Deutschland

Ostdeutschlands Maschinen- und Anlagenbauer im Aufwind

Die Stimmung in der ostdeutschen Industrie hat sich zwischen April und Juni deutlich aufgehellt.
27.07.2021 11:00
Lesezeit: 2 min
Ostdeutschlands Maschinen- und Anlagenbauer im Aufwind
Blick in ein Rasoma Endenbearbeitungszentrum EBZ 200-750 des Maschinenbauers Niles-Simmons aus Chemnitz. (Foto: dpa) Foto: Jan Woitas

Der ostdeutsche Maschinen- und Anlagenbau setzt seinen Erholungskurs fort. Im zweiten Quartal 2021 bewerteten etwa drei Viertel der Unternehmen ihre Geschäftslage positiv. Fast alle Betriebe blicken zudem zuversichtlich auf die kommenden Monate. Das ergab eine Umfrage des VDMA Ost unter den 350 Mitgliedern in Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

"Wir beobachten seit Ende 2020 einen behutsamen Aufwärtstrend. Zur Jahresmitte 2021 hat der ostdeutsche Maschinenbau nun seine Schlagzahl erhöht. Erneut verbesserten sich wichtige Kennziffern wie Kapazitätsauslastung und Auftragspolster", sagt Oliver Köhn, Geschäftsführer des VDMA-Landesverbandes. "Die Branche wird in ihrer Entwicklung aber auch ausgebremst. Reisebeschränkungen in wichtige Märkte wie die USA und China, stark gestiegene Materialpreise, Lieferengpässe und der Fachkräftemangel gehören zu den größten Hürden", ergänzt er.

Auftragslage festigt sich

Rund 76 Prozent der Unternehmen beurteilten ihre Gesamtsituation im zweiten Quartal 2021 sehr gut oder gut. Ähnlich viele Betriebe sagten das zuletzt Mitte 2019. Grund dafür ist die weiter verbesserte Auftragslage. So meldete etwas mehr als die Hälfte der Firmen (51,6 Prozent) ein Auftragsplus im Vergleich zum Vorquartal. Dagegen hat sich die Zahl der Betriebe, die einen kleineren Auftragsbestand aufwiesen, mehr als halbiert – ihr Anteil fiel von 21 Prozent im ersten Quartal 2021 auf nunmehr 9 Prozent.

Darüber hinaus vergrößerte sich das Auftragspolster der Unternehmen. Es reicht nun im Durchschnitt für 5,3 Produktionsmonate bis Mitte Dezember 2021. Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung kletterte um 2 Prozentpunkte auf 85,4 Prozent.

Die Unterschiede innerhalb des Maschinenbaus sind unter anderem auf die verschiedenen Kundenbranchen zurückzuführen. Werkzeug- und Formenbauer, die häufig der Automobilindustrie zuliefern, haben aufgrund des technologischen Wandels erhebliche Schwierigkeiten; Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen und Baumaschinen verzeichnen indes beträchtliche Auftragseingänge. "Doch auch die Auslandsaktivitäten spielen eine Rolle. Wer derzeit aufgrund der Pandemierestriktionen keinen Zugang zu seinen Kundenmärkten hat, gerät ins Hintertreffen. Die einseitigen und damit unfairen Einreisebestimmungen beispielsweise in die USA und China müssen daher fallen", fordert Köhn.

Fast alle Maschinenbauer auf Investitionskurs

Erneut kräftig zugelegt hat die Investitionstätigkeit der Maschinen- und Anlagenbauer in Ostdeutschland. 92 Prozent der Betriebe setzten zwischen Januar und Juni 2021 ihre Vorhaben wie geplant um oder gaben mehr Geld als vorgesehen für neue Maschinen, Technik, Forschung und Entwicklung aus. Das ist ein Plus von 12 Prozent gegenüber der Umfrage im ersten Quartal 2021 – und ein Plus von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal.

Stimmung hellt sich weiter auf – Kurzarbeit geht weiter zurück

Der zunehmende Erholungskurs im ostdeutschen Maschinen- und Anlagenbau wirkt sich auch vorteilhaft auf die Stimmung der Unternehmen aus. 34 Prozent der Firmen erwarten bis September 2021 bessere Geschäfte, 61 Prozent der Befragten rechnen mit einer gleichbleibenden Perspektive. "Viele Unternehmen lassen das Tal hinter sich, es geht wieder aufwärts. Erfreulich ist vor allem, dass vermehrt auch die Betriebe mit einer derzeit schwierigen Gesamtsituation zuversichtlicher werden. Nur wenige von ihnen befürchten eine weitere Verschlechterung der Geschäftschancen", betont Köhn.

