Politik

Kosovo will Ende 2022 Antrag auf EU-Mitgliedschaft stellen

Der Ukraine-Krieg beschleunigt die EU-Aufnahme des Balkans. Der Kosovo will noch dieses Jahr einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Union stellen.
06.12.2022 16:29
Lesezeit: 2 min

Das Westbalkan-Land Kosovo will noch 2022 einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union stellen. Sie werde sich dafür einsetzen, dass die von Brüssel geforderten Gespräche mit Serbien stattfänden, um die noch bestehenden Differenzen zu lösen, sagte Präsidentin Vjosa Osmani am Dienstag in Tirana zu Beginn des EU-Westbalkan-Gipfels.

Bei dem Treffen, an dem auch Kanzler Olaf Scholz teilnimmt, wird Thema sei, inwieweit die Annäherung der sechs Westbalkan-Staaten an die EU beschleunigt werden kann. "Ich werde heute hier vor allen Staats- und Regierungschefs der EU ankündigen: Der Kosovo wird seinen Antrag auf EU-Mitgliedschaft bis Ende dieses Jahres einreichen", sagte Osmani.

Fünf Staaten des westlichen Balkans - Albanien, Bosnien, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien - befinden sich derzeit in unterschiedlichen Phasen des EU-Beitrittsprozesses. Der Kosovo, der 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt hatte, hatte jedoch als einziger Staat noch keinen Antrag gestellt. Das Land wird von einigen EU-Staaten wie Spanien noch nicht als unabhängig anerkannt.

Scholz und die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dringen seit Monaten darauf, dass schon wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 und des russischen Einflusses auch im Westbalkan die EU-Aufnahme der Länder beschleunigt werden müsse. Druck entsteht auch dadurch, dass die EU mittlerweile der Ukraine eine Mitgliedschaft angeboten hat - der Beitrittsprozess mit den Westbalkan-Staaten aber bereits seit 19 Jahren läuft.

Zuletzt waren vor allem die Spannungen zwischen den Regierungen in Belgrad und Pristina wieder hochgekocht, auch wegen Autokennzeichen für die serbische Minderheit im Kosovo. Serbien steht zudem unter Druck der EU-Staaten, sich ebenso wie die anderen Beitritts-Aspiranten den EU-Sanktionen gegen Russland anzuschließen.

"Es sollte eine Rolle spielen, ob man heute an der Seite der Ukraine steht oder an der Seite Russlands, und es sollte eine Rolle spielen, ob man Sanktionen gegen Russland verhängt oder nicht", kritisierte auch die Präsidentin des Kosovo. Der serbische Präsident Aleksandar Vucic betonte dagegen bei seiner Ankunft auf dem Gipfel: "Ist Serbien zu nah an Russland? Serbien ist ein unabhängiges Land." Serbien sei "auf dem Weg in die EU, und das wird auch so bleiben", es müsse aber auch seine eigenen Interessen verteidigen.

Die EU-Staaten, die bis auf Spanien alle mit ihren Staats- und Regierungschefs in Tirana vertreten sind, hatten sich zuletzt mehrfach mit den sechs Westbalkan-Staaten getroffen. "Ich bin fest davon überzeugt, dass die Zukunft unserer Kinder sicherer und wohlhabender sein wird, wenn der westliche Balkan der EU angehört, und wir arbeiten sehr hart daran, Fortschritte zu erzielen", sagte EU-Ratschef Charles Michel zu Beginn des Treffens.

Unterdessen deutete der belgische Premierminister Alexander De Croo aber an, dass der Weg zum Beitritt für die westlichen Balkanländer noch lang sein wird. "Wir wissen, dass es Fortschritte gibt, wir wissen, dass es den Ehrgeiz gibt, diese Fortschritte schneller zu machen ... aber es gibt keine Abkürzung", sagte er. In den vergangenen Jahren hatte es vor allem aus den Niederlanden, Frankreich, zuletzt aber auch Bulgarien immer wieder Einwände gegen einen zu schnellen Beitrittsprozess gegeben.

Als konkreten Schritt in Richtung Integration unterzeichneten Telekommunikationsbetreiber aus der EU und die sechs Staats- und Regierungschefs der westlichen Balkanstaaten am Dienstagmorgen eine Vereinbarung über eine Senkung der Daten-Roaminggebühren ab Oktober 2023. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trumps Handelskrieg zwingt EU und China zu einer Annäherung – doch der Preis ist hoch
26.04.2025

Der eskalierende Handelskonflikt zwischen den USA und China zwingt die EU zu einem Strategiewechsel. Doch der geopolitische Preis ist hoch...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB in der Zwickmühle: Zinssenkung befeuert Immobilienmarkt – Gefahr einer neuen Kreditblase?
26.04.2025

Der Druck auf die Europäische Zentralbank wächst, während die Zinsen sinken und der EURIBOR neue Tiefstände markiert. Was bedeutet das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Funkmast auf Futterwiese: Das verdienen Landwirte mit Mobilfunkmasten
26.04.2025

Wer als Landwirt ungenutzte Flächen oder Scheunendächer für Mobilfunkanbieter öffnet, kann mit Funkmasten stabile Zusatzeinnahmen...

DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....