Finanzen

Fed schickt still und leise 11 Milliarden Dollar in die Schweiz

Lesezeit: 4 min
22.10.2022 20:45  Aktualisiert: 22.10.2022 20:45
Diese Woche hat die Schweiz die Rekordsumme von mehr als elf Milliarden Dollar aus der Swap-Fazilität der Fed abgerufen. Erdrückt der Dollarmangel das Finanzsystem?
Fed schickt still und leise 11 Milliarden Dollar in die Schweiz
Weiß Fed-Chef Jerome Powell, warum die Schweiz diese Woche Rekordmengen Dollars aus der Swap-Fazilität abgerufen hat? (Foto: dpa)
Foto: Manuel Balce Ceneta

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Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat in dieser Woche 11,09 Milliarden Dollar aus der Devisenswapfazilität der US-Notenbank in Anspruch genommen, wie am Donnerstag veröffentlichte Daten der New Yorker Fed zeigen.

Dies war ein weiterer deutlicher Anstieg gegenüber der Vorwoche, als die SNB fast 6,3 Milliarden Dollar abgerufen hatte, und gegenüber der Woche davor, als die SNB 3,1 Milliarden Dollar abgerufen hatte, wie Reuters berichtet.

Niemals zuvor hat die Schweiz die Devisenswapfazilität der US-Notenbank in einem auch nur annähernd hohen Maße in Anspruch genommen. Zuletzt hatte die SNB die Fazilität in nennenswerten Umfang während der Marktpanik im Frühjahr 2020 genutzt.

Der jüngste Swap deckte die Liquidität für sieben Tage zu einem annualisierten Zinssatz von 3,33 Prozent ab. Die SNB verweist auf ihre Auktionsergebnisse, aus denen hervorgeht, dass in dieser Woche 17 Beteiligte an ihrer Dollar-Auktion teilgenommen haben.

Wozu dient die Swap-Fazilität?

Die SNB ist eine von nur fünf ausländischen Zentralbanken, mit denen die Fed ständige Währungs-Swap-Linien eingerichtet hat. Diese stehen auch der Europäischen Zentralbank, der Bank of Japan, der Bank of England und der Bank of Canada zur Verfügung.

Die ständigen Dollar-Swap-Fazilitäten mit der Fed ermöglichen es den fünf angeschlossenen Notenbanken, den Finanzinstituten in ihren jeweiligen Geltungsbereichen in dringenden Fällen Zugang zu Dollar-Finanzierungen zu gewähren.

Die Swap-Linien sind seit 2013 ein fester Bestandteil der globalen Finanzarchitektur, auch wenn sie bisher selten und nur in geringem Umfang genutzt wurden. Andere Notenbanken können in größeren Krisen, wie im März 2020, vorübergehend Zugang erhalten.

Theoretisch funktionieren die Swaps in beide Richtungen, doch in der Realität hat die Fed wenig Bedarf an Euro, Yen, Franken, Pfund oder gar kanadischem Dollar. Vielmehr geht es nur darum, den anderen fünf großen Zentralbanken Zugang zu Dollars zu verschaffen.

Außerhalb von Krisen werden die Swap-Linien nicht genutzt, nur gelegentlich finden Tests zur Überprüfung ihrer Einsatzbereitschaft statt. Der Sieben-Tage-Swap der SNB diese Woche ist bei weitem der höchste Betrag, den die SNB jemals abgerufen hat.

Die abgerufenen 11,09 Milliarden Dollar sind fast das Fünffache des bisherigen Rekords während des Corona-Crashs. Im April 2020 nahm die Notenbank 2,34 Milliarden Dollar in Anspruch. Und während der Eurokrise lagen die Swaps stets unter 400 Millionen Dollar.

Die Europäische Zentralbank hat diese Woche Swaps in Höhe von 210,5 Millionen Dollar abgerufen und die Bank of Japan 1 Million Dollar. Doch diese Beträge sind verschwindend gering im Vergleich zur massiven Nutzung durch die Schweizerische Nationalbank.

Betreiben die Schweizer Banken lediglich etwas Arbitrage?

Das aktuelle Problem, wenn es tatsächlich eines gibt, ist offenbar also auf die Schweiz beschränkt. Das Wall Street Journal vermutete letzte Woche, dass es einfach darum gehen könnte, dass die Schweizer Banken jetzt eine profitable Arbitragemöglichkeit haben.

„Die Swap-Linien sind für die Schweizer Banken eine einfache Möglichkeit, mit den geringen Unterschieden bei den Kreditkosten Geld zu verdienen, wie Ökonomen der Credit Suisse und Marktteilnehmer berichten.

