Wirtschaft

Japan: Höchste Inflation seit 1982, aber Zinsen bleiben niedrig

Die steigende Inflation in Japan ist eine Folge der Yen-Schwäche. Doch die Zentralbank hält an ihrer Politik der extrem niedrigen Zinssätze fest.
Autor
18.11.2022 10:58
Lesezeit: 2 min
Japan: Höchste Inflation seit 1982, aber Zinsen bleiben niedrig
Fumio Kishida, Premierminister von Japan, ist mit steigender Inflation konfrontiert. (Foto: dpa) Foto: Christoph Soeder

In Japan ist die Inflation auf den höchsten Stand seit 40 Jahren gestiegen. Denn da die japanische Zentralbank im Gegensatz zu allen anderen großen Notenbanken der Welt unbeirrt an ihren extrem niedrigen Zinsen festhält, notierte der Yen zuletzt zuletzt immer schwächer. In der Folge haben sich die japanischen Importe stark verteuert, sodass die Verbraucherpreise in dem Land insgesamt steigen.

Der landesweite Kern-Verbraucherpreisindex stieg im Oktober um 3,6 Prozent, nachdem er im September bereits auf 3 Prozent gestiegen war. Die 3,6 Prozent mögen für andere Länder wenig erscheinen, doch für Japan ist es die höchste Inflation seit Februar 1982, als die Krise im Nahen Osten infolge des Iran-Irak-Kriegs die Rohölversorgung unterbrochen hatte und einen sprunghaften Anstieg der Energiepreise auslöste.

Der Anstieg des Index, der die schwankungsanfälligen Preise für frische Lebensmittel ausschließt, aber Ölprodukte einschließt, bestätigte, dass die Inflation den siebten Monat in Folge über dem 2-Prozent-Ziel der Bank of Japan (BOJ) blieb. Ökonomen erwarten, dass die BOJ die Zinsen weiter niedrig halten wird, da sie ein Abklingen der Inflation vorhersagt, sobald der Anstieg der Importkosten wieder aufhört.

Lieferengpässe haben die Preise für importierte Lebensmittel, Industriegüter und Fertigungsteile in die Höhe getrieben, ebenso wie der Kursverfall des Yen, der in Dollar gerechnet in diesem Jahr um mehr als 20 Prozent gefallen ist. Denn die Kluft zwischen der lockeren Geldpolitik der Bank of Japan und der strafferen Geldpolitik der meisten anderen großen Zentralbanken wächst immer weiter.

"Ich bin nach wie vor der Meinung, dass sich der Anstieg bald verlangsamen wird", sagt Takeshi Minami, Chefökonom des Norinchukin Research Institute, und verwies auf den Rückgang der weltweiten Getreidepreise. "Ich erwarte, dass die Inflation zum Jahresende ihren Höhepunkt erreicht und der Preisanstieg im neuen Jahr nachlässt", zitiert ihn Reuters.

BOJ-Gouverneur Haruhiko Kuroda bekräftigte am Donnerstag sein Versprechen, die geldpolitischen Impulse beizubehalten, um ein Lohnwachstum und eine nachhaltige und stabile Inflation zu erreichen. Die Zentralbank hält die langfristigen Zinssätze bei Null und die kurzfristigen Zinssätze bei minus 0,1 Prozent. Japans Wirtschaft bleibt anfällig, da sie sich noch immer vom Corona-Abschwung erholt.

Notenbankchef Kuroda hat argumentiert, dass die Hälfte des Preisanstiegs in Japan auf die globalen Rohstoffkosten zurückzuführen ist. Die Daten für Oktober zeigen, dass der Anstieg der Rohstoffpreise und die Schwäche des Yen zu einem Anstieg der Energiekosten um 15,2 Prozent geführt haben, während Lebensmittel ohne verderbliche Waren um 5,9 Prozent gestiegen sind, der schnellste Anstieg seit März 1981.

Von den Lebensmitteln waren 88 Prozent teurer als ein Jahr zuvor, allen voran alkoholische Getränke wie Bier und Sake. Die Preise für langlebige Haushaltsgüter stiegen um 11,8 Prozent und damit am stärksten seit März 1975, was auf die Kosten für Transport, Rohstoffe und Energie sowie auf die schwache Währung zurückzuführen ist.

Die Daten deuten darauf hin, dass die japanischen Unternehmen ihre deflationäre Haltung ablegen und die Preise für eine immer breitere Palette von Produkten anheben. Von den 522 Artikeln, aus denen sich der Kernverbraucherpreisindex zusammensetzt, waren im Oktober 406 teurer als ein Jahr zuvor. Im September waren es noch 385 gewesen.

Die BOJ hat prognostiziert, dass die Durchschnittspreise für das Fiskaljahr bis März 2023 um 3 Prozent höher sein werden, dass aber der Anstieg für das folgende Fiskaljahr nur halb so groß sein wird, weil Rohstoffpreise und andere Faktoren nachgelassen werden. Ein Zeichen dafür, dass die Zulieferer mit dem Druck der Großhandelspreise zu kämpfen haben, ist der Preisindex für Unternehmensgüter, der bis Oktober um 9,1 Prozent gestiegen ist.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl: FDP und BSW laut Hochrechnung im Bundestag - droht erneut eine Dreierkoalition?
23.02.2025

CDU und CSU gehen als klare Sieger aus der Bundestagswahl hervor – für die SPD ist es das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die...

DWN
Politik
Politik Merz triumphiert, Scholz geschwächt: Die Konsequenzen der Wahl
23.02.2025

Deutschland hat entschieden, und es gibt einen klaren Gewinner. Dennoch dürfte die Regierungsbildung herausfordernd werden, da die Zeit...

DWN
Politik
Politik Wie es nach der Bundestagswahl weitergeht
23.02.2025

Nach der Bundestagswahl beginnt die nächste Phase: die Regierungsbildung. Dabei sind zahlreiche Schritte erforderlich, die sich über...

DWN
Politik
Politik Wahlrecht 2025: Kleinerer Bundestag, größere Auswirkungen – Das ändert sich für Wähler und Parteien
23.02.2025

Am Wahltag selbst werden die meisten Wählerinnen und Wähler keinen Unterschied bemerken. Doch hinter den Kulissen verändert sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schweizer Infrastrukturexperte: "Deutschland war lange der Wirtschaftsmotor Europas – das muss wieder so sein"
23.02.2025

Deutschland kämpft mit maroden Brücken, Straßen, Schienen, Strom- und Kommunikationsnetzen. Der Schweizer Infrastrukturexperte Alexander...

DWN
Finanzen
Finanzen ROI: Return on Investment und warum eine hohe Kapitalrendite wichtig ist
23.02.2025

Eine hohe Kapitalrendite entscheidet über den finanziellen Erfolg von Unternehmen und Investoren. Erfahren Sie, warum sie so wichtig ist...

DWN
Finanzen
Finanzen BlackRock: Die unsichtbare Macht eines Finanzgiganten
23.02.2025

BlackRock ist der weltweit größte Vermögensverwalter – doch wie groß ist sein Einfluss wirklich? Buchautor Werner Rügemer erklärt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft in der Krise – Welche Pläne haben die Parteien für Deutschland?
23.02.2025

Deutschland steckt in der Wirtschaftskrise – und die Bundestagswahl steht bevor. Wie wollen die Parteien Wachstum fördern, Steuern...