Wirtschaft

Frachtraten im Seehandel steigen auf höchsten Stand seit Jahrzehnten

Die Kosten für den Transport von Gütern über die Weltmeere steigen weiter an, die Frachtraten liegen inzwischen auf dem höchsten Niveau seit mehr als drei Jahrzehnten.
09.08.2021 14:35
Lesezeit: 2 min

Die Frachtraten im internationalen Seehandel steigen weiter kräftig und haben inzwischen den höchsten Stand seit rund drei Jahrzehnten erreicht. Wie der englischsprachige Dienst von Reuters berichtet, dürfte das Ungleichgewicht zwischen kräftiger Nachfrage auf der einen und verminderter Kapazitäten bei der Abwicklung des Handels auf der anderen Seite noch bis Anfang 2022 bestehen.

Zu den derzeit teuersten Routen weltweit zählen mit Schanghai-Rotterdam und Schanghai-Genua zwei europäische Strecken. So müssen für den Transport eines 40-Fuß-Containers von Schanghai nach Rotterdam inzwischen durchschnittlich 13.600 US-Dollar bezahlt werden. Auf der Strecke Schanghai-Genua werden rund 12.800 Dollar fällig. Besonders teuer ist auch die Route von Schanghai an die US-Ostküste mit Frachtraten von rund 13.500 Dollar. Zum Vergleich: noch Mitte des Vorjahres lagen die Frachtraten auf allen Strecken noch zwischen 2.000 und 3.000 Dollar.

Mehrere Faktoren liegen der Preisexplosion zu Grunde: das Wiederhochfahren der Weltwirtschaft nach der Pandemie, Anti-Pandemie-Maßnahmen, welche den Betrieb an wichtigen südchinesischen Häfen wochenlang reduziert hatten, neue Lockdowns in mehreren Ländern, eine generelle Container-Knappheit sowie Taifune an der südchinesischen Küste.

„Alle diese Faktoren haben die weltweite Containerschifffahrt in einen hochgradig verzerrten, unterversorgten Verkäufermarkt verwandelt, in denen die Betreiber der Schiffe das Vier- bis Zehnfache der sonst üblichen Frachtraten verlangen können“, zitiert Reuters einen Analysten der Beratungsgesellschaft Drewry. „Wir haben sowas im Seehandel seit mehr als 30 Jahren nicht mehr gesehen.“ Die „extremen“ Frachtraten würden zudem noch wahrscheinlich bis Anfang 2022 Bestand haben, so der Analyst.

Ein Analyst der Rabobank, Micheal Every, sieht mit Blick auf das Jahr 2022 das Risiko einer sogenannten „Warenhaus"-Rezession. Diese trete ein, wenn die Lagerbestände im Zuge der Normalisierung des Seehandels wieder auf- und aufgrund der zeitlichen Verschiebung zwischen Auftrag und Lieferung - sogar überfüllt sind und die Nachfrage nach neuen Produkten dann schlagartig absacke.

Zum anderen sieht Every in den gegenwärtigen Brüchen der internationalen Lieferketten Vorboten einer teilweisen Abkopplung der Wirtschaftsgroßräume voneinander an. Angetrieben werde diese Abkopplung von der strategischen Neuorientierung der US-Regierung, welche nicht mehr wie seit 1945 einen freien Schifffahrtsverkehr auf den Weltmeeren zum Nutzen aller anstrebe, sondern verbündete Staaten im Zuge ihrer Konfrontationsstrategie gegen China auf ihre Seite ziehen wolle. Das chinesische Infrastrukturprojekt der „Neuen Seidenstraße“ und die am G7-Gipfel angekündigte westliche Alternative B3W („Build Back Better World) seien Symbole dieser Entzweirung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Feuer und Tränengas: Tausende Bauern protestieren in Brüssel gegen Mercosur
18.12.2025

Feuer, Tränengas und Traktoren: Tausende Landwirte bringen Brüssels Europaviertel zum Chaos. Sie protestieren gegen das geplante...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlandfonds startet: Wie der Staat 130 Milliarden Euro private Investitionen lostreten will
18.12.2025

Deutschland braucht Wachstum, aber der Staat allein kann es nicht finanzieren. Die Bundesregierung setzt deshalb auf einen neuen Hebel: den...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Zinsentscheidung: Leitzinsen der Eurozone bleiben erneut unverändert
18.12.2025

Die EZB-Zinsentscheidung ist gefallen: Wie erwartet lassen die Währungshüter der Europäischen Zentralbank den Leitzins für die Eurozone...

DWN
Immobilien
Immobilien Unser neues Magazin ist da: Urbane Zukunft – von Smart-Cities bis hin zu futuristischen Utopien
18.12.2025

Städte entscheiden, wie Freiheit, Wohlstand und Klimaschutz in der nahen Zukunft zusammengehen. Zwischen Sensoren, Sanierungswellen und...

DWN
Technologie
Technologie SMR in Schweden: Blykalla sichert fast 48 Mio Euro für KI-Energie
18.12.2025

Blykalla sammelt fast 48 Millionen Euro für kleine modulare Reaktoren (SMR) ein. Investoren aus Schweden, den USA und Japan setzen auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steuersenkung in Restaurants: Warum Gäste kaum profitieren
18.12.2025

Die Politik senkt die Mehrwertsteuer in der Gastronomie - wird der Restaurantbesuch damit endlich wieder erschwinglicher? Wohl kaum....

DWN
Politik
Politik Trumps Rede an die Nation: Eigenlob und Schweigen im Walde
18.12.2025

Zwischen Weihnachtsbäumen und Selbstlob inszeniert Donald Trump seine Rede an die Nation als Erfolgsgeschichte. Er verspricht...

DWN
Politik
Politik EU-Gipfel in Brüssel: Streit um russisches Vermögen und Mercosur-Freihandelsabkommen
18.12.2025

In Brüssel beginnt ein EU-Gipfel, der über Milliarden und Handel entscheidet. Es geht um festgesetztes russisches Vermögen, die...