Politik

Beziehungen der EU zu Ungarn verschlechtern sich rapide

Lesezeit: 2 min
06.04.2022 15:49  Aktualisiert: 06.04.2022 15:49
Ungarn wird neue Sanktionen der EU gegen Russland nicht mittragen. Zudem hat Budapest die ukrainische Botschafterin einbestellt. Die Beziehungen zur EU verschlechtern sich rapide.
Beziehungen der EU zu Ungarn verschlechtern sich rapide
Putin und Orban. (Foto: dpa)
Foto: Szilard Koszticsak

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  
Europa  

Ungarn will die von der EU-Kommission geplante Verschärfung der Sanktionen gegen Russland nicht mittragen. Die Ausweitung der Einfuhrbeschränkungen für Öl und Gas aus Russland sei für ihn eine rote Linie, sagte Ministerpräsident Viktor Orban am Mittwoch in Budapest. Er zeigte sich zudem bereit, für Gaslieferungen - wie von Russland verlangt - in Rubel zu bezahlen. Andere EU-Staaten, wie Deutschland, lehnen dies ab und wollen ihre Rechnungen weiterhin in Euro oder Dollar begleichen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor in Reaktion auf angebliche Kriegsverbrechen russischer Truppen neben einem Importstopp von Kohle auch ein Ölembargo angedroht. "Diese Sanktionen werden nicht unsere letzten Sanktionen sein", sagte sie im Europa-Parlament und ergänzte: "Jetzt müssen wir uns Öl anschauen und die Einnahmen, die Russland aus fossilen Brennstoffen bezieht."

Ungarns Außenminister Peter Szijjarto erklärte, die Gas-Versorgung des Landes sei durch einen Vertrag mit der staatlichen MVM und dem russischen Konzern Gazprom geregelt. In diesem Vertrag spiele die EU keine Rolle. Aus seiner Sicht sei eine gemeinsame Haltung der russisches Gas importierenden EU-Staaten nicht nötig.

Orban hat Russlands Präsidenten Wladimir Putin nach eigenen Angaben zu Verhandlungen eingeladen. Putin habe darauf positiv reagiert, allerdings Bedingungen gestellt. Um welche Bedingungen es dabei geht, sagt Orban zunächst nicht. Nach seinen Vorstellungen sollen an den Gesprächen in Ungarn neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron teilnehmen.

Ukraines Botschafterin einbestellt

Das ungarische Außenministerium hat die Botschafterin der Ukraine in Budapest, Ljubow Nepop, einbestellt. „Es ist an der Zeit, dass die ukrainischen Führer mit der Beleidigung Ungarns aufhören“, schrieb Außenminister Peter Szijjarto am Mittwoch auf seiner Facebook-Seite. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban in den letzten Tagen mehrfach dazu aufgerufen, sich klar auf die Seite der von Russland angegriffenen Ukraine zu stellen.

Der Budapester Regierungschef untersagte er Waffenlieferungen, die durch Ungarn direkt an die benachbarte Ukraine gehen. Als eines von wenigen EU-Ländern hat das Donauland seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine keine russischen Diplomaten ausgewiesen.

EU bereitet Sanktionen vor

Ungarn muss sich wegen möglicher Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien als erstes Land einem Verfahren zur Kürzung von EU-Mitteln stellen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Dienstag im Straßburger Europaparlament an, dass ihre Behörde den ersten Schritt des sogenannten Rechtsstaatsmechanismus unternehmen werde. Darüber habe die EU-Kommission die ungarischen Behörden am Dienstag informiert.

„Bei Ungarn, wir haben uns sehr klar ausgedrückt, ist das Problem Korruption“, sagte von der Leyen. Man sei derzeit nicht in der Lage, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Im Parlament erntete von der Leyen für ihre Ankündigung Applaus.

Zunächst einmal kann Budapest nun binnen einer Frist von mindestens einem Monat und maximal drei Monaten Stellung zu den Vorwürfen beziehen und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen vorschlagen. Die EU-Kommission berücksichtigt dies dann bei der Entscheidung darüber, ob sie den EU-Staaten tatsächlich vorschlagen wird, Ungarn EU-Mittel zu kürzen. Auch dazu könnte Budapest sich dann noch einmal äußern. Letztlich braucht es dann noch die Zustimmung von mindestens 15 EU-Staaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung.

Ungarns Regierung hat auf die Aktivierung des Rechtsstaatsmechanismus ablehnend reagiert. Die EU-Kommission mache einen „Fehler“, erklärte Kanzleramtsminister Gergely Gulyas am Dienstag gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur MTI. Bei der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag habe die Regierungspartei Fidesz „eine noch nie gesehene Unterstützung“ erfahren.

„Eben deshalb sollte die Kommission die grundlegenden Regeln der Demokratie akzeptieren und nicht die Bedürfnisse der bei der Wahl geschlagenen ungarischen Linken befriedigen“, fügte Gulyas hinzu. Die Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban vereinte bei der Abstimmung am Sonntag 53 Prozent der Stimmen auf sich.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Yulin Delegation - Erfolgreich veranstaltetes Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen in Berlin

Am 25. April 2024 organisierte eine Delegation aus der chinesischen Stadt Yulin ein erfolgreiches Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen...

DWN
Finanzen
Finanzen Welche Anlagestrategie an der Börse passt zu mir?
28.04.2024

Wenn Sie sich im Dschungel der Anlageoptionen verirren, kann die Wahl der richtigen Strategie eine Herausforderung sein. Dieser Artikel...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ressource Nummer 1 auf unserem blauen Planeten – das Geschäft um Trinkwasser
28.04.2024

Lange war es eine Selbstverständlichkeit, dass es genug Wasser gibt auf der Welt. Und bei uns ist das ja auch ganz einfach: Hahn aufdrehen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland als Unternehmensstandort: Zwischen Herausforderungen und Chancen
27.04.2024

Trotz seines Rufes als europäischer Wirtschaftsmotor kämpft Deutschland mit einer Vielzahl von Standortnachteilen. Der Staat muss...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands herrenlose Häuser: Eine Chance für den Markt?
27.04.2024

Herrenlose Immobilien - ein kurioses Phänomen in Deutschland. Es handelt sich hier um Gebäude oder Grundstücke, die keinen...