Politik

DWN SPEZIAL: Chinas Armee übt Landemanöver - wann erfolgt der Angriff auf Taiwan?

Die 72. Armee Chinas übt mit amphibischen Fahrzeugen den Angriff auf Taiwan.
09.06.2021 15:34
Aktualisiert: 09.06.2021 15:34
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
DWN SPEZIAL: Chinas Armee übt Landemanöver - wann erfolgt der Angriff auf Taiwan?
Chinesische Infanterie. (Foto: dpa) Foto: Sergei Grits

China hat gestern ein großangelegtes Manöver abgehalten, das sich eindeutig gegen Taiwan richtet. Wie die „South China Morning Post“ berichtet, übte die Armee Landeangriffe mit gepanzerten amphibischen Fahrzeugen. Konkret: Die Fahrzeuge wurden auf Schiffe gefahren, die ein Stück hinaus aufs Meer fuhren, wo die Fahrzeuge die Schiffe verließen und einen Angriff gegen einen nahegelegenen Strand simulierten. Im Fokus der Übung standen operationale Schnelligkeit sowie das Manövrieren in schwieriger See.

Das Manöver wurde von der 72. Armee der chinesischen Volksbefreiungsarmee (VBA) weniger als 250 Kilometer von der taiwanesischen Küste entfernt durchgeführt. Und zwar im Bereich des „Kriegsschauplatzkommandos West“, in dessen Bereich beispielsweise die Stadt Schanghai liegt. Die VBA hat das Land in insgesamt sechs solcher Kriegsschauplatzkommandos unterteilt. Der westliche ist derjenige, von dem aus ein Angriff auf Taiwan erfolgen würde.

Peking spricht allerdings nicht von einem Angriff, sondern davon, seine „Souveränität“ über Taiwan „um jeden Preis“ zu verteidigen, wie ein Sprecher des Verteidigungsministers bekannt gab. Wie die Deutschen Wirtschaftsnachrichten – als eine von ganz wenigen Medien im deutschsprachigen Raum – am Freitag letzter Woche vermeldeten, spricht China mittlerweile ganz offen von einem Krieg mit den USA. „Angesichts der Taiwan-Frage besteht das Risiko, dass das chinesische Festland in einen Krieg gezwungen wird“, hieß es ganz unverblümt in einem Artikel der Parteizeitung „Global Times“.

Die Frage ist: Wann wäre einer Invasion der größte Erfolg beschieden? Die Volksbefreiungsarmee wird kontinuierlich stärker, China steckt Milliarden über Milliarden in seine Rüstung. Stimmen, die behaupten, die USA würden viel mehr Geld in ihre Streitkräfte investieren als das Reich der Mitte, haben zwar Recht, wenn man einen Blick auf die absoluten Zahlen wirft: Letztes Jahre beliefen sich die Rüstungsausgaben der Vereinigten Staaten auf 778 Milliarden Dollar, die von China „nur“ auf 252 Milliarden. Diese Zahlen sind aber insofern irreführend, als dass zum einen die Kaufkraftparität darin nicht eingerechnet ist, zum anderen, dass das US-Militär in vielen Bereichen viel höhere Ausgaben hat als das chinesische, ohne dass sich dies auf die Kampfkraft auswirken würde – beispielsweise erhält ein amerikanischer Soldat des untersten Dienstgrades ein durchschnittliches Jahresgehalt (inklusive Zulagen) von knapp 40.000 Dollar, während ein durchschnittliches Jahresgehalt in China 14.700 Dollar beträgt (darin sind die vergleichsweise hohen Gehälter in der freien Wirtschaft in den Metropolen wie Peking und Schanghai miteingerechnet). Tatsache ist: Das Kräftegleichgewicht verändert sich zunehmend zugunsten der Chinesen. Simulierte Kriegsszenarien („War Games“), die das Pentagon regelmäßig durchspielt, enden – im Falle eines US-chinesischen Waffengangs im Südchinesischen Meer beziehungsweise eines chinesischen Angriffs auf Taiwan – immer seltener mit einem Sieg der USA.

Das würde dafür sprechen, dass ein Angriff auf die Insel nicht zeitnah erfolgen wird – weil die Zeit eben im Sinne Chinas arbeitet und Peking weiter aufrüsten wird, bis seine Chancen, die Invasion erfolgreich durchzuführen, so hoch sind, dass das Risiko eines Scheitern minimal wäre.

Aber: Tatsache ist, dass die USA unter Präsident Joe Biden der Volksrepublik in der Causa Taiwan immer entschlossener entgegentritt – viel entschlossener als unter Donald Trump, der vor allem mit einem großen Mundwerk auffiel, nicht mit einer kohärenten China-Politik. Biden ist aus anderem Holz geschnitzt: Sowohl intellektuell, aber auch, was seine Bereitschaft angeht, China offen die Stirn zu bieten.

Der im Januar ins Amt gekommene US-Präsident wird auf seiner großen Europa-Reise diese und nächste Woche sowohl mit NATO-Vertretern als auch mit Russlands Präsident Wladimir Putin zusammenkommen. Er wird alles daransetzen, eine Allianz zu schmieden – eine Allianz gegen China (die DWN werden darüber am Sonntag eine große Analyse veröffentlichen).

Das wiederum könnte die kommunistischen Machthaber in Peking auf die Idee bringen, ihren Angriff auf die kleine demokratische Insel im westlichen Pazifik schon in baldiger Zukunft durchzuführen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Mietrecht in Deutschland: Expertenkommission nimmt Arbeit auf
16.09.2025

Im Bundesjustizministerium hat eine neue Expertenkommission zum Mietrecht ihre Arbeit begonnen. Nach Angaben des Ministeriums soll das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Unbekannte Superhelden: Ohne Finanzchefs droht Unternehmen der Stillstand
16.09.2025

Die Rolle der Finanzchefs verändert sich rasant: Statt nur Zahlen zu verwalten, gestalten sie die Strategie, treiben Digitalisierung und...

DWN
Politik
Politik Drohnenvorfall: Polen stoppt Flug über Regierungsgebäuden
16.09.2025

Ein Drohnenvorfall über Regierungsgebäuden in Warschau sorgt für Alarm. Polen nimmt zwei Weißrussen fest – und die NATO verstärkt...

DWN
Politik
Politik Unser neues Magazin ist da: Wohin steuert die EU? Europas Kampf um Souveränität und Einfluss
16.09.2025

Europa steht am Scheideweg. Zwischen globalen Machtblöcken und innerer Zerrissenheit muss die Europäische Union ihren Kurs finden....

DWN
Panorama
Panorama Online-Banking überzeugt so viele Deutsche wie nie zuvor
16.09.2025

Bankgeschäfte per Computer oder Smartphone sind in Deutschland auf Rekordniveau. Im Jahr 2024 nutzten 67 Prozent der 16- bis 74-Jährigen...

DWN
Technologie
Technologie Innovation gegen Ärztemangel- Frankreich setzt auf Hightech-Kabinen
16.09.2025

In Frankreich breiten sich in ländlichen Regionen zunehmend Kabinen mit Medizingeräten und Videoberatung durch Ärztinnen und Ärzte aus....

DWN
Politik
Politik Nawrocki besucht Berlin – Bundesregierung weist Reparationsforderungen zurück
16.09.2025

Polens neuer rechtskonservativer Präsident Karol Nawrocki ist zu seinem Antrittsbesuch in Berlin eingetroffen. Dabei könnte es zu...

DWN
Immobilien
Immobilien Smart Cities in Europa: Warum die urbane Zukunft mehr als IT braucht
16.09.2025

Smart Cities gelten als Schlüssel für die urbane Zukunft – doch ohne klare Strategie und Bürgerbeteiligung bleiben sie Stückwerk....