Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler setzt in seiner gebeutelten Autozuliefersparte weiter den Rotstift an. Das Unternehmen erlöste und verdiente im dritten Quartal mehr als von Experten zuvor im Schnitt erwartet, und im aktuellen Umfeld hält der Vorstand es auch für möglich, das obere Ende der Prognosespanne zu erreichen. Doch Unternehmenschef Klaus Rosenfeld sieht angesichts des von der Politik vorgegebenen Umschwungs hin zu Elektroautos die Notwendigkeit für ein weiteres Sparprogramm. Besonders betroffen ist Deutschland. Die Aktie machte einen Sprung nach oben.
Abbau bei Verbrenner-Sparte
Das Unternehmen baut bis 2026 insgesamt 1300 weitere seiner knapp 83 000 Stellen ab, davon 1000 in Deutschland. Das Unternehmen begründete die Maßnahme am Dienstag mit einer schneller als erwartet voranschreitenden Transformation weg von Verbrenner-Antrieben hin zur E-Mobilität. Es ist das zweite Umbauprogramm innerhalb kurzer Zeit bei dem fränkischen Konzern. 2020 hatte er den Abbau von 4400 Stellen bekanntgegeben. Werksschließungen seien diesmal nicht beabsichtigt.
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Von den Stellenstreichungen, die bis 2026 sozialverträglich umgesetzt werden sollen, sind nach Angaben des Unternehmens vor allem die drei Standorte Herzogenaurach, Bühl in Baden und Homburg im Saarland betroffen. Drei Viertel der wegfallenden Stellen kämen aus den Bereichen Forschung und Entwicklung von Teilen für Verbrennerantriebe oder aus Zentralfunktionen. Das Programm wird nach Angaben von Rosenfeld 130 Millionen Euro kosten und soll ab 2026 im Jahr 100 Millionen Euro einsparen.
Der Schwenk hin zu Elektroantrieben gehe viel schneller als vor kurzem angenommen - getrieben vor allem von Entwicklungen in China und in den USA, sagte Rosenfeld. Deshalb müssten Überkapazitäten in diesem Bereich abgebaut werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Gleichzeitig komme der Aufbau neuer Technologien voran. Rosenfeld nannte ein neues Zentrallabor in Herzogenaurach, ein Wasserstoffzentrum sowie ein Zentrum für E-Mobilität als Beispiele.
Der Auftragseingang bei Lösungen für die E-Mobilität übertreffe die Erwartungen deutlich, sagte er. Derzeit stünden Aufträge im Wert von 4,7 Milliarden Euro in den Büchern. Geplant seien 2 bis 3 Milliarden gewesen. Insgesamt sei das dritte Quartal gut gelaufen, vor allem dank guter Geschäfte im Bereich Industrie.
Umsatz steigt
Das im SDax notierte Papier legte nach dem Handelsstart um gut 8 Prozent auf 6,01 Euro zu. Im laufenden Jahr haben Aktionäre damit aber immer noch ein Kursminus von fast 18 Prozent zu schultern. Analyst Jose Asumendi von der US-Großbank JPMorgan sprach von einem starken Quartal. Die Marge im Industriegeschäft sei beeindruckend. Die Markterwartungen an das bereinigte operative Ergebnis dürften um mehr als ein Zehntel steigen.
Der Gesamtumsatz zog um 27,3 Prozent auf 4,24 Milliarden Euro an, wie das Unternehmen am Dienstag in Herzogenaurach mitteilte. Ohne Schub vom schwachen Euro betrug das Plus gut 20 Prozent. Die vor einem Jahr stark in Mitleidenschaft gezogene Autozuliefersparte konnte noch etwas deutlicher zulegen. Im Jahresverlauf schwächelte die Sparte bislang, unter anderem litt sie unter hohen Kosten und einem wechselhaften Abrufverhalten der Autobauer. Nun profitierte das Segment im dritten Quartal vom starken Volumenanstieg, aber auch Preiserhöhungen kamen Schaeffler zugute. Deutlich gestiegene Kosten hätten teilweise an die Kunden weitergereicht werden können.
