Der viel strapazierte Begriff „Great Reset“ wird stellvertretend für „neue Weltordnung“ gebraucht und drückt die Sorge aus, dass einige problematische Personen beschließen, wie die Welt von morgen aussehen wird. Wer reich sein darf und wer arm sein muss, wie die Wirtschaft funktioniert und wie mit der Natur umzugehen ist.
Tatsächlich gibt es einige Klubs, wo vor allem Herren, aber auch Damen den Traum von der Weltherrschaft träumen. Es handelt sich meist um Personen mit sehr viel Geld, die aus der Höhe ihres Kontostands die Fähigkeit zur Steuerung der Menschheit ablesen. Diese Aktivitäten erweisen sich letztlich als harmloses Freizeitvergnügen der Teilnehmer und nicht als Weltherrschaft. Was tatsächlich einen „Great Reset“ ergibt, erleben wir hingegen in diesen Tagen. Mit den astronomisch hohen Preisen für Energie und viele andere Produkte wird die bestehende Weltordnung zerschlagen, über Reichtum und Armut entschieden und die Demokratie gefährdet.
Ganz ohne Absprachen und Kartelle findet eine Preis-Rallye statt
Für das Zünden dieser Bombe braucht es keine Absprache im Rahmen eines exklusiven Klubs, kein geheimes Kartell. Der Ukraine-Krieg, die Drosselung der Gaslieferungen aus Russland und die explodierten Energiepreise genügen, um jedem Unternehmensleiter klar zu machen, welche einmalige Gelegenheit sich vermeintlich bietet: Jetzt oder nie, jetzt kann man die Preise erhöhen, jetzt kann sich niemand wehren. Es genügt, dass man einen Mangel behauptet, und schon bleibt den Kunden nichts anderes übrig als Höchstpreise zu zahlen, um doch beliefert zu werden. Die aktuelle Energieknappheit schließt nahtlos an die im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie entstandenen Lieferprobleme an, die schon bisher in zahlreichen Branchen Höchstpreise und Mangelerscheinungen ausgelöst haben. Der Hinweis auf die „Störung der Lieferketten“ genügt, um jedem Anbieter eine Position der Stärke zu verleihen.
Dass diese Krise inszeniert ist, lässt sich leicht beweisen. Der Ölpreis liegt deutlich unter 100 Dollar je Fass und der Benzinpreis schwankt um die 2-Euro-Marke. 2008 bewegte sich der Ölpreis bei 140 Dollar und der Liter Benzin kostete 1,50 Euro. Dass die Lock-Downs die Lieferketten gestört haben, ist nicht zu leugnen, doch sind die Lock-Downs längst vorbei und dienen immer noch als Ausrede für die Erpressung der Verbraucher. Die hier deutlich werdende Raubritter-Mentalität zieht sich durch alle Branchen, überall trifft man auf Unternehmer, die die Gunst der Stunde nützen. Bis hin sogar zu manchen, kleinen Gewerbetreibenden, die ihr Lager horten, weil morgen oder übermorgen höhere Preise zu erzielen sind. Wo liegt nun der Unterschied zwischen der bisherigen und der neuen Weltordnung? Waren nicht schon immer alle Anbieter an hohen Gewinnen interessiert?
Unternehmer, die wie Raubritter agieren, zerstören die Demokratie
Ohne Zweifel. Aber bis zu Corona und bis zum Ukraine-Krieg lebten wir in einer relativ gut aufgestellten Marktwirtschaft, in der ein scharfer Wettbewerb alle Firmen zwang, möglichst niedrige Preise zu verrechnen. Nicht, weil bisher alle konsumentenfreundliche Wohltäter waren, sondern weil stets ein Konkurrent mit günstigeren Konditionen die eigene Marktstellung gefährdete. Unter diesem permanenten Druck litten naturgemäß alle Unternehmer, sodass die aktuelle Situation wie eine Befreiung wirkt. Es gilt nicht mehr jeder gegen jeden, sondern alle gemeinsam gegen die Konsumenten. Nur: Was hat das mit der angesprochenen Demokratie zu tun? Viel.
