Deutschland

Teuerstes Tankjahr seit 2013 – Achterbahnfahrt beim Spritpreis

Nach dem Corona-Loch geht es 2021 mit den Spritpreisen steil nach oben und auf Rekordjagd. Sogar die politische Debatte über Gegenmaßnahmen kocht hoch. 2022 wird aus Expertensicht „spannend“.
23.12.2021 10:28
Aktualisiert: 23.12.2021 10:28
Lesezeit: 3 min
Teuerstes Tankjahr seit 2013 – Achterbahnfahrt beim Spritpreis
Zapfpistolen für verschiedene Kraftstoffarten, darunter auch E10, hängen an einer Zapfsäule an einer Tankstelle. (Foto: dpa) Foto: Sven Hoppe

Die Spritpreise haben im auslaufenden Jahr eine wilde Achterbahnfahrt hingelegt. Auf das billigste Tankjahr seit der E10-Einführung folgte nun das teuerste seit 2013, wie aus Daten des ADAC hervorgeht. Der November war sogar der teuerste Tankmonat aller Zeiten. All das befeuerte auch die Debatte um eine staatliche Entlastung der Autofahrer.

Bis Ende November lag der Durchschnittspreis für Superbenzin der Sorte E10 im laufenden Jahr bei 1,514 Euro pro Liter im bundesweiten Durchschnitt. Bei Diesel waren es 1,373 Euro. Für das Gesamtjahr erwartet der ADAC-Kraftstoffmarktexperte Jürgen Albrecht etwas höhere Endstände, denn im Dezember waren Diesel und E10 bisher teurer. Grob überschlagen läuft es also bei E10 auf ein Plus um 26 bis 27 Cent im Vergleich zum Vorjahr hinaus, bei Diesel dürften es um die 27 Cent werden.

Billigster Tanktag war der 1. Januar mit 1,324 Euro für E10 und 1,215 für Diesel. Die teuersten Tage fielen bei Diesel auf den 11. November mit dem Allzeithoch von 1,572 Euro pro Liter. E10 kostete am 14. November 1,701 und schrammte damit nur knapp am Rekord von 1,709 aus dem Jahr 2012 vorbei. „Bei E10 waren es fast 40 Cent Unterschied zwischen dem teuersten und den billigsten Tag, das ist schon außergewöhnlich“, sagt der ADAC-Experte Albrecht.

Wichtigster Treiber war die Entwicklung des Ölpreises. Die sinkenden Corona-Beschränkungen sorgten für steigende Nachfrage, doch das Angebot blieb knapp, weil große Förderländer wie Saudi-Arabien und Russland ihre Produktion nur vorsichtig ausweiteten. So legten die Preise 2021 deutlich zu: Von 50 Dollar je Fass (159 Liter) zu Jahresbeginn auf zeitweise mehr als 85 Dollar im November. Danach gaben die Märkte wieder ein Stück weit nach.

Schon das ganze Jahr war der Preisanstieg beim Öl wackelig und unstet verlaufen. Vor allem sorgten immer wieder neue Entwicklungen in der Corona-Pandemie für Sorgen. Höhepunkt dieser Entwicklung war die Entdeckung der neuen Corona-Variante Omikron im November. Die Ölpreise stürzten daraufhin ab, fingen sich aber auch wieder.

Wie es 2022 weitergeht, ist aus Sicht des ADAC schwer vorherzusagen. Zu viele Faktoren haben das Potenzial, den Ölpreis als wichtigsten Faktor für die Kosten für Diesel und Benzin zu treiben oder zu senken, wie Albrecht sagt. „2022 wird spannend“, ist er sich sicher.

Die Rohstoffexperten der Commerzbank rechnen mit bedingter Entspannung: So sollten die Preise zwar tendenziell nachgeben, aber auf einem höheren Niveau bleiben als vor Corona, heißt es. Auf der Angebotsseite sei mit einem Ende der Unterversorgung zu rechnen, auch weil große Volkswirtschaften wie die USA Teile ihrer strategischen Reserven auf den Markt werfen. Wie sich die Nachfrage entwickelt, ist ungewiss und abhängig vom Fortgang der Corona-Pandemie. Starke Einschränkungen der Mobilität, die zum Einbruch der Ölnachfrage im Jahr 2020 geführt hatten, erwarten die Experten der Bank aber nicht.