Neuen Schwung erhalten zudem die Personalplanungen. Etwa 92 Prozent der Unternehmen wollen zwischen Juli und Dezember 2021 ihre jetzigen Mitarbeitenden halten oder neue Beschäftigte einstellen. Der Anteil der Firmen, welche die Mitarbeiterzahl erhöhen will, kletterte im Vergleich zum Jahresbeginn um zirka 20 Prozentpunkte auf 44 Prozent. Dagegen müssen immer weniger Unternehmen die Krise mithilfe von Kurzarbeit abfedern. Setzte Ende 2020 die Hälfte der ostdeutschen Maschinenbauer auf das flexible Arbeitsmarktinstrument, war es im zweiten Quartal 2021 etwa jedes vierte Unternehmen.

Materialbeschaffung gehört zu den größten Problemen

Ungeachtet der hoffnungsvollen wirtschaftlichen Entwicklung müssen sich die Maschinenbaubetriebe mit vielfältigen Schwierigkeiten auseinandersetzen. Am häufigsten belasten sie derzeitdie bestehenden internationalen Reisebeschränkungen infolge der Pandemie, die stark verlängerten Lieferzeiten für Rohstoffe und Elektronikkomponenten, die drastisch gestiegenen Material- und Zulieferpreise sowie hohe Energiepreise, die fehlende Verfügbarkeit von gut qualifizierten Fachkräften, die Corona-Maßnahmen und ein Übermaß an Regulierung durch die Politik. Darüber hinaus kritisieren die Unternehmen das mangelnde Tempo der Digitalisierung, etwa im Ausbau der digitalen Infrastruktur im ländlichen Raum und der digitalen öffentlichen Verwaltung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaskraftwerke für Deutschland: Teuer, umstritten und auch politisch fragwürdig
08.11.2025

Können Wind und Sonne nicht genug erneuerbare Energien liefern, sollen bis zu 40 große Gaskraftwerke einspringen, die...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin, Ether und Co.: Wie Sie an der Börse sicher in Kryptowährungen investieren
08.11.2025

Wollen Sie Kryptowährungen kaufen? Dann müssen Sie dafür nicht auf irgendwelchen unseriösen Internetportalen herumsurfen. Kurse von...

DWN
Politik
Politik Donald Trump und die US-Präsidentschaftswahl 2028: Strebt er eine dritte Amtszeit an und geht das so einfach?
08.11.2025

Die Diskussion um Donald Trumps mögliches politisches Comeback zeigt das Spannungsfeld zwischen Recht, Strategie und Macht in den USA....

DWN
Technologie
Technologie Deep Tech als Rettungsanker: Wie Deutschland seine industrielle Zukunft sichern kann
08.11.2025

Deutschland hat große Stärken – von Forschung bis Ingenieurskunst. Doch im globalen Wettlauf um Technologien zählt längst nicht mehr...

DWN
Technologie
Technologie So optimiert KI in Belgien die Landwirtschaft: Schwankende Ernten prognostizieren? Kein Problem!
08.11.2025

Die Landwirtschaft muss Erträge effizient planen und Schwankungen ausgleichen, wobei KI zunehmend Entscheidungen auf verlässlicher Basis...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Managergehälter: Wie viel Mut hinter den Millionen steckt
08.11.2025

Topmanager reden offen über ihr Einkommen? In Estland sorgen zwei Führungskräfte für großes Staunen. Sie zeigen, wie viel Disziplin,...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Leitzins: Stillstand oder Strategie? Was die EZB-Zinsentscheidung wirklich bedeutet
08.11.2025

Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins beim jüngsten EZB-Zinsentscheid nicht angerührt – doch das Schweigen ist laut. Christine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Schmuck aus Holz und Stein: Holzkern – wie Naturmaterialien zum einzigartigen Erfolgsmodell werden
07.11.2025

Das Startup Holzkern aus Österreich vereint Design, Naturmaterialien und cleveres Marketing zu einem einzigartigen Erfolgsmodell. Gründer...