Unternehmen

Real-Forderung: Markenverband macht Kaufland Vorwürfe

Kaufland droht Stress mit der Industrie. Die Industrieorganisation Markenverband wirft dem Konzern vor, gegen Intentionen des Bundeskartellamts zu arbeiten.
01.12.2022 13:00
Lesezeit: 3 min

Kaufland sorgt mit seinem Vorgehen bezüglich der Forderungen gegenüber der Industrie im Rahmen der Real-Übernahme für Irritationen. Recherchen der Lebensmittelzeitung zufolge hat Kaufland die Intention, sich die erhaltenden Vergütungen von der Industrie im Zuge der Übernahme von Real dauerhaft zu sichern. Weiter in die Tasche greifen müssten dann die Lieferanten. Das Bundeskartellamt hatte erklärt, dass die Real-Konditionen, welche Kaufland von der Industrie erhalten habe, mit Ende des Jahres 2022 ablaufen. Der Konzern scheint mit seinem Vorgehen gegen die Vorgabe des Kartellamts zu arbeiten.

Für Kaufland springt ein dreistelliger Millionenbetrag heraus

Bei den Konditionen, die Kaufland von der Industrie erhält, handelt es sich um eine hohe Summe. Der Händler forderte von den Herstellern pro übernommenen Real-Markt für 0,01 bis 0,02 Prozent des mit Kaufland Deutschland erreichten Umsatzes aufzukommen. Bei 96 Häusern, die Kaufland aktuell übernommen hat, kommt man laut Lebensmittelzeitung bei der Kalkulation auf Gesamtkonditionen auf bis zu 1,92 Prozent.

Als Gegenleistung verpflichtete sich Kaufland zu Distributionen und dazu, Maßnahmen zu treffen, um den Verkauf zu fördern. Laut Lebensmittelzeitung kommt je nach Lieferanten schnell ein sechsstelliger Eurobetrag zusammen und für Kaufland könnte am Ende eine Ersparnis im dreistelligen Millionenbereich herauskommen.

Für Branchenkenner käme das mögliche Vorgehen Kauflands nicht überraschend. Sie hatten damit gerechnet, dass der Lebensmittelkonzern die bereits erreichten Konditionen mit allen Mitteln versuchen würde zu halten. Nachdem das Bundeskartellamt ein Machtwort gesprochen hatte, lenkte Kaufland Ende Juli ein und gab gegenüber den Lieferanten die Sicherung, dass die Sonderkonditionen mit dem 31. Dezember 2022 enden würden. Der Konzern wollte so laut der Lebensmittelzeitung das Bundeskartellamt milde stimmen, welches Ermittlungen wegen des Verdachts auf Verletzung des Anzapfverbots nicht weiter fortführte.

Man ging damals davon aus, dass mit dem Versprechen von Kaufland eine Integration der Konditionen vom Tisch sei. Konzernchef Andreas Schopper versprach damals in einem mit dem Bundeskartellverband abgestimmten Schreiben: „Die Märkte werden in das Jahresgespräch 2023 integriert.“ Schon damals hatten laut der Lebensmittelzeitung Hersteller die Sorgen, dass bei dem Schreiben doch die Tür für eine Dauerkondition offen ist.

Neue Konditionen und eventuelle Gegenleistungen entscheidend

Nun versucht Kaufland offensichtlich auf dieses Schreiben Bezug zu nehmen und den Herstellern zu belegen, dass sich die aktuelle Intention des Konzerns im vom mit dem Bundeskartellamt abgestimmten Rahmen bewegt. Um dies zu unterstreichen, bringt Kaufland verschiedene Optionen ins Gespräch, damit die Beträge aus der Real-Kondition weiter beibehalten werden können. So ist zu vernehmen, dass diese Konditionen bei einigen Lieferanten in andere Konditionen mit einfließen und bei anderen auf direktem Weg in den Einkaufspreis kalkuliert werden sollen. Auch eine neue Kondition steht laut der Lebensmittelzeitung zur Debatte. Alle Optionen sollen am Ende eine Gemeinsamkeit haben: Kaufland will mit allen Mitteln die Sonderkonditionen in kompletter Form beibehalten.