Die Folge der Preisjagd ist eine Verarmung der Bevölkerung, wobei nicht nur Bezieher kleiner Einkommen betroffen sind. Die aktuelle Entwicklung spüren alle, kaum jemand hat ein Einkommen, das die gegenwärtigen Preise leicht verkraften lässt. Der Frust in der Bevölkerung steigt und die Neigung, radikale Parteien zu wählen, nimmt rasant zu, womit der Weg zum Abbau der Demokratie und zum Aufbau autoritärer Strukturen frei gemacht wird.
Der Re-Set lässt sich nicht leicht durch einen Re-Re-Set korrigieren
Die Überforderung der Konsumenten führt in der Folge zu einem durch die leeren Haushaltskassen bedingten Kaufstreik. Und die Konsequenzen überleben viele Unternehmen nicht und ziehen bei ihrem Untergang andere mit in die Pleite. Arbeitslosigkeit und soziale Spannungen sind unvermeidlich. Nach und nach spüren alle Unternehmen direkt und indirekt den Ausfall der Nachfrage und geraten in Turbulenzen. Sehr rasch kippt die Freude über die vermeintlich gegebene Möglichkeit, Preise nach Belieben festzusetzen, in einen schlimmen Katzenjammer. Nur: Das Rad der Zeit kann man nicht zurückdrehen, die vor dem Preisrausch herrschenden Bedingungen lassen sich nicht einfach wiederherstellen. Die ruinierten Firmen stehen nicht wieder auf, die Arbeitslosen finden nicht einfach in den Arbeitsmarkt zurück. Kurzum: Der Re-Set lässt sich nicht mit einem Re-Re-Set aus der Welt schaffen.
Der Energiemarkt ist im Endeffekt eine Einheit
Es wird viel über marktbeherrschende Mono- oder Oligopole geklagt. Nur: Niemand muss bei Google suchen, bei amazon kaufen oder bei facebook seine Botschaften verbreiten. Aber: Energie braucht jede und jeder und somit wirken sich Veränderungen der Energiepreise in allen Bereichen aus. In der Energiewirtschaft funktioniert der Wettbewerb nur mangelhaft. Die Ursache lässt sich an simplen Beispielen demonstrieren: Ein Haushalt, der eine Gas-Therme benützt und kein Gas mehr bekommt, stellt einen Elektro-Ofen auf und braucht mehr Strom, ein Energieversorger, der kein Gas bekommt, fährt ein Kohlekraftwerk hoch. Der Preis eines Energieträgers bestimmt folglich die Preise der anderen mit. Solange allerdings ein großes Angebot vorhanden ist, kann sich die üble Praxis der Preisanpassung nur begrenzt durchsetzen. Wenn Kohle, Öl, Gas, Atomenergie, Wasserkraft reichlich verfügbar sind, seit einigen Jahren auch Wind- und Sonnenenergie, wird kein Mangel entstehen, der die Preise in die Höhe jagt. Genau diese Voraussetzung für eine sichere Versorgung und eine halbwegs erträgliche Preisentwicklung wurde vor allem in Deutschland vernachlässigt. Man glaubte und glaubt immer noch, dass der Wind stets bedarfsgerecht weht, die Sonne immer scheint und Erdgas alle Probleme löst.
Das war und ist schon an und für sich ein Denkfehler, da muss nicht erst Russland als Hauptlieferant von Gas die Lieferungen als Reaktion auf die wegen der Ukraine-Invasion verhängten Sanktionen drosseln. Die Erklärung, man hätte die Energie-Politik nur im Interesse des Klimas gemacht, geht ins Leere. Als man begann, die Atomkraftwerke zu schließen, wurde die Stromproduktion aus Kohle forciert, die Deutschland in die Reihe der führenden Umwelt verschmutzenden Länder katapultierte. Dann stürzte man sich auf den Einsatz von Erdgas, wobei Methan, ein aggressives Treibhausgas, emittiert wird.
