Das Bargeld gerät zusehends in die Defensive: Immer mehr Verkehrsbetriebe lehnen Scheine und Münzen ab, was für Barzahler, Kinder und Senioren zu großen Schwierigkeiten führt. Fest steht: Die Bargeldabschaffung hält Einzug in Deutschland - Schritt für Schritt sollen die Bürger ihren altbewährten Scheinen und Münzen entwöhnt werden.
Keine Barzahlung in den Berliner Bussen
Bis vor noch gar nicht langer Zeit war es den Nutzern der Berliner Verkehrsbetriebe (BVB) möglich, beim Busfahrer ein Ticket zu lösen, gegen Bargeld natürlich. Dann, Anfang 2020, kam Corona. Die Fahrerkabine wurde von den Fahrgästen abgeschirmt. Ein Sommer später geht der Vorhang wieder auf, doch die Kasse ist verschwunden: Bei den Berliner Verkehrsbetrieben müssen Kinder, Barzahler und Senioren schauen, wo sie bleiben.
Nicht nur in Berlin. An anderen Orten in Europa ist das gleiche geschehen: So will das Busunternehmen „Adventure Travel“ aus Wales kein Bargeld mehr annehmen, und in den Stadtbussen Madrids kann man nicht mehr bar bezahlen. Auch in Afrika gerät das Bargeld unter Beschuss: Die Regierung in Kenia sah die ideale Gelegenheit gekommen, das Bargeld aus den äußerst beliebten Sammeltaxis zu verbannen: 200.000 dieser sogenannten „Matatus“ sollen mit digitalen Bezahlsystemen ausgerüstet werden. Danach wäre keine Barzahlung mehr möglich – ein lang gehegter Plan ginge in Erfüllung.
Zurück nach Berlin. Wie kommen wir jetzt an ein Ticket? Mit Kreditkarte und Smartphone kein Problem. Aber ohne? Bei weitem nicht an jeder Haltestelle gibt es einen Automaten. Wir müssen also vorsorgen eine Vierer-Karte besorgen (immerhin lässt sich die an fast jedem Bahnhof für Bargeld besorgen). Auch eine wiederaufladbare Guthaben-Karte steht zur Verfügung Die gibt es gegen Bargeld zu erwerben und soll sogar anonym sein. Aber die Entwöhnung vom Bargeld bleibt.
Keine Automaten in Erfurt
Im Stadtgebiet von Erfurt gibt es lediglich an einigen Haltestellen Automaten. Dafür umso mehr in den Verkehrsmitteln selbst - leider jedoch nur in der Vergangenheit: Im Sommer 2021 wurden die alten Fahrkartenautomaten in den Straßenbahnen entfernt. Wobei - alt waren sie eigentlich nicht: „Die Automaten wurden 2011 angeschafft. Sie brauchen eine Mobilfunkverbindung, und die war damals nur über den 3G-Standard möglich. Der aber wird im Sommer 2021 für immer abgeschaltet. Eine Umrüstung wäre zwar technisch möglich, würde aber 2,2 Millionen Euro kosten.“ So der MDR am 12. April vergangenen Jahres.
Dresden bargeldlos
Was Erfurt kann, kann Dresden erst recht. Selbst auf dem Bürgeramt bleibt in der Elbmetropole die Kasse geschlossen. Wer nicht mit EC- oder Kreditkarte bezahlen will, dem bleibt nichts anderes übrig, als zu überweisen oder eine der drei Stadtkassen aufzusuchen.
Die Dresdner Verkehrsbetriebe verfolgen eine ähnliche Strategie. Alle Straßenbahnen werden jetzt auf bargeldlose Fahrscheindrucker umgestellt, die Busse sollen folgen. Im Gegensatz zu denen aus Erfurt sind die bisherigen Automaten in Dresden tatsächlich etwas älter, und zwar fast 20 Jahre. Das heißt, bei diesen Geräten war keine Kartenzahlung möglich, und ob ein neues Mobilfunknetz hochgefahren wurde, spielte schon gar keine Rolle. Aber das nur nebenbei.
Was sollen eigentlich die Straßenbahn-fahrenden Kinder in Zukunft machen? Die Dresdner Wochenzeitung schreibt:
»Fahrkarten werden künftig ausschließlich mit der EC-Karte, der Kreditkarte (bisher VISA- und Mastercard, später auch American Express), per Apple Pay oder Google Pay bezahlt. Nachdem ermäßigte Dauerfahrkarten zugunsten des Bildungstickets abgeschafft wurden, könnten nun Kinder vor den neuen Automaten stehen und beim Ticketkauf scheitern, weil kein Bargeld mehr angenommen wird und sie keine Geldkarte haben. Bei einer Kontrolle sollen sie sagen, dass sie keine Chance hatten, eine Fahrkarte zu kaufen, später werde das Kundenzentrum dann kulant reagieren.«
Automatenabbau in Bayern - abgesegnet von der Regierung
Im Umland von Nürnberg gibt es ein Problem: Die Deutsche Bahn baut Automaten ab, wobei die CSU-geführte Staatsregierung dem zugestimmt hatte. An Haltestellen, an denen nur die Regionalbahn hält, kann man dann nur mehr im Zug ein Ticket lösen. Das Problem ist, dass es im Zug keine Fernverkehrs-Billetts gibt. Wer beispielsweise nach Berlin oder Hamburg unterwegs ist, kann erst beim nächsten Umstieg einen Fahrschein zum Zielort lösen – für die Nahverkehrskarte zahlt er unnötig.
