Finanzen

US-Notenbank Fed verbietet Führungskräften Aktienkauf – Was macht die EZB?

Lesezeit: 3 min
24.10.2021 16:20  Aktualisiert: 24.10.2021 16:20
Aktiengeschäfte auf eigene Rechnung und zugleich Geldpolitik betreiben – das geht in den USA laut der Notenbank Fed so nicht mehr. Wird die EZB dem Beispiel der Fed folgen?
US-Notenbank Fed verbietet Führungskräften Aktienkauf – Was macht die EZB?
Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank, nimmt an einem Treffen der Euro-Finanzminister teil. (Foto: dpa)
Foto: Francisco Seco

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Aktiengeschäfte auf eigene Rechnung und zugleich Geldpolitik betreiben - das geht in den USA so nicht mehr. Als Lehre aus der Affäre um Börsengeschäfte in der Pandemiekrise untersagte die Notenbank Fed ihren Führungskräften aktiven Aktienhandel, auch wenn Investments in Fonds erlaubt bleiben. Damit macht Fed-Chef Jerome Powell vor einer möglichen Nominierung für eine zweite Amtszeit reinen Tisch in Sachen Finanzgeschäften. Er selbst muss wohl auch Anleihen abstoßen, um den neuen Regeln zu genügen. So soll Interessenskonflikten ein Riegel vorgeschoben werden. Auch die EZB überprüft ihren Ethikrahmen - Ausgang noch offen, so Reuters.

Zwei von 25 Währungshütern befolgten laut den von der EZB für voriges Jahr offengelegten Unterlagen den Rat, die Verwaltung größerer Kapitalanlagen zu delegieren. Im EZB-Verhaltenskodex wird hochrangigen Funktionsträgern empfohlen, solche Kapitalanlagen von Portfoliomanagern verwalten zu lassen. Diese sollten die „vollständige Verfügungsfreiheit“ über Vermögenswerte haben, „die das übersteigen, was für den normalen, persönlichen und familiären Gebrauch benötigt wird“. Der französische Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau und dessen luxemburgischer Kollege Gaston Reinesch hielten sich an diese goldene Regel.

Bei anderen EZB-Spitzenkräften ist es gängige Praxis, ihre eigenen Investments auszuwählen - seien es Fonds, Aktien oder Anleihen. In manchen Fällen wurde auch in Staatsanleihen investiert, die die EZB auch im Rahmen ihrer Ankaufprogramme im Portfolio hat. Dies steht zwar im Einklang mit den Regeln der EZB, doch sieht der Ökonom Friedrich Heinemann vom Mannheimer ZEW-Institut Reformbedarf: Wenn die Investitionsentscheidungen nicht glaubwürdig an ein externes Portfoliomanagement übergeben seien, müsse es zumindest ein Meldesystem über die individuellen Transaktionen geben, das einer Aufsichtsbehörde außerhalb der EZB zugänglich sei.

Dieser Idee einer externen Kontrolle kann auch die Co-Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Europaparlament, Manon Aubry, einiges abgewinnen: Sie schlägt die Bildung einer EU-Stelle vor, die Fälle von Interessenkonflikten bei Führungskräften prüfen sollte. Es gehe nicht an, dass man Geldpolitik betreibe und zugleich Geld damit verdiene, meint die Französin.

Laut Angaben einer EZB-Sprecherin wird der Ethikrahmen überprüft - hauptsächlich mit dem Ziel, die Regeln über Ländergrenzen hinweg zu harmonisieren. Im Laufe des Jahres soll die Prüfung abgeschlossen sein. Anders als die Fed veröffentlicht die EZB derzeit keine Information dazu, wann die EZB-Ratsmitglieder Handelsgeschäfte getätigt haben. Auch über den Wert wird nichts bekannt. Doch werden die Geschäfte von einem vom EZB-Rat eingesetzten Ethik-Komitee durchleuchtet und einmal jährlich auch von einem externen Unternehmen unter die Lupe genommen.

„Wir brauchen mehr Transparenz, zumindest so viel wie bei der Offenlegungspraxis der Fed“, meint Benjamin Braun vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung. „Das ist keine Einmischung, sondern Teil der Verantwortung und des Privilegs, das mit der Aufgabe einhergeht.“

In den USA waren zwei Notenbanker zurückgetreten, die in der Hochphase der Corona-Krise Aktiengeschäfte auf eigene Rechnung betrieben hatten. Die interne Prüfung hatte dies nicht beanstandet. Doch nach einem öffentlichen Aufschrei nach Aufdeckung der Praktiken in den Medien zogen sie Konsequenzen. Ihre privaten Geldgeschäfte im Jahr 2020 fielen in eine Zeit, in der die USA die schwerste Krise seit Jahrzehnten durchlebten und die Pandemie ein Millionen-Heer von Arbeitslosen hinterließ.

Robert Kaplan gab seinen Posten an der Spitze der Federal Reserve Bank in Dallas mit der Begründung auf, jegliche Ablenkung für die Zentralbank im Zusammenhang mit seinen persönlichen Investments vermeiden zu wollen. Sein Kollege Eric Rosengren in Boston nannte gesundheitliche Gründe für seinen Abgang. Die Fed überarbeitete nun ihre Regeln, obwohl darin bereits klar festgelegt ist, dass die Währungshüter auch nur den Anschein zu vermeiden haben, dass sie ihre Position zur persönlichen Bereicherung nutzen könnten. Laut Powell setzen die schärferen Regeln „neue Maßstäbe“, die auch vorsehen, dass etwaige Transaktionen - etwa in Fonds - angemeldet und vorab genehmigt werden müssen.

Laut ZEW-Ökonom Heinemann ist auch für die EZB-Führungskräfte Transparenz bei finanziellen Transaktionen das Gebot der Stunde. Überraschende EZB-Entscheidungen etwa im Hinblick auf eine an den Märkten so nicht erwartete Straffung der Geldpolitik könnten Schockwirkung an den Aktienmärkten entfalten: „Hier ist Transparenz über den Wertpapierhandel der EZB-Ratsmitglieder unabdingbar, um ihre Reputation zu schützen. Dies muss gleichermaßen für direkten Aktienbesitz wie Fonds gelten.“

Für die hochrangigen Funktionsträger gilt bei der EZB allgemein, dass Rechenschaftspflicht, Transparenz und höchste ethische Standards zu achten sind: „Die Einhaltung dieser Grundsätze ist ein Kernstück der Glaubwürdigkeit der EZB und maßgeblich dafür, das Vertrauen der Bürger Europas sicherzustellen“, schreibt die Notenbank ihren Spitzenkräften ins Stammbuch.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...