Nach wie vor ist das Geschäft mit der sonstigen Industrie der Anker bei den Franken. Von der kleineren Hauptsparte kam demnach in den ersten neun Monaten fast die Hälfte des operativen Gewinns, in den Monaten Juli bis September fuhr sie den größten Gewinnbeitrag der drei Sparten ein. Während der Konzern in der Autozuliefersparte Komponenten für Motoren, Getriebe und das Fahrwerk herstellt, liefert die Industriesparte unter anderem Wälzlager für Industriemaschinen, Windkraft-Anlagen und Luftfahrt-Turbinen.
Vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten kletterte das Ergebnis konzernweit um ein gutes Drittel auf 355 Millionen Euro. Das war deutlich mehr als von Analysten zuvor im Schnitt erwartet. Unter dem Strich wuchs das Nettoergebnis wegen höherer Steuern weniger stark um gut 13 Prozent auf 169 Millionen Euro. Die Jahresprognose behält Schaeffler bei.
Für das Gesamtjahr bleibt Schaeffler bei seiner Prognose eines währungsbereinigten Umsatzwachstums von sechs bis acht Prozent. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen einen Anstieg um knapp ein Zehntel auf 13,9 Milliarden Euro geschafft. Nach drei Quartalen liegt Schaeffler in diesem Jahr bei 11,8 Milliarden Euro. Die um Sondereffekte bereinigte operative Marge soll weiter bei 5 bis 7 Prozent liegen.
Das gute aktuelle Abschneiden deute auf das obere Ende der Prognosespanne des Konzerns, hieß es in einer Präsentation für Analysten und Investoren. Analysten hatten im Schnitt für das Jahr ohnehin bis dato mit einem währungsbereinigten Wachstum von mehr als 8 Prozent und einer Marge von 6,5 Prozent gerechnet.
Nachteil für Europa
Die Fraktion der AfD im Europaparlament kommentiert den Stellenabbau bei Schaeffler in einer Pressemitteilung:
Aufgrund der durch das Verbrenner-Aus schneller als erwartet voranschreitenden Transformation zur E-Mobilität baut der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler bis 2026 1300 weitere Stellen ab, davon 1000 in Deutschland. Dazu Dr. Sylvia Limmer, umweltpolitische Sprecherin der AfD-Delegation im EU-Parlament, die an den Verhandlungen zum Verbrenner-Aus als Berichterstatterin der ID-Fraktion beteiligt war:
„Es war klar, dass das EU-Verbrennerverbot zu Massenentlassungen führen muss. Dabei ist es eine bittere Ironie, dass mit Schaeffler nun ausgerechnet der Zulieferer einen massiven Stellenabbau verkündet, dessen Betriebsrat vor drei Jahren die AfD massiv wegen ihres Einsatzes für den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Autoindustrie kritisiert hatte.
Wenn Green Deal und Verbrennerverbot nicht sofort rückgängig gemacht werden, wird Schaeffler nur der Anfang sein. Hunderttausende Arbeitsplätze stehen auf der Kippe, die Autoindustrie und ihre Zulieferer werden untergehen oder abwandern, all dies zulasten Deutschlands. Das Verbrenner-Aus ist ein ökosozialistisches Deindustrialisierungsprogramm gegen Deutschland und weitere europäische Länder. Mittlerweile wird dies sogar von hochrangigen EU-Vertretern wie dem französischen Kommissar Thierry Breton so gesehen, der sich am 4. November sehr kritisch zum beschlossenen Verbrennerverbot in der EU geäußert hatte.
Den Rest der Welt freut‘s, denn durch simples Nichtstun werden Wettbewerbs- und Standortvorteile erzielt, die die EU herschenkt. Wir fordern eine Rückabwicklung des Green Deal und ein Verbot vom Verbrennerverbot. Grünideologische Schrumpfungs- und Deindustrialisierungsphantasien haben der Technologieoffenheit und der Wirtschaftssouveränität zu weichen. Nur so wird man unsere Auto- und Zuliefererindustrie, ihre führende Rolle in der Welt und hunderttausende Arbeitsplätze bewahren können.“