Für Autofahrer machte sich der Anstieg der Spritpreise im laufenden Jahr durchaus im Geldbeutel bemerkbar. Vergleicht man die Kosten für einen typischen Benzin-Pkw mit einer Fahrleistung von etwas mehr als 10 500 Kilometern im Jahr und acht Litern Verbrauch pro 100 Kilometern, wären es mehr als 200 Euro mehr als vergangenes Jahr. Bei einem typischen Diesel-Pkw mit fast 20 000 Kilometern im Jahr und sechs Litern Verbrauch sind es sogar über 300 Euro. Das liegt aber auch daran, dass 2020 ungewöhnlich günstig war. Vergleicht man es mit dem Spritpreisdurchschnitt der vergangenen zehn Jahre, ist die Verteuerung nicht einmal halb so groß.

Immerhin wird das neue Jahr wohl nicht wie 2021 mit einem kräftigen Preissprung starten. Damals fielen das Ende der Mehrwertsteuersenkung und die Einführung des CO2-Preises zusammen. Mehr als 10 Cent pro Liter machte das aus. 2022 kommt nur eine Erhöhung des CO2-Preises um 5 Euro pro Tonne - auf den Liter Sprit sind das rund eineinhalb Cent. „Das geht in den Schwankungen unter, die man den Tag über hat“, sagt Albrecht.

Diese Schwankungen - zwischen dem Höchstpreis im morgendlichen Berufsverkehr und dem Tief am Abend liegen bis zu 7 Cent - sollten Autofahrer laut Albrecht ebenso nutzen wie Preisunterschiede zwischen Tankstellen. „Benzin und Diesel sind homogene Güter, da gibt es keine relevanten Qualitätsunterschiede“, sagt der ADAC-Experte. Wenn die Autofahrer ihre Marktmacht einsetzten, könnten sie so selbst für günstigeren Sprit sorgen, denn die aktuellen Preise enthielten noch Luft nach unten. „Und in der Regel muss ich ja nicht binnen drei Minuten tanken, sondern habe eine Wahl.“

Und viele könnten auch durch die Wahl des Treibstoffs sparen, sagt Albrecht. „Fast alle Benziner können E10 tanken - das ist derzeit etwa 6 Cent pro Liter billiger. Trotzdem greifen die meisten Leute noch zu normalem Superbenzin - obwohl sie nicht müssten.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 52: Die wichtigsten Analysen der Woche
28.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 52 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jahreswagen, Vorführwagen, Tageszulassung: So sparen Sie beim Autokauf
28.12.2025

Wer beim Auto kaufen sparen will, muss nicht zwingend zum alten Gebrauchten greifen. Jahreswagen, Vorführwagen und Tageszulassung wirken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Föderale Modernisierungsagenda: 200-Punkte-Programm für Bürokratieabbau – ist das der große Wurf?
28.12.2025

Bund und Länder haben ein Paket beschlossen, das den Staat schlanker und schneller machen soll. Über 200 Maßnahmen zielen auf Bürger,...

DWN
Politik
Politik Steuern, Deutschlandticket, Musterung – die Änderungen 2026 im Überblick
27.12.2025

2026 bringt spürbare Änderungen bei Lohn, Rente, Steuern und Alltag. Manche Neuerungen entlasten, andere verteuern Mobilität oder...

DWN
Panorama
Panorama Keine Monster, keine Aliens: Prophezeiungen für 2025 erneut widerlegt
27.12.2025

Düstere Visionen und spektakuläre Vorhersagen sorgen jedes Jahr für Schlagzeilen – doch mit der Realität haben sie meist wenig zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen E-Mail-Betrug im Mittelstand: Die unterschätzte Gefahr im Posteingang – und welche Maßnahmen schützen
27.12.2025

E-Mail-Betrug verursacht im Mittelstand mehr Schäden als Ransomware. Stoïk, ein auf Cybersecurity spezialisiertes Unternehmen, zeigt,...

DWN
Technologie
Technologie China überholt Europa: Wie europäische Energieprojekte den Aufstieg befeuerten
27.12.2025

Europa hat in den vergangenen Jahrzehnten erheblich zum Aufbau der chinesischen Industrie beigetragen, ohne die langfristigen Folgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hoffnung auf den Aufschwung: Kann 2026 die Wirtschaftswende bringen?
27.12.2025

Nach mehreren Jahren der Stagnation und anhaltend schlechter Stimmung in vielen Branchen richtet sich der Blick der deutschen Wirtschaft...