Inwieweit der Konzern kartellrechtliche Vorgaben verletzt, entscheiden am Ende die exakten Details der neuen Konditionen und die Gewährung eventueller Gegenleistungen. Es dürfte für Kaufland laut der Lebensmittelzeitung schwierig werden die Distributionen noch auszuweiten, da der Konzern vor hat die Integration des Real-Pakets bis Jahresende abzuschließen.

Markenverband hält Vorgänge für fragwürdig

Beim Industrieverband Markenverband kommt das Vorgehen von Kaufland nicht gut an. Man gibt an, dass die Intention des Konzerns eventuell gegen das Anzapfverbot verstößt. Der Verband verweist auch auf Bestimmungen aus dem Agrarorganisationen- und Lieferkettengesetz, welches auch von einem Verstoß betroffen sein könnte. Andreas Gayk vom Markenverband wird gegenüber der Lebensmittelzeitung deutlich: „Die Vorgänge halten wir für rechtlich sehr fragwürdig. In jedem Fall verstößt Kaufland aus unserer Sicht gegen die Intentionen des Bundeskartellamts.“

Das Bundeskartellamt gab laut der Lebensmittelzeitung an, dass man sich nicht zu der Vorgehensweise von Kaufland äußern kann. Der Konzern selbst machte über eine Sprecherin deutlich, dass man aktuelle Jahresgespräche nicht kommentiert. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation zwischen Kaufland und den Lieferanten entwickelt und ob der Konzern tatsächlich kartellrechtlich in Schwierigkeiten kommt, oder eben nicht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Zinsen: Warum Europas Geldpolitik zur Falle werden könnte
17.12.2025

Die EZB signalisiert das Ende der Zinssenkungen – und plötzlich zieht die Eurozone die Risiken einer neuen Straffung an. Europas...

DWN
Politik
Politik Drohnenabwehrzentrum startet: Bund und Länder bündeln Kräfte zur Gefahrenabwehr
17.12.2025

In Berlin startet ein neues Drohnenabwehrzentrum, das Behörden, Bundeswehr und Nachrichtendienste enger verzahnen soll. Drohnensichtungen...

DWN
Politik
Politik EU-Parlament macht Weg für Verzicht auf russisches Gas frei
17.12.2025

Die EU steuert auf einen harten Schnitt zu: Spätestens 2027 soll Schluss sein mit russischem Gas. Doch Ausnahmen, LNG und der Streit mit...

DWN
Politik
Politik Aus Bürgergeld wird Grundsicherung: Kabinett schickt mehrere Reformen auf die Strecke
17.12.2025

Letzte Kabinettsrunde vor Weihnachten: Von Grundsicherung über Rente bis Kurzarbeitergeld treibt die Regierung mehrere Reformen an. Auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bank bringt den Wero-Bezahldienst zu Millionen Kunden
17.12.2025

Der Wero-Bezahldienst erreicht jetzt Millionen Bankkunden: Deutsche Bank und Postbank schalten den vollen Funktionsumfang frei. Europa...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Eurozone: Inflation im November bei 2,1 Prozent
17.12.2025

Die Eurozone-Inflation wirkt auf den ersten Blick stabil – doch eine neue Eurostat-Schätzung verändert den Blick auf den November. Auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Steve Jobs und die Zukunft der Führung: Warum Chefs jetzt umdenken müssen
17.12.2025

Der Mittelstand arbeitet noch nach Regeln von gestern – doch die Herausforderungen von heute lassen sich damit kaum lösen. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland: Ifo-Index schwach – Jahr endet ohne Aufbruchsstimmung
17.12.2025

Der Ifo-Index sendet zum Jahresende ein klares Warnsignal für Deutschlands Wirtschaft. Sinkende Erwartungen, enttäuschte Hoffnungen und...