Politik

München: Politische Eliten erwarten soziale Konflikte

Am Wochenende trifft sich die weltweite Elite aus Politik, Militär und Rüstungs-Wirtschaft in München. Auf der 50. Sicherheits-Konferenz wird über Geo- und Militär-Politik diskutiert. Die Veranstaltung wird zum Teil aus öffentlichen Geldern finanziert. Kriegsgegner veranstalten auch dieses Jahr parallel die „Internationale Friedenskonferenz“.
30.01.2014 18:19
Lesezeit: 2 min

Der Bayerische Hof fungiert auch dieses Jahr als Stätte eines halb-offiziellen globalen Gipfeltreffens. Vom 31.1. bis zum 2.2. tummeln sich hier die Teilnehmer der „Münchner Sicherheitskonferenz“.

Das deutsche Staatsoberhaupt spricht zur Eröffnung. Der UN-Generalsekretär und der EU-Kommissionspräsident werden ebenfalls anwesend sein. Dazu werden fünfzig aktive Außen- und Militärminister aus aller Herren Länder erwartet, darunter John Kerry als Vertreter der immer noch maßgeblichen Weltpolizeimacht USA. Prominente Staatsmänner im Ruhestand dürfen nicht fehlen, unter anderem sind Henry Kissinger und Helmut Schmidt angekündigt. Und Ursula von der Leyen wird hier vermutlich ihren ersten Auftritt auf internationaler Bühne haben.

Die Münchner Konferenz hat eine erstaunliche Karriere vorzuweisen. Vor fünfzig Jahren entstand sie aus einer Expertentagung für „Wehrkunde“, angeregt durch Regierungskreise der Altbundesrepublik. Damals war es noch nicht allgemein üblich, militärpolitische und rüstungsindustrielle Interessen unter den Begriff der „internationalen Sicherheit“ zu stellen, aber dieser hat zweifellos seine semantischen Vorteile.

Hochgeschätzter Chef dieses Unternehmens und Geschäftsführer der „Stiftung MSK gGmbH“ ist der ehemalige Diplomat Wolfgang Ischinger, vormals Botschafter der Bundesrepublik in den USA und in Großbritannien, ein kluger und doch systemtreuer Verfechter der „transatlantischen Partnerschaft“. Hocherfreut kündigte er für die diesjährige Konferenz „wahnsinnigen Zulauf“ an - nicht aus dem gemeinen Volke, sondern aus der internationalen Elite in Politik, Wirtschaft und Militär. Ischinger ist zugleich Generalbevollmächtigter für Regierungsbeziehungen bei der Allianz SE, dem weltweit umsatzstärksten Versicherungskonzern.

Die Münchner Sicherheitskonferenz ist, was ihre Funktion und ihre Finanzierung angeht, ein Musterfall für Private-Public-Partnership, in einem speziellen, hochgewichtigen Tätigkeitsfeld: Gesponsert wird sie aus öffentlichen Mitteln und aus der Schatulle von Großunternehmen, und höchst einflussreiche Akteure aus der staatlichen Sphäre haben hier eine singuläre Gelegenheit, öffentliche und auch private „Dialoge“ über Geo- und Militärpolitik zu führen, neue Konzepte versuchsweise in die Welt zu setzen, Handlungsspielräume diskutierend zu erkunden, unter dem Schutz der Unverbindlichkeit. Und dies stets in Begleitung durch den „Sachverstand“ von Experten aus der Rüstungswirtschaft.

Seit Jahren schon reagieren auf die Münchner Sicherheitskonferenz Kriegsgegner mit Protest und zeitgleich zu dem Treffen der Elite tagt regelmäßig  eine „Internationale Friedenskonferenz“ . Eine Chance, im Bayerischen Hof zu Wort zu kommen, haben die Kritiker nicht, selbst wenn sie auf ihre Weise zu den Experten zählen. Der „Dialog“, wie ihn die „Sicherheitskonferenz“ veranstaltet, hat seine Grenze: Zugelassen ist hier, wer die Gewaltförmigkeit von internationaler Politik nicht grundsätzlich in Frage stellt - und über inhumane Antriebe des Militärgeschäfts schweigt. Um „Wehrkunde“ also geht es nach wie vor, um die professionelle Zubereitung todbringender Unsicherheit. Fünfzig Jahre schlimmster Erfahrungen mit kriegerischer Geopolitik haben dabei keinen Sinneswandel hervorgerufen. Und so hat Ischingers Adjektiv „wahnsinnig“ seinen doppelten Boden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen in Dänemark: Wie Sie mit etwas Hygge ein Haus günstig kaufen können
18.04.2025

Nachdem es 2023 und 2024 in Deutschland zum ersten Mal seit 2013 spürbare Wertverluste auf dem Immobilienmarkt gab, kündigten Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA: Staatsverschuldung erreicht 36,6 Billionen Dollar – wer sind die Gläubiger?
18.04.2025

Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten hat mit 36,6 Billionen Dollar einen neuen Höchststand erreicht und wächst in den letzten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Online-Handel unter Druck: Steigende Erwartungen, weniger Spielraum für Fehler
18.04.2025

Der digitale Handel erlebt 2025 einen Wendepunkt: Kunden erwarten Perfektion, während lokale Anbieter ums Überleben im globalen...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona: Aufwärtstrend bei Amateurmusik - Deutsche musizieren wieder
18.04.2025

Den Flohwalzer klimpern, ein Liebeslied singen, auf der Gitarre schrammeln – Hobbymusik hat viele Facetten. Doch wie viele Menschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Blick aus China: Die USA haben an Bedeutung verloren, Zölle beeinträchtigen die Lieferketten nicht
18.04.2025

Die Bedeutung des US-Marktes für China habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und mache heute nur noch 14 Prozent der...