Dass der Strompreis explodiert, hat nachvollziehbare Gründe
Mit Feuereifer wird die Digitalisierung forciert, die tatsächlich große Vorteile bringt. Nur ist mit der Digitalisierung bereits eine Explosion des Stromverbrauchs verbunden, der man mit einer Erweiterung der Produktion begegnen müsste, statt Kraftwerke zu schließen. Und künftig sollen Elektro-Fahrzeuge die Straßen benzinfrei machen, mit dem Nebeneffekt, dass noch mehr Kraftwerke benötigt werden. Die Stromknappheit ist also greifbar nahe, der Black-Out keine Schimäre, zeitweilige Stromabschaltungen stehen unmittelbar bevor. Es ist kein Wunder, dass der Strompreis in den vergangenen Tagen auf den Märkten in astronomische Höhen geschnellt ist.
Die Weltherrschaft der Spekulanten und der neue Great Reset
Derzeit vereint sich die neue Weltordnung mit einer anderen Weltordnung, die seit etwa dreißig ihr Unwesen treibt – die Herrschaft der Spekulation. Ab den achtziger Jahren wurden Schritt für Schritt die Beschränkungen von Geschäften fernab der realen Wirtschaft beseitigt und so treibt der Handel mit Scheinwerten unglaubliche Blüten. Vor allem ist eine Kaste von Personen entstanden, die in einem Jahr mehr Millionen kassieren als ein Spitzenmanager in der Realwirtschaft in seinem ganzen Arbeitsleben verdient. Dass man sich unter diesen Umständen als Herrscher der Welt fühlt, ist nicht verwunderlich. Man spekuliert auf steigende oder auf sinkende Preise von Aktien, Rohstoffen oder sonstigen Materialien, gewinnt an einem Tag Milliarden, verliert am anderen Milliarden, die meisten genießen gigantische Einkommen, manche scheitern allerdings in der turbulenten Geld-Show und landen auf der Straße.
Es geht um Termingeschäfte, vor allem in der Form von „futures“, also Verträgen, die Verkäufer und Käufer zwingen, am Stichtag des Termingeschäfts die Ware zu liefern und zu übernehmen. Grundsätzlich ist ein Termingeschäft ein solides, nützliches Instrument. Ein Unternehmen, das zu bestimmten Terminen Öl, Gas, Mehl, Kaffee oder irgendein anderes Produkt benötigt, ist gut beraten einen Vertrag abzuschließen, der die Lieferung der gewünschten Ware zum gewünschten Termin und zu einem vereinbarten Preis sichert. Der Preis muss in die Kalkulation des Käufers passen und auch der Verkäufer muss den vereinbarten Preis als angemessen akzeptieren, sodass beide zufrieden sind. Aus diesem grundvernünftigen Instrument wurde das beliebteste Spekulationsgeschäft.
Das gefährliche Leben des Verkäufers in einem „future“
Käufer, die kein Produkt brauchen, und Verkäufer, die kein Produkt haben, schließen Terminverträge in der Hoffnung ab, dass jeweils der andere der Dumme ist. Man vereinbart einen Preis für einen bestimmten Liefertag.
- Ist der Marktpreis für das vereinbarte Produkt, zum Beispiel Öl, an dem Stichtag niedriger als der vereinbarte Preis, dann ist der Käufer der „Dumme“, weil er das Produkt auf dem Markt billiger bekäme, aber den vereinbarten Preis zahlen muss. Der Verkäufer profitiert, weil er mehr bekommt als der Markt hergeben würde.
- Ist der Marktpreis höher als der vereinbarte Preis, dann wird es für den Verkäufer eng, weil er das Produkt nicht hat und auf dem Markt teuer einkaufen muss, aber nur den vereinbarten Preis bekommt. Der Verkäufer ist immer gefährdet, weil er durch Preissteigerungen gigantische Verluste erleiden kann. Der Käufer muss sich nur ärgern, dass er manchmal mehr zahlen muss als nötig, er kennt aber den Preis.
