Politik

Illegale Migration: Deutsche Bundespolizei soll in Schweizer Zügen kontrollieren

Die Bundesregierung und das Schweizer Justiz- und Polizeidepartement reagieren auf die Einwanderungswelle und haben gestern einen Aktionsplan beschlossen. Mit ihm will man effektiver gegen Schleuser und illegale Einwanderer vorgehen.
14.12.2022 16:00
Lesezeit: 3 min
Illegale Migration: Deutsche Bundespolizei soll in Schweizer Zügen kontrollieren
26. Januar 2022, Buchs: Ein Schweizer Grenzwächter steht auf einem Bahngleis vor Flüchtlingen die mit einem Zug aus Österreich angekommen sind. Seit dem Sommer 2021 gelangen vermehrt afghanische Flüchtlinge an den Grenzbahnhof und werden von Grenzwächtern aufgegriffen. (Foto: dpa)

Deutschland einigt sich mit der Schweiz auf einen Aktionsplan zur Bekämpfung der illegalen Migration. Seit Herbst 2022 hatte die Diskussion um die illegale Migration medial immer stärker zu genommen. Nun reagiert die Bundesregierung gemeinsam mit der Schweiz auf die Vorgänge.

SBB leitete Migranten nach Deutschland weiter

Anfang Oktober hatte eine Recherche des SRF (Schweizer Rundfunk und Fernsehen) ergeben, dass Schweizer Grenzschutzbeamte seit August 2021 Tausende Flüchtlinge in Buchs (Kanton St. Gallen) bei der Einfahrt von Nachtzügen aus Wien kontrollierten. Es wurden Fingerabdrücke gemacht und bei den Flüchtlingen handelte es sich um bereits in Österreich registrierte Flüchtlinge.

Nach Regelung des Dublin-Abkommens hätte der Schweizer Grenzschutz die Flüchtlinge wieder per Zug nach Österreich zurückführen müssen. In internen Weisungen gab die SBB jedoch die Aufforderung an Mitarbeiter, die Migranten nach Zürich durchreisen zu lassen. Anschließend konnten sich diese aussuchen, in welches Land sie ausreisen wollen. Das hatten Interviews mit Flüchtenden in der Reportage des SRF ergeben.

Auf die Reportage folgte Ende Oktober scharfe Kritik aus der deutschen Politik am Vorgehen der SBB und der Schweiz. Nun haben sich die Schweiz und Deutschland auf einen Aktionsplan geeinigt. Ein bisschen spät angesichts der Tatsache, dass bereits tausende von Migranten vom Durchwinken des Schweizer Grenzschutz profitiert haben.

Aktionsplan sieht gemeinsame Polizeikontrollen vor

Der vom Bund veröffentlichte Aktionsplan hat folgende Ziele: Mit ihm soll die irreguläre Migration verhindert und ihre Ursachen bekämpft werden. Man will die irreguläre Weiterwanderung verhindern und die Schleuserkriminalität bekämpfen. Weitere Ziele sind die Verhinderung einer Überlastung der Asylsysteme, vor allem durch nicht schutzberechtigte Asylsuchende, die Sicherstellung von effektiven Rückkehrverfahren, die Stärkung und der Beitrag zur Weiterentwicklung des gemeinsamen europäischen Asylsystems und die Vertiefung der grenzüberschreitenden Kooperation.

Zu den Maßnahmen gehört die polizeiliche Zusammenarbeit beider Länder. Kontrollen auf dem Territorium des jeweils anderen Staates erfolgen auf der Grundlage des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland. Bundespolizisten sollen in Zukunft gemeinsam mit Schweizer Kollegen im Grenzgebiet auf Streife gehen können. So heißt es im Papier: „Es ist das gemeinsame Ziel von Deutschland und der Schweiz, die Maßnahmen zur Verhinderung bzw. Unterbindung der irregulären Migration in bzw. nach Europa zu intensivieren“

Bis Anfang 2023 Planung eines neuen Treffens

Weitere wichtige Maßnahmen sind die Ausarbeitung bereits bestehender Kommunikationsstrukturen zwischen beiden Ländern. Drittstaatenangehörige, die in der Schweiz kein Asylgesuch stellen und die die Einreise bzw. Aufenthaltsvoraussetzungen nicht erfüllen, werden bei einem Aufgriff konsequent angehalten, kontrolliert, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten sicherheitsüberprüft und weggewiesen. Die betroffenen Personen werden anschließend, im Rahmen der jeweiligen rechtlichen und vertraglichen Möglichkeiten, in das Land, aus dem sie eingereist sind, in den zuständigen Mitgliedstaat oder in ihr Herkunftsland (sofern möglich), überstellt.

Deutschland und die Schweiz machen sich außerdem zusammen mit anderen europäischen Staaten dafür stark, dass die Thematik der irregulären Migration regelmäßig an der europäischen Justiz und Innenministerrat (JI) auf dem Programmpunkt steht. Weiterhin wird die Zusammenarbeit im Rahmen der Schweizer Migrationspartnerschaften wie Bosnien-Herzegowina, Serbien, Kosovo und Nordmazedonien intensiviert. Zudem soll die Zusammenarbeit mit Anrainerstaaten des Mittelmeers wie Tunesien, Algerien und Marokko genutzt werden. Bis Anfang 2023 organisieren beide Seiten ein Treffen, um die Maßnahmen zu evaluieren und sich auszutauschen.

Faeser: „Behalten die Kontrolle über Migrationsbewegungen“

Die Schweizer Justizministerin Karin Keller Sutter, betont dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zufolge die Wichtigkeit des Aktionsplans: „Es ist wichtig, dass jedes Land seine Hausaufgaben macht. Aber alleine kann die irreguläre Migration nicht wirksam bekämpft werden, es braucht internationale Koordination und die Absprache unter Nachbarn.“

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte, wie entscheidend und bedeutend der Aktionsplan für beide Länder sei: „Wir setzen auf die enge Kooperation mit unseren Nachbarstaaten wie der Schweiz. Wir wollen zwischen Deutschland und der Schweiz offene Grenzen für unsere Bürgerinnen und Bürger und für den Wirtschaftsverkehr. Die deutsch-schweizerische Grenzregion ist seit jeher wirtschaftlich und kulturell eng verbunden. Zugleich behalten wir die Kontrolle über Migrationsbewegungen. Dabei wollen wir schwerwiegende Maßnahmen wie die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen vermeiden. Mit unserem gemeinsamen Aktionsplan treffen wir deshalb Maßnahmen, mit denen wir insbesondere die Registrierung und Rückführung voranbringen“

Warum man sich so spät auf einen Aktionsplan einigt und man vor allem von deutscher Seite so spät reagiert, bleibt ein Geheimnis von Innenministerin Faeser. Eine Behebung des Grundes für das Weitereisen der Flüchtlinge ist offenbar auch nicht in Sicht. Karin Keller Sutter erklärte laut der Schweizer Aargauer Zeitung, dass die Schweiz für Personen ohne Schutzbedürfnis nicht attraktiv sei, da ein negativer Bescheid sehr schnell vonstatten geht. Viele würden gerne in die Länder reisen, wo bereits ihre Verwandten leben würden, beispielsweise nach Deutschland. Bundