Wie das Wall Street Journal berichtet, spekulieren viele Investoren an den US-amerikanischen Finanzmärkten damit, dass die Zentralbank im kommenden Jahr die Leitzinsen wieder drastisch senken wird. Die Zeitung nennt dabei keine Namen oder konkrete Quellen für ihre Berichterstattung.
Demnach würde die Federal Reserve bis Jahresende angesichts der hohen Inflation die Leitzinsen anheben, dann aber angesichts einer beginnenden Rezession in der amerikanischen Volkswirtschaft rasch gegensteuern und die Finanzierungsbedingungen mit Leitzinssenkungen lockern.
Wie robust ist die US-Volkswirtschaft?
Viele Beobachter rechnen inzwischen mit einer Rezession in den USA. Sie verweisen zur Stützung ihrer These beispielsweise auf die deutliche Abkühlung am Häusermarkt oder die verhaltene Stimmung unter den Konsumenten. Der Binnenkonsum stellt mit etwa 65 Prozent der Wirtschaftsleistung den wichtigsten Treiber der Wirtschaft dar.
Dem Finanzmarkt-Experten Peter Schiff zufolge befindet sich die Wirtschaft bereits in einer Rezession. In einem aktuellen Podcast-Beitrag auf seinem Blog verweist er auf mehrere negative Datensätze, darunter die Entwicklung der wöchentlichen erstmaligen Anträge auf Arbeitslosengeld und den schwachen Philadelphia Fed Manufacturing Index für Juli.
Schiff sagt, dass solche Negativdaten nur noch Leute überraschen würden, die an eine starke Wirtschaft glauben: „Dies alles sollte offensichtlich sein, aber die Leute verdrängen die Schwäche in der Wirtschaft. Während nun also immer mehr von diesen schwachen Daten in den kommenden Wochen veröffentlicht werden müssen immer mehr dieser Leute das Handtuch werfen und die Realität akzeptieren – auch die Abwiegler in der Federal Reserve.“
Andere Beobachter sehen die Wirtschaft in guter Verfassung und verweisen etwa auf die anhaltend geringe Arbeitslosigkeit. Es bestehen aber große Zweifel, ob die offiziellen Zahlen die Situation im Land korrekt abbilden.
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Finanzministerin Janet Yellen bekräftigte vor Kurzem noch einmal, dass sie die US-Wirtschaft in relativ guter Verfassung sehe. „Ich sage nicht, dass wir eine Rezession mit Sicherheit abwenden können“, sagte Yellen am Sonntag dem TV-Sender NBC. „Aber ich denke, es gibt einen Pfad, der den Arbeitsmarkt robust hält und die Inflation senkt“, erläuterte sie. „Eine Rezession ist eine Wirtschaftsschwäche auf breiter Grundlage. Das sehen wir momentan nicht.“
Die US-Wirtschaft war im ersten Quartal auf Jahressicht um 1,6 Prozent geschrumpft. Trotz der Rezessionssorgen steht die US-Notenbank im Kampf gegen die hohe Inflation vor einer weiteren kräftigen Zinserhöhung. Die Fed hatte im Juni das Niveau um 0,75 Prozentpunkte angehoben. Sie dürften am Mittwoch nach Ansicht vieler Experten einen weiteren Schritt in dieser ungewöhnlichen Größenordnung gehen. Yellen sagte, die Inflation sei „viel zu hoch“. Die jüngsten Schritte der Fed seien hilfreich für deren Bekämpfung.
IWF senkt Wachstumsprognosen erneut
Die Weltwirtschaft wird nach einer Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) in diesem Jahr deutlich langsamer wachsen als erwartet. „Auf eine zaghafte Erholung im Jahr 2021 folgten zunehmend düstere Entwicklungen im Jahr 2022“, heißt es in der neuen IWF-Prognose zur Weltwirtschaft. Mehrere Schocks haben demnach die durch die Pandemie bereits geschwächte Wirtschaft getroffen: Die jüngsten Corona-Lockdowns in China hätten zu neuen Problemen für globale Lieferketten geführt, heißt es. Auch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und der Sanktionen auf die großen europäischen Volkswirtschaften seien negativer als erwartet - das spiegele sich vor allem in den Energiepreisen wider.
In seiner neuen Prognose rechnet der IWF in diesem Jahr nur noch mit einem globalen Wachstum von 3,2 Prozent. Das sind 0,4 Prozentpunkte weniger als noch im April angenommen. Für die Eurozone erwartet der IWF ein um 0,2 Prozentpunkte geringeres Wachstum von 2,6 Prozent. In Deutschland soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) demnach nur noch um 1,2 Prozent wachsen - eine deutliche Herabstufung einer Prognose aus dem Mai. Damals hatte der IWF noch ein Wachstum von rund 2 Prozent für 2023 und 2022 prognostiziert.
„Die Inflation bleibt hartnäckig hoch“, heißt es weiter in dem aktuellen Bericht. In diesem Jahr rechnet der IWF in den Industriestaaten mit einer Teuerungsrate von 6,6 Prozent, also 0,9 Prozentpunkte mehr als noch im April angenommen. In Schwellen- und Entwicklungsländern soll die Inflationsrate im Durchschnitt 9,5 Prozent betragen, ein Plus von 0,8 Prozentpunkten. Es werde allgemein erwartet, dass die Inflation bis Ende 2024 in die Nähe des Niveaus vor der Pandemie zurückkehren werde, hieß es in dem Bericht.
Mehrere Faktoren könnten jedoch dazu führen, dass sich die Dynamik nicht verändere und die Inflation hoch bleibe. Ein Faktor seien Schocks bei den Lebensmittel- und Energiepreisen infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Diese Entwicklung könnte einer Stagflation Vorschub leisten. Unter Stagflation versteht man eine nicht mehr wachsende Wirtschaft bei gleichzeitigem Preisauftrieb.
Die jüngste Senkung der globalen Konjunkturprognose um 0,4 Prozentpunkte des IWF geht dem Bericht zufolge vor allem auf die unvorhersehbaren Folgen des Kriegs in der Ukraine und der Sanktionen zurück. So könne es zu einem „plötzlichen Stopp der europäischen Gasimporte aus Russland“ kommen. Auch könnte es schwieriger als erwartet sein, die Inflation zu senken. Die strengere Geldpolitik als Reaktion auf die hohe Inflation könnte für Schwellen- und Entwicklungsländer eine Schuldenkrise zur Folge haben. Diese Staaten könnten aufgrund höherer Zinsen ihre Kredite schwerer zurückzahlen. Auch erneute Corona-Ausbrüche und damit verbundene Lieferkettenengpässe seien ein Risikofaktor für die Weltwirtschaft.
Die neue Prognose spiegele das nachlassende Wachstum in den drei größten Volkswirtschaften der Welt - den Vereinigten Staaten, China und dem Euroraum - wider, was erhebliche Auswirkungen auf die globalen Aussichten habe, schrieb IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas.
Der IWF betont allerdings, dass die Prognosen außerordentlich unsicher seien. Sie beruhten aktuell auf der Annahme, dass es zu keiner weiteren unerwarteten Verringerung der Erdgaslieferungen aus Russland an das übrige Europa komme. Auch gehe man davon aus, dass die Inflationsentwicklung einigermaßen stabil bleibe. „Es besteht jedoch ein erhebliches Risiko, dass sich einige oder alle dieser Grundannahmen nicht bewahrheiten“, mahnt der IWF.