- Nachdem weder der eine das Produkt hat noch der andere es braucht, wird das Geschäft nicht real abgewickelt, sondern nur rechnerisch. Vor allem: Der Verkäufer muss den Betrag, den er aufwenden müsste, um das nicht vorhandene Öl liefern zu können, dem Käufer zahlen, weil dieser ja bei einem Realgeschäft das Produkt bekäme und es zu dem hohen Preis verkaufen könnte.
- Die Abwicklung, englisch „Clearing“ genannt, der „futures“ erfolgt über Börsen, wobei Chicago weltweit führend ist.
- Damit am Tag der Fälligkeit des Termingeschäfts nicht plötzlich hohe Beträge zu bezahlen sind, müssen die Partner Depots bei der Börse hinterlegen. Beobachtet wird der Marktpreis vom ersten bis zum letzten Tag der Laufzeit des future. Zum Beispiel: Es wurde vereinbart, dass der Käufer am Stichtag 10.000 Euro zahlen wird, die Ware ist aber an einem Tag während der Laufzeit 90.000 wert. Da der Verkäufer die Ware nicht hat, müsste er also, um liefern zu können, Ware um 90.000 zukaufen und würde einen Verlust von 80.000 erleiden. Dieser Betrag ist zu deponieren. Sinkt der Kurs, kann das Depot reduziert werden, steigt der Kurs weiter, muss das Depot aufgestockt werden. Am Stichtag wird abgerechnet und bezahlt.
Womit wir in der Aktualität angekommen sind: Alle Energieprodukte sind Gegenstand von futures. Die Termine werden über Zeiträume von mehreren Monaten abgeschlossen, in denen die aktuelle Preissteigerung nicht absehbar war. Stromverkäufer, die futures abgeschlossen haben, stecken in der Klemme, sie müssen letztlich mit enormen Verlusten rechnen und schon vorweg gigantische Depots hinterlegen. Das derzeit in Europa prominenteste Beispiel ist der Wiener städtische Energieversorger „Wien Energie“, der ein Milliarden-Depot einzahlen muss und dies nur mit Hilfe der Stadt und der Republik Österreich stemmen kann. Aber. Vielleicht geht alles gut aus, zum Ende der Woche gab es einen deutlichen Preisruck nach unten. Das Zittern geht Montag weiter.
Hier stellt sich die Frage, warum ein Energieversorger, der Strom tatsächlich braucht, als Verkäufer auf dem futures-Markt auftritt. Derartige Unternehmen dürften nur als Käufer agieren und dies möglichst ohne Einschaltung der Börse, sondern auf der Basis von Verträgen mit tatsächlich lieferfähigen Unternehmen. Offenbar hat die Weltherrschaft der Spekulanten schon eine derartige Dimension erreicht, dass alle glauben, an dem Casino-Betrieb teilnehmen zu müssen.
Ob die aktuellen Turbulenzen eine Umkehr auslösen? Leider sind Zweifel angebracht. Das Raubrittertum an der Preisfront, die falsche Energiepolitik, die Forcierung von Scheingeschäften, an denen man prächtig verdienen kann, kurzum, die Weltordnung, die sich in letzter Zeit durchgesetzt hat, wird man nicht so leicht ändern. Der bereits stattgefundene „Great Reset“ hat ein Pulverfass mit vielen brennenden Lunten geschaffen.
Der Begriff „The Great Reset“, wörtlich übersetzt „Der große Neustart“, wurde vom Gründer und Leiter des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, als Motto für eine Neugestaltung der Welt geprägt. In der Folge wird „Great Reset“ vielfach in der Diskussion über die Aktivitäten verschiedener Organisationen verwendet, wie etwa des Weltwirtschaftsforums und des Bilderberg-Clubs, denen das Anstreben der Weltherrschaft unterstellt wird.