Die Nürnberger Land schreibt: „Zugfahrer, die in Behringersdorf einsteigen, können also kein Ticket nach Hamburg kaufen, sondern müssen es vorab online buchen oder die Service-Hotline der Bahn anrufen. Das Ticket, das die Kunden per Telefonanruf bestellen, wird allerdings normalerweise per Code an einem Fahrkartenautomaten ausgedruckt, der dann in Behringersdorf nicht mehr existiert. Als Alternative bleibt nur die Zusendung per Post, die eine gewisse Planungszeit voraussetzt.“
Nicht ganz drei Jahre zuvor hatte sich ein internes Papier aus den Büros der Deutschen Bahn auf den Schreibtisch von Journalisten gemogelt. Eine 220seitige „Agenda für eine bessere Bahn“. Darin hieß es: „Realisierung des Ausstiegs aus dem Automatenverkauf bis 2023.“
Bargeldlose Billett-Automaten rund um Bern
Die Schweizer Bahngesellschaft „BLS AG“ ist im Regionalverkehr tätig. Ich stand auch schon vor ihren Automaten – mit Bargeld in der Hosentasche. Sollte ich wieder einmal dort stehen, weiß ich nicht, ob ich noch ein Ticket bekommen werde, ob man mich befördern wird: Diesen Sommer wurden nämlich bargeldlose Automaten getestet. Besser gesagt: Die Akzeptanz der Kunden wurde getestet. Angeblich soll sie „über alle Altersgruppen hinweg“ hoch gewesen sein. 2022 will die Verkehrsgesellschaft entscheiden, ob alle Automaten ausgetauscht werden oder, anders ausgedrückt, ob das Bargeld in meiner Hosentasche wertlos wird.
Bahn fahren mit Chip-Implantat
Als ob alles nicht gruselig genug wäre, zeigt der Weltmeister im Bargeldabschaffen, wo er den Zug hinlenkt. Schweden ist das Land, wo man ohne Bankkarte vielerorts selbst vor der öffentlichen Toilette aufgeschmissen ist.
Schon 2017 schrieb die Morgenpost: „´Bis zu 2000 unserer Reisenden haben schon einen solchen Chip. Das Interesse ist groß´, sagt Lina Edström von der Bahn dieser Zeitung. SJ zufolge (SJ ist die schwedisch Staatsbahn - Anm. d. Red.) ist Schwedens Bahn die erste weltweit, die auf die Technik setzt. ›Viele Reisende finden das supercool. Wir glauben, dass hier die Zukunft liegt‹, sagt Edström.
Der reiskorngroße Chip wird Willigen vom privaten Bahn-Kooperationspartner „Biohack“ mit einer groben Spritze auf die Oberseite der Hand zwischen Daumen und Zeigefinger geschossen – wahlweise auch in die Handkante unterhalb des kleinen Fingers. Die Reisenden können sich danach eine Bahn-App aus dem Internet auf ihr Smartphone herunterladen. Dort geben sie ihre Bahnkartennummer ein. Die wird dann vom Telefon auf den Chip in der Hand gesendet. Die Chip-Technologie wurde bisher zur Identifikation von Haustieren wie Hunden genutzt.«
In Deutschland nicht möglich? Die Firma „I am ROBOT“ aus Dortmund betreibt einen Onlineshop für Chip-Implantate. Sie weiß zu berichten:
»Sie können sich mit unserem NFC-Chip-Implantat an der Fahrerkabine am Check-in-Gerät sowie an den Geräten der Fahrkartenkontrolleure ausweisen. […]. Laut Benutzererfahrung ist dies schon im Rhein-Main-Gebiet möglich. Der zuständige Verkehrsverbund ist hier die RMV.«
Mithelfen: Damit Bargeld für die Zukunft erhalten bleib
Die Beispiele Berlin, Dresden, Erfurt, Chemnitz, Bern und Bayern sind eine gefährliche Blaupause in der schleichenden Bargeldabschaffung. Wenn Bargeld zunehmend abgelehnt wird, kann die gesamte Bargeld-Infrastruktur innerhalb weniger Jahre zusammenbrechen, das heißt, Bargeld könnte selbst von seinen Anhängern nicht mehr genutzt werden. Warum? Je weniger Leute mit Bargeld bezahlen, auf desto weniger Schultern verteilen sich die Kosten für Bargeldtransporte, Bargeldautomaten, Ticketautomaten am Bahnsteig und Barkassen im Einzelhandel. Die Banken erhöhen in der Folge die Gebühren. Verkehrsbetriebe gehen dazu über, Bargeld abzulehnen. Gewerbetreibende tun dasselbe. Schweden hat genau das bereits hinter sich. Der Bürger wird gläsern. Ist uns eine freie Gesellschaft nichts wert?
Wenn doch, helfen Sie mit, unsere Mitmenschen aufzuklären. Sie bekommen kostenlos Flyer und Visitenkarten. Verteilen Sie diese Informationen!