Die Banken können sich bei der SNB (über die Swap-Linie) eine Woche lang Dollar leihen. Sie tauschen diese Dollar dann in Schweizer Franken, müssen dafür aber nur etwa 0,20 Prozent zahlen.

Anschließend können sie diese Franken über eine einwöchige Rückkaufauktion an die SNB zurückgeben, die den Banken 0,45 Prozent zahlt. Die Bank behält die Differenz zwischen den beiden Beträgen, etwa 0,25 Prozentpunkte.

Einige inländische Banken können sogar noch mehr verdienen, wenn sie die zusätzlichen Franken über Nacht bei der SNB parken können, wo der Leitzins kürzlich auf 0,5 Prozent angehoben wurde.

Wenn diese Vermutung des Wall Street Journal sich bestätigen sollte, so wäre dies offenbar ein Missbrauch der Swap-Fazilität. Die Fed ermöglicht die Swaps schließlich nicht dazu, dass Schweizer Banken auf Kosten der Notenbanken risikofrei Geld verdienen können.

Oder eskaliert der Dollarmangel einer Schweizer Bank?

Der US-Finanzblog ZeroHedge hat eine andere Vermutung, was hinter der Inanspruchnahme der Swap-Fazilität durch die SNB stecken könnte und veröffentlichte dazu am Freitag einen Artikel mit dem Titel „Fed schickt still und leise 11 Milliarden Dollar in die Schweiz, während die Schockwelle der Dollar-Finanzierung die Zentralbanken erdrückt“.

ZeroHedge erinnert an das Chaos auf dem britischen Finanzmarkt vor einem Monat. Damals wuchs bereits die Sorge, dass der historische Dollarmangel einen systemischen Zusammenbruch verursacht. Die Märkt würden sich beruhigen, wenn die Fed ein Zeichen geben würde, dass sie so viel Geld drucken wird, wie im Kampf gegen den Dollarmangel nötig ist.

„Zwar hat die Fed noch immer keine offizielle Ankündigung gemacht, aber sie hat der Schweizerischen Nationalbank [bereits in der vorletzten Woche] still und leise 3,1 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt, um ein Dollar-Defizit zu decken, wie wir vor ein paar Tagen berichteten.

Bemerkenswerterweise war dies das erste Mal, dass die Fed in diesem Jahr Dollar an die SNB schickte, und das erste Mal, dass die Fed die Swap-Linie in größerem Umfang nutzte (abgesehen von einem symbolischen Betrag an die EZB von Zeit zu Zeit)!

Aber es wird sicherlich nicht das letzte Mal gewesen sein - wie wir gewarnt haben, ist mit einer weitaus stärkeren Nutzung der Swap-Linien der Fed zu rechnen, da die Welt an der globalen Dollarknappheit erstickt.

Und tatsächlich gab die Fed eine Woche später [letzte Woche] bekannt, dass sie den Umfang ihres USD-Swaps mit der [...] Schweizerischen Nationalbank verdoppelt hat, indem sie etwa 6,27 Milliarden Dollar schickte, um eine Finanzierungskrise zu vermeiden.

Und dann, gerade als man dachte, dass sich die Dinge mit dem Höhenflug der Credit Suisse-Aktie normalisieren würden, verdoppelte sie den Betrag noch einmal. [Diese Woche] verdoppelte die Fed fast den Betrag der US-Liquidität, den sie der Schweiz schickte: von 6,3 auf 11,1 Milliarden Dollar.

Die Zahl verdoppelt sich jede Woche ungefähr. Bemerkenswerterweise war dies nicht nur das dritte Mal in Folge, dass die Fed in diesem Jahr Dollar an die SNB überwiesen hat, sondern auch der größte einzelne USD-Swap-Transfer in der Geschichte!“

ZeroHedge räumt ein, nicht zu wissen, warum ein Finanzinstitut in der Schweiz allein in dieser Woche über 11 Milliarden Dollar an billigen Tagesgeldern brauchte. Doch der Finanzblog hat „eine ziemlich gute Vorstellung davon, wer der Schuldige sein könnte“, nämlich die Schweizer Bank Credit Suisse.

„Der bevorstehende Schwenk der Fed wird nichts damit zu tun haben, ob die Fed ihr Inflationsziel erreicht oder nicht, sondern mit den verheerenden Auswirkungen des steigenden Dollars (eine Rekord-Nachschussforderung in Höhe von etwa 20 Billionen Dollar) auf den Rest der Welt.“



Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

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