Deutschland

Ifo-Chef Sinn begrüßt Zwangsabgabe auf Sparguthaben

Lesezeit: 3 min
01.02.2014 11:36
Die Zwangsabgabe für Sparer wird konkreter: Nun lässt die Bild-Zeitung den Ökonom Hans-Werner Sinn die Zwangsabgabe begrüßen. Es soll der Eindruck erweckt werden, dass es hier nur gegen die "Reichen" geht. Tatsächlich werden die Billionen-Schulden nur mit dem Zugriff auf alle Vermögen zu begleichen sein. Die Irreführung der Bürger soll verhindern, dass es zu einem Bank-Run kommt.
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Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat sich wie die Bundesbank hinter die Idee einer Vermögensabgabe gestellt, um ausufernde Staatsschulden und eine Staatspleite ohne ausländische Finanzhilfen zu verhindern. "Bevor die deutschen Steuerzahler und Rentner gebeten werden, sich über den Rettungsfonds ESM an der Sicherung der Bankkonten der reichen Leute in den Krisenländern zu beteiligen, sollte man darüber nachdenken, diese Leute selbst zur Kasse zu bitten", sagte Sinn der Bild-Zeitung. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, äußerte sich ähnlich und bezeichnete die ursprünglich vom Internationalen Währungsfonds ins Gespräch gebrachte Idee als "gute Option". Die Diskussion erfolgt vor dem Hintergrund eines möglichen dritten Hilfsprogramms für Griechenlands.

Die Idee wurde zunächst vom IWF lanciert (hier).

Deutsche Politiker zeigten sich umgehend begeistert (hier).

Die Bundesbank machte den Vorschlag in Deutschland salonfähig (hier).

Nun verbreitet die Bild-Zeitung die Idee.

Interessant ist, dass vor allem linke Splittergruppen wie der SPD-Dissident Albrecht Müller besonders für die Abgabe kämpfen und dabei ihrer Klientel munter Sand in die Augen streuen: Sie behaupten, dass die Zwangsabgabe eine gute Sache sei, weil sie nur die "Reichen" betreffe. Bei Sinn ist das nicht verwunderlich, weil er das Thema aus der makroökonomischen Vogelperspektive betrachtet und mit seinem Institut für natürlich auch mit der Bundesregierung zusammenarbeitet.

Müller, der sich immer als Mann der kleinen Leute bezeichnet hatte und der SPD wegen Gerhard Schröders Boss-Gehabe den Rücken gekehrt hat, wiegt damit die "kleinen Leute" in falscher Sicherheit. Der IWF hatte ausdrücklich von allen Haushalten gesprochen. Der Ökonom Daniel Stelter (hier) nennt 100.000 Euro eine realistische Grenze, ab der die Zwangsabgabe erfolgt. In diesem Punkt spricht auch Sinn Unsinn: Wenn die Schulden-Krise wirklich über eine Zwangsabgabe gelöst werden sollte, wären auch jene Rentner betroffen, die sich ihre Lebensversicherung ausbezahlen ließen oder mit einer Abfindung in Vorruhestand gegangen sind. Man hatte ihnen ja lange von Albrecht Müllers Partei eingeredet, sie müssten "Vermögen" in Form der Riester-Rente privat ansparen.

Sinn bestätigt diesen Trend indirekt: Er will nicht, dass der ESM angefasst wird. Das ist auch im Interesse der Bundesregierung. Sie will vermeiden, dass die Steuer-Gelder im ESM zu schnell verbrannt sind und setzt daher darauf, sich die Schulden-Gelder direkt bei den Bürgern zu holen. 

Solche Zwangsabgaben werden erfahrungsgemäß niemals nur für die "Reichen" eingeführt: Sie kommen stets in einem Paket mit anderen Zwangsmaßnahmen. Die öffentliche Focussierung auf die Reichen soll die Bürger ablenken und ihnen das Gefühl geben, dass es sich um eine gerechte Sache handelt - der Chef der Saxobank hat auf diese Taktik schon vor Monaten hingewiesen (hier). Selbstverständlich werden in diesem Zusammenhang auch die Sozialleistungen gekürzt werden. Das wurde dem griechischen Volk ja schon zur Genüge als alternativlos verkauft - die kleinen Leute mussten für die Rettung der Banken zahlen. So wird es auch mit der Zwangsabgabe sein.

Bei der Enteignung in Zypern gingen die EU-Politiker noch brutaler vor: Alle wurden enteignet, auch die Guthaben unter 100.000 Euro. Dagegen wurden die europäischen Banken rechtzeitig gewarnt und konnten ihr Geld in Sicherheit bringen. Die reichen Russen hatten die Gelegenheit, währen der Banken-Sperre ihre Gelder bei den Bank-Filialen in London abzuheben.

Die gigantischen Schulden lassen der Politik auch keine andere Wahl: Sie hat nur Zugriff auf ihre Bürger, weil sie es unterlassen hat, die internationalen Finanz-Ströme rechtzeitig zu kontrollieren, die die Anfachung der Schulden-Krise gezielt betrieben haben. Ökonomen des IWF sagen daher nun, dass sich Europa von der Idee verabschieden muss, etwas Besseres zu sein - die Schulden müssen von den Bürgern bezahlt werden, wie in den Dritte-Welt-Ländern (mehr dazu im Detail hier).

Was all jene, die jetzt die Zwangsabgabe mit Applaus willkommen heißen, übersehen: Das "staatenlose" Kapital - das die Ursache der Finanzkrise ist, nachzulesen bereits im Jahr 1997 bei S. Salomon -  wird davon nicht betroffen sein, weil es außerhalb der deutschen Steuerjurisdiktion sitzt.

Dies illustrieren zwei Beispiele: Goldman Sachs steigt bei einem dänischen Energieversorger ein - mit einem Investment-Vehikel, das auf den Cayman-Islands sitzt. Alle Gewinne, die dorthin abgeführt werden, unterliegen niemals einer Zwangsabgabe - obwohl das genau die Kapitalströme sind, die die Finanzkrise immer wieder von neuem anfachen (hier).

Der Finanzinvestor KKR ist bei Hertha BSC eingestiegen. KKR schweigt zu der Übernahme eines Minderheitsanteils. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass KKR diese Beteiligung ebenfalls über einen Offshore-Platz laufen lässt - und damit alle Gewinne einer Zwangsabgabe entzieht. KKR ist an ATU und WMF beteiligt - beide Unternehmen wurden mit Schulden überladen, die Gewinne wurden herausgezogen und über komplexe Firmenkonstruktionen am deutschen Fiskus vorbeigeschleust.

In genau diesen Fällen wäre die Zwangsabgabe nötig.

Und in genau diesen Fällen fährt die Zwangsabgabe ins Leere.

Doch die US-Finanzinvestoren, die sich still und leise die europäischen Assets holen, wissen vermutlich nicht, über wen sie mehr staunen sollen: Über die europäische Politik, dass sie tatsächlich ihre eigenen Bürger zwingen will, die Schulden der anderen zu bezahlen; oder über die linken Propagandisten, die die Plünderung der deutschen Sparer aktiv unterstützen.


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