Neben den immer weiter sinkenden Zinsen waren die umfangreichen Wertpapierkäufe in den Jahren seit der Finanzkrise das zweite zentrale Mittel der Geldpolitik, man spricht auch von Quantitativer Lockerung (Quantitative Easing, QE). Das heißt, dass die Zentralbanken im großen Stil frisches Geld drucken und damit verschiedene Wertpapiere aufkaufen. In den Zentralbankbilanzen finden sich die Papiere als Aktiva und die Verbindlichkeiten durch das neu gedruckte Geld als Passiva. Die Wertpapierkäufe verlängern also die Bilanzen der Zentralbanken.
Niedrige Zinsen und Wertpapierkäufe haben eine Reihe von Vorteilen. So ermöglichen sie den Staaten, deren Anleihen die Zentralbank aufkauft, eine stärkere und günstigere Verschuldung. Die langfristigen Zinsen sinken. Zudem ermöglicht diese lockere Geldpolitik den Unternehmen, Schulden mit niedrigen Zinsen aufzunehmen. Zahlreiche Unternehmen wären sonst gar nicht mehr solvent (Zombie-Unternehmen). Zumindest kurzfristig verhindert die Zentralbank auf diese Art und Weise eine wirtschaftliche Verlangsamung oder gar eine Rezession.
Doch die lockere Geldpolitik hat auch ihren Preis. So hat sie in den letzten Jahren zum Aufbau eines riesigen Schuldenberges beigetragen. Zudem ist die Schere zwischen arm und reich stark auseinandergegangen, denn all das Geld, das die Zentralbanken in die Finanzmärkte gepumpt und gelenkt haben, hat eine massive Nachfrage geschaffen. Die Preise für praktisch alle Vermögenswerte - Aktien, Anleihen, Immobilien - sind in die Höhe geschossen, wovon deren Besitzer massiv profitiert haben, nämlich die Vermögenden.
Inzwischen schlägt die lockere Geldpolitik sogar auf die Verbraucherpreise durch. Und mit diesem Argument, also den hohen Inflationsraten, haben die Zentralbanken nun eine Zinswende vollzogen - allen voran die Federal Reserve. Die US-Notenbank hat zudem die Quantitative Lockerung beendet und sogar schon die Quantitative Straffung (Quantitative Tightening, QT) eingeleitet. Die Quantitative Straffung bedeutet, dass die Fed den Umfang ihrer Vermögenswerte nun wieder etwas reduziert.
Die Quantitative Straffung und die damit einhergehende Reduzierung der Geldmenge haben genau die umgekehrte Wirkung der Quantitativen Lockerung und des damit einhergehenden Gelddruckens. Die Straffung führt dazu, dass die Preisen von Anleihen und allen anderen Vermögenswerten fallen und dass die langfristigen Zinssätze ansteigen. Für Unternehmen werden die Kredite teurer, sie investieren daher weniger, und das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich.
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Dennoch strafft die Federal Reserve ihre Geldpolitik. Nachdem die Inflation im Mai in den USA auf 8,6 Prozent nach oben geschossen war - das ist der höchste Wert seit mehr als 40 Jahren, beschloss die US-Notenbank Mitte Juni eine Erhöhung des Leitzinses um 0,75 Prozentpunkte auf die neue Spanne von 1,50 bis 1,75 Prozent. Dies war der größte Zinsschritt bei der Fed seit fast 30 Jahren. Zudem leitete die Notenbank die Phase der Quantitativen Straffung ein, die sich nun auch in den Daten widerspiegelt.
Die Bilanzsumme, also der Gesamtumfang der Aktiva, in der wöchentlich veröffentlichten Bilanz der Federal Reserve vom 6. Juli ist gegenüber der Vorwoche um 22 Milliarden Dollar auf nunmehr 8,89 Billionen Dollar gesunken. Dies ist der niedrigste Stand seit dem 9. Februar dieses Jahres. Die Bilanz ist nun bereits um 74 Milliarden Dollar geringer als zu ihrem Höchststand im April dieses Jahres.
Allein der Bestand der Federal Reserve an kurzfristigen und langfristigen US-Staatsanleihen, der mit Abstand größte Posten unter den von er Notenbank gehaltenen Wertpapieren, fiel innerhalb einer Woche um 20 Milliarden Dollar auf nunmehr 5,74 Billionen Dollar. Der Fed-Bestand an Staatsanleihen liegt derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 23. Februar sowie um 27 Milliarden Dollar niedriger als auf seinem bisherigen Höchststand vom 8. Juni dieses Jahres.
Staatsanleihen werden immer zur Monatsmitte oder zum Monatsende fällig und verschwinden dann aus der Bilanz. Daher hatten die Daten aus der letzten Woche noch nicht die erhebliche Bilanzkürzung 30. Juni enthalten. Einige Kommentatoren hatten auf der Grundlage dieser Daten vom 29. Juni schon gemeldet, dass die Fed ihre Geldpolitik gar nicht wirklich straffe. Doch die jüngsten Daten zeigen nun, dass die Fed es mit der Straffung durchaus ernst meint.
Der Fed-Bestand an hypothekenbesicherten Wertpapiere (Mortgage Backed Securities, MBS) ist in der letzten Woche um 11 Milliarden Dollar auf nunmehr 5,71 Billionen Dollar gefallen. Gegenüber dem Höchststand ist dies bereits ein Rückgang um 31 Milliarden Dollar. Eigner solcher Papiere erhalten Kapitalzahlungen, wenn die zugrunde liegenden Hypotheken nach dem Verkauf des Hauses oder der Refinanzierung der Hypothek abbezahlt werden und wenn Hypothekenzahlungen geleistet werden, wie Wolf Richter ausführt.
Die Fed hat in der Vergangenheit versucht, ihren MBS-Bestand nicht zu schnell schrumpfen zu lassen, indem sie die Papiere auf dem "To Be Announced"-Markt (TBA) kauft. Allerdings dauert es ein bis drei Monate, bis die Käufe auf dem TBA-Markt abgewickelt sind. Die Fed verbucht ihre Käufe erst nach deren Abrechnung. Die in der Bilanz enthaltenen Käufe wurden also ein bis drei Monate früher getätigt. Diese Verzögerung ist der Grund, warum es Monate dauert, bis die MBS-Bilanz die aktuellen Käufe der Fed widerspiegelt.
Die Käufe, die im Juni in der Fed-Bilanz verzeichnet sind, wurden also etwa im März oder April getätigt. Einige Kommentatoren hatten, weil die MBS-Bestände der Fed trotz angekündigter Straffung zunächst nicht zurückgingen, die Straffung insgesamt in Zweifel gestellt. Doch inzwischen ist offensichtlich, dass die US-Notenbank nicht nur ihre Beständen an Staatsanleihen reduziert, sondern auch ihre Bestände an Mortgage Backed Securities. Es ist der Fed offensichtlich ernst mit der Straffung.