Politik

Regierung ignoriert wissenschaftliche Studie: Schulen bleiben zu - obwohl Corona nur mäßige Gefahr für Kinder darstellt

Zwei renommierte wissenschaftliche Organisationen haben eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass Corona für Kinder nur eine mäßige Gefahr darstellt.
05.05.2021 09:12
Lesezeit: 2 min

Am 18. April erschien die vermutlich umfassendste wissenschaftliche Studie zu Todesfällen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland seit dem 17. März vergangenen Jahres. Verfasser sind die „Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie“ (DGPI) und die „Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene“ (DGKH). Darin heißt es: „Die nun seit Beginn der Pandemie gemachte Beobachtung, dass von den schätzungsweise 14 Millionen Kindern und Jugendlichen in Deutschland nur etwa 1.200 (entspricht weniger als 0,01 Prozent) mit einer SARS-CoV-2-Infektion im Krankenhaus behandelt werden mussten und vier an ihrer Infektion verstarben (weniger als 0,00002 Prozent), sollte Anlass sein, Eltern übergroße Sorgen vor einem schweren Krankheitsverlauf bei ihren Kindern zu nehmen. In der Saison 2018/19 wurden nach Angaben des RKI insgesamt 7.641 Kinder unter 14 Jahren mit Influenza als hospitalisiert gemeldet, neun Kinder verstarben. Nach Angaben des ´Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur´ lag im Jahr 2019 die Zahl der durch einen Verkehrsunfall getöteten Kinder bei 55, nach Angaben der DLRG die Zahl der ertrunkenen Kinder bei 25.“

Fassen wir zusammen: An Covid starben in den letzten 13 Monaten insgesamt vier Kinder und Jugendliche, an der letzten Grippewelle neun, bei Verkehrsunfällen 55 und bei Badeunfällen 25. Eltern sollte die übergroße Sorge vor Covid genommen werden, da das Virus für Kinder und Jugendliche einfach nur sehr bedingt gefährlich ist. Fakt ist: Die letzte Grippewelle kostete mehr als doppelt so vielen Kindern das Leben wie Covid. Trotzdem hat man seinerzeit nicht sämtliche deutschen Schulen geschlossen.

Die Studie fährt fort: „Die weiterhin bestehende extreme Seltenheit eines schweren oder gar tödlichen Verlaufes von SARS-CoV-2 bei Kindern und Jugendlichen ist nicht geeignet, als Argument für Schul- und Kita-Schließungen benutzt zu werden. Nur die verbleibende Behauptung, dass zwischen den Infektionen bei Kindern und Jugendlichen und der Überlastung der Intensivstationen und den schweren und tödlichen Verläufen der älteren Erwachsenen ein Zusammenhang bestehe, könnte Kita- und Schulschließungen rechtfertigen. Daten, die diese These bestätigen, fehlen allerdings.“

Fazit: Es gibt laut DGPI und DGKH keinen objektiv wissenschaftlich-medizinischen Grund für Kita- und Schulschließungen.

Drei Tage nach Erscheinen der Erstversion der Studie, am 21. April 2021, sagte die Regierung Söder zu den fortbestehenden Schulschließungen in Bayern: „Das sind wir der Gesundheit unserer Schülerinnen und Schüler schuldig.“ Diese Aussage ist angesichts der Studienergebnisse nicht haltbar. Ohne eine solche wissenschaftlich nicht belegbare Darstellung durch die Regierung Söder gäbe es demnach keinen nachvollziehbaren Grund für Schulschließungen oder Maskenpflicht an Schulen.

Derzeit werden immer mehr Jugendliche ab 16 geimpft. Das Impfalter soll bis Herbst auf zwölf, bis Frühjahr 2022 auf sechs Jahre herabgesetzt werden. Da stellt sich die Frage: Gegen welche Gefahr werden die Kinder und Jugendlichen eigentlich geimpft? Wenn an der Grippe mehr als doppelt so viele, bei Verkehrsunfällen 14mal so viele und bei Badeunfällen sechsmal so viele Kinder und Jugendliche sterben wie an Covid, müsste man da nicht statt einer Covid-Impfung zuerst eine verpflichtende Impfung gegen Influenza einführen? Und wäre es nicht sinnvoller, sich zunächst einmal um geeignete Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und zur Verringerung der Zahl der Badeunfälle zu kümmern? Und was Schulschließungen angeht: Sie erscheinen demnach nutzlos – ja mehr noch, sie schaden unseren Kindern sogar, anstatt dass sie ihnen helfen.

Insgesamt lässt sich feststellen: Die Regierung geht in der Pandemie plan- und rücksichtslos vor. Differenzierung ist in keiner Weise mehr angesagt, nur noch die Holzhammer-Methode. Die langfristigen Folgen ihres Vorgehens blenden die Verantwortlichen konsequent aus, im Wissen, dass es nicht möglich ist, Kausalitäten zu beweisen (wie will man die langfristig wirkenden Negativfolgen von über einem Jahr Schulschließungen und Digital-Unterricht belegen? Dass lässt sich nur mit aufwendigen Studien nachweisen, und auch nur für Kohorten, nicht für individuelle Personen). Kurz gesagt: Die Regierung agiert nach dem Motto: Nach uns die Sintflut …

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Christian Kreiß

                                                                            ***

Prof. Dr. Christian Kreiß, Jahrgang 1962: Studium und Promotion in Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsgeschichte an der LMU München. Neun Jahre Berufstätigkeit als Bankier, davon sieben Jahre als Investment Banker. Seit 2002 Professor an der Hochschule Aalen für Finanzierung und Volkswirtschaftslehre. Autor von sieben Büchern: Gekaufte Wissenschaft (2020); Das Mephisto-Prinzip in unserer Wirtschaft (2019); BWL Blenden Wuchern Lamentieren (2019, zusammen mit Heinz Siebenbrock); Werbung nein danke (2016); Gekaufte Forschung (2015); Geplanter Verschleiß (2014); Profitwahn (2013). Drei Einladungen in den Deutschen Bundestag als unabhängiger Experte (Grüne, Linke, SPD), Gewerkschaftsmitglied bei ver.di. Zahlreiche Fernseh-, Rundfunk- und Zeitschriften-Interviews, öffentliche Vorträge und Veröffentlichungen. Homepage www.menschengerechtewirtschaft.de

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...

DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...