit werden Japaner und Koreaner in der Zukunft mit besseren Wachstumschancen rechnen können“.

Dudenhöfer meint, dass nur eine „rationale Handelspolitik“ sinnvoll sei. Durch Abkoppelung würde es nicht zu weniger Menschenrechtsverletzungen kommen, durch ökonomische Zusammenarbeit nicht zu mehr. Sein Fazit: „Pragmatismus scheint daher sinnvoller als Idealismus.“

Zahlen:

Fahrzeugverkäufe der deutschen Autobauer 2020:

  • VW: Weltweit 9.305.400 / in China: 3.850.000 (41,4 Prozent)
  • Mercedes: Weltweit 2.528.349 / in China: 774.382 (30,6 Prozent)
  • BMW: Weltweit 2.324.809 / in China 777.379 (33,4 Prozent)
  • Gesamt: Weltweit: 14.158.558 / in China: 5.401.761 (38,2 Prozent)

Chinesischer Automarkt 2020 (gesamt plus ausgesuchte einzelne Autobauer):

  • Gesamtzahl aller in China verkauften Autos (in Millionen): 20,178 (100 Prozent)
  • VW: 3.850 (19,1 Prozent)
  • GM: 2.900 (14,4 Prozent)
  • Toyota: 1.797 (8,9 Prozent)
  • Honda: 1.627 (8,1 Prozent)
  • BMW: 777,4 (3,9 Prozent)
  • Mercedes: 777,4 (3,8 Prozent)
  • Tesla: 148,3 (0,2 Prozent)
  • Summe VW + Mercedes + BWM: 5.402 (26,8 Prozent)

Zu erwartende Zahl der verkauften deutschen Autos in China (in Millionen), vorausgesetzt, der Marktanteil beträgt weiterhin 26,8 Prozent:

  • 2020: 5.408
  • 2021: 5.840
  • 2022: 6.220
  • 2023: 6.531
  • 2024: 6.825
  • 2025: 7.132
  • 2026: 7.437
  • 2027: 7.714
  • 2028: 8.022
  • 2029: 8.343
  • 2030: 8.677 (bedeutet gegenüber 2020 einem Zuwachs von 3.269 Millionen Fahrzeugen, was 60 Prozent entspricht)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...