Künftig sollen in der EU nur noch Neuwagen verkauft werden, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Die Regelung soll 2035 in Kraft treten. Darauf haben sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments am Donnerstagabend geeinigt, wie die tschechische Ratspräsidentschaft mitteilte. Im Jahr 2026 soll die Entscheidung aber erneut überprüft werden können.
Zudem ist im Kompromiss eine Bitte an die EU-Kommission festgehalten, zu überprüfen, ob der Einsatz von sogenannten E-Fuels für Autos künftig in Frage kommen könnte. Darauf hatte in der Bundesregierung vor allem die FDP gedrängt.
Am Rand sei angemerkt, dass Elektroautos zwar keine Emissionen ausstoßen, aufgrund ihrer extrem ressourcenintensiven Produktion jedoch alles andere als „klimafreundlich“ sind.
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Auch bezüglich der Marktreife der E-Mobilität bestehen ernste Zweifel.
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Grüne und SPD sind glücklich, FDP hofft
FDP-Chef Christian Lindner sprach mit Blick auf den EU-Kompromiss von einer klugen Entscheidung, die Technologieoffenheit sichere. Sein Parteikollege Jan-Christoph Oetjen interpretiert die Prüf-Bitte an die Kommission als klaren Arbeitsauftrag, den Weg für den Betrieb des Verbrennungsmotors mit alternativen Kraftstoffen zu ebnen.
Der klimapolitische Sprecher der SPD im Europaparlament, Tiemo Wölken, lobte den Kompromiss. Er sei gut für das Klima aber schaffe auch Planungssicherheit für die Autoindustrie.
Vom Grünen-Europaabgeordneten Michael Bloss hieß es, jetzt sei klar, dass die Zukunft in der Elektromobilität liege. Es handle sich um eine „Zeitenwende“, die den Wohlstand von morgen sichere. „Wer jetzt noch auf den Verbrenner setzt, schadet der Industrie, dem Klima und verstößt gegen europäisches Recht.“
AfD: Grüner Irrweg verstärkt De-Industrialisierung Europas
Die AfD kritisiert die Entscheidung scharf. Mit dem Verbot des Verbrennungsmotors ab 2035 werde eine weitere für Deutschland wichtige Industriebranche geschleift:
„Die gestern erzielte Einigung im Trilogverfahren, ab 2035 moderne Verbrennungstechnologie zu verbieten, wird nicht nur der deutschen Autoindustrie, bzw. dem Standort Deutschland schweren Schaden zufügen und hunderttausende an Arbeitsplätzen vernichten, sondern EU-weit zu einer Abwanderung der Autoindustrie führen. Denn der 'Rest der Welt' ist nicht von diesem grünen Virus befallen. Wie viel Deindustrialisierung wir uns noch 'leisten' können, bleibt abzuwarten.
Möglich gemacht hat diesen für die Wirtschaft fatalen grünen Irrweg eine 2019 erfolgte Überarbeitung einer EU-Verordnung, die Elektro-Autos per Gesetz als emissionsfrei schönlügt. Begeistert zugestimmt haben damals übrigens auch jene Politiker, die heute so gerne die Retter des Verbrennungsmotors wären.
Ebenso ist die Verwendung sogenannter E-Fuels nicht Teil des Gesetzestextes, sondern ein frommer Wunsch an die EU-Kommission geblieben, doch bitte zu prüfen, ob eine Verwendung auch noch nach 2035 möglich wäre.
Nun kann Frans Timmermanns im November also Weihnachtsmann auf der COP27 in Ägypten spielen und mit 'Ergebnissen' in der Klimapolitik aufwarten – dem erklärten Ziel der sozialistischen Bestatter unserer Wirtschaft. Der 'Rest der Welt' dürfte sich tatsächlich freuen – über neue Investitionen einer Industrie, die aus der EU abwandert“, sagte Sylvia Limmer, umweltpolitische Sprecherin der AfD-Delegation im EU-Parlament.
Kritik auch aus der CDU
Um die Frage, ob der Verkauf neuer Verbrenner ab 2035 verboten werden sollte, hatte es längeren Streit in der Bundesregierung gegeben. Vor allem Liberale und Grüne vertraten unterschiedliche Positionen. So hatte sich etwa das Bundesumweltministerium für ein eindeutiges Verbrenner-Aus ausgesprochen.
Bei der Debatte ging es im Kern um die Frage, wie E-Fuels im Straßenverkehr eingesetzt werden könnten. Das sind synthetisch hergestellte Kraftstoffe, bei deren Produktion Treibhausgase gebunden werden. Nutzt man die Kraftstoffe in einem Motor, läuft dieser quasi klimafreundlich, weil das ausgestoßene CO2 aus der Atmosphäre stammt. Kritiker merken aber unter anderem an, dass synthetische Kraftstoffe in anderen Sektoren wie Schiff- oder Luftfahrt deutlich dringender gebraucht werden als im Straßenverkehr.
Der Verhandlungsführer für die Christdemokratische EVP-Fraktion sieht das Verhandlungsergebnis kritisch. Es folge dem Prinzip: „Alles auf eine Karte“, teilte der CDU-Politiker Jens Gieseke mit. „Ein vollständiges Verbot einer Technologie geht zu weit. Aus unserer Sicht hätte es eine freiwillige Regelung für klimaneutrale Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe geben müssen.“
Die von der FDP eingebrachte Prüf-Bitte werde an einem Verbrenner-Verbot nichts ändern. Diese sei rechtlich nicht bindend und könne von der Kommission ignoriert werden. „Die Liberalen haben das Verbrennerverbot besiegelt“, so Gieseke. Eine letzte Hoffnung hat der Konservative aber noch: Dem Kompromiss zufolge soll eine Analyse eingeführt werden, die die tatsächlichen Emissionen von Fahrzeugen über einen Lebenszyklus untersucht. Dazu müsse die EU-Kommission einen Vorschlag erarbeiten. „Ob das Verbrennerverbot ab 2035 nun also tatsächlich Bestand hat, hängt daher auch stark von der Überprüfung im Jahr 2026 ab.“
BDI: Verbrenner-Aus ist folgenschwere Entscheidung
Nach der EU-Einigung auf das Verbrenner-Aus hat die deutsche Industrie Planungssicherheit gefordert. Es handle sich um eine folgenschwere Entscheidung, teilte der Vize-Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Holger Lösch, am Freitag in Berlin mit. Der Beschluss setze vor allem der Zulieferindustrie mit ihren Hunderttausenden Beschäftigten stark zu.
Für einen erfolgreichen Ausbau der Elektromobilität muss die EU den Angaben nach nun rasch für eine flächendeckende Versorgung mit Lade- und Tankinfrastruktur für Wasserstoff sorgen. Die Industrie erwarte vom EU-Parlament, dass es sich für die notwendige Infrastruktur jetzt mit der gleichen Leidenschaft einsetze wie für das Verbot des Verbrennungsmotors, sagte Lösch weiter. Zudem müsse die Kommission nun schnell eine konkrete Lösung für den Einsatz klimaneutraler Kraftstoffe in Verbrennungsmotoren finden.