Wirtschaft

Die Halbleiterkrise fordert ihr bislang fettestes Opfer

Der globale Mangel an Halbleiter-Vorprodukten dauert an. Zahlreiche Unternehmen verlängern Kurzarbeit und Werksschließungen - jetzt hat es einen ganz dicken Fisch erwischt.
09.04.2021 09:05
Aktualisiert: 09.04.2021 09:05
Lesezeit: 3 min
Die Halbleiterkrise fordert ihr bislang fettestes Opfer
Ein Mitarbeiter des Dresdner Chip-Herstellers Globalfoundries präsentiert einen 300mm-Wafer. (Foto: dpa) Foto: Ralf Hirschberger

Der US-Technologiekonzern Apple kann offenbar mehrere Produkte nicht mehr wie gewünscht produzieren. Wie das Magazin Nikkei Asia berichtet, soll insbesondere die Herstellung von MacBooks und iPads ausgesetzt worden sein, weil wichtige Bauteile nicht mehr verfügbar seien.

Als Folge der Lieferengpässe habe Apple die Bestellungen für die betroffenen Baureihen beim MacBook und beim iPad vom ersten ins zweite Halbjahr verschoben. Beobachtern zufolge sind diese Verzögerungen ein Zeichen dafür, dass der seit Wochen grassierende Mangel an Halbleitern an Bedrohlichkeit zunehme. Insbesondere kleinere Technologie-Unternehmen, welche nicht über die Marktmacht von Apple verfügten, könnten dadurch noch stärker betroffen werden.

Bemerkenswert sind die Verzögerungen bei Apple deshalb, weil das Unternehmen bekannt dafür ist, sehr schnell und effektiv seine Lieferketten zu organisieren. Dies ist nun offenbar auch für Apple nicht mehr vollumfänglich möglich. Apple ist mit einer Marktkapitalisierung von über 2 Billionen US-Dollar das größte Unternehmen der Welt nach Marktwert.

GM verlängert Kurzarbeit, Porsche warnt

Auch der US-Autobauer General Motors drosselt wegen des Chipmangels mehrere Werke zum Teil noch mehrere Wochen lang. Die Kurzarbeit in einem Werk in Kanada und im Werk Fairfax in Kansas werde bis Mitte Mai verlängert, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Auch andere Fabriken fahren erst in mehreren Wochen wieder hoch. GM erklärte, das Unternehmen arbeite weiterhin eng mit den Zulieferern zusammen, um die Auswirkungen des Engpasses so gering zu halten.

Der US-Konzern konzentriert sich nach eigenen Angaben derzeit darauf, die besonders gefragten Modelle bevorzugt zu bauen, wie große Pick-up-Trucks oder Geländewagen. Entsprechend werden die Werke heruntergefahren, in denen etwa Limousinen oder Mittelklasseautos gebaut werden. Nach früheren Angaben geht das Unternehmen davon aus, dass die Folgen des Halbleitermangels den Betriebsgewinn im laufenden Jahr um 1,5 bis zwei Milliarden Dollar drücken. In der aktuellen Prognose sind die Kosten der Werksschließungen bereits inbegriffen.

Porsche muss wegen des Chipmangels in der Autobranche möglicherweise ihre Produktion drosseln. "Wir können bei einzelnen Modellen nicht ausschließen, dass wir in nächster Zeit die Stückzahlen verringern", teilte Porsche dem "Handelsblatt" zufolge mit.

Hyundai stoppt Produktion teilweise

Wegen der weltweiten Versorgungsengpässe bei wichtigen Halbleiter-Produkten wie Elektronik-Chips muss der südkoreanische Autohersteller Hyundai teilweise seine einheimische Produktion stoppen. Vom 7. bis zum 14. April werde das Werk Nummer Eins in der südöstlichen Stadt Ulsan abgeschaltet, teilte Südkoreas Branchenführer vergangene Woche mit. Betroffen sind demnach das SUV-Modell Kona sowie das Elektroauto Ioniq 5.

Als Grund für den Stopp nannte Hyundai „die Versorgungsbedingungen bei Halbleiter-Teilen für das Frontsicht-Kamerasystem des SUV Kona sowie Leistungselektronik-Module für Ioniq 5“. Die Situation werde weiter genau beobachtet, um die nötigen Maßnahmen zu treffen und die Produktion im Einklang mit den Versorgungsbedingungen zu optimieren. Weitere Details wurden nicht genannt. Hyundai Motor ist zusammen mit der kleineren Schwester Kia weltweit der fünftgrößte Autohersteller.

Die internationale Nachschubkrise bei Chips betrifft nicht nur die Autoindustrie, auch einige andere Wirtschaftszweige haben Probleme. Zu den Gründen gehört unter anderem der Handelskrieg zwischen den USA und China, weshalb chinesische Hersteller wie Huawei und Xiaomi gezwungen werden, die Märkte leerzukaufen. Auch die Nachfrage der Hersteller von PCs und Spielekonsolen ist gestiegen, weil die Coronakrise ihnen eine Sonderkonjunktur beschert hat, die sie kaum befriedigen können.

Zulieferer Süss profitiert von immenser Nachfrage

Der Halbleitertechnik-Zulieferer Süss Microtech hat nach vorläufigen Zahlen die eigenen Erwartungen beim Auftragseingang im Halbjahr zu Ende März übertroffen. Mit mehr als 150 Millionen Euro liege dieser deutlich über den 120 Millionen Euro, die für das vierte Quartal 2020 und das erste Quartal 2021 insgesamt erwartet worden seien, teilte das Unternehmen in Garching mit.

Nach 74,4 Millionen Euro im Schlussquartal 2020 rechnet das Unternehmen nun für die letzten drei Monate mit neuen Aufträgen im Umfang von mehr als 76 Millionen Euro. Neben der anhaltend hohen Nachfrage nach Halbleiterbauelementen habe auch ein Großauftrag aus Asien Ende März hierzu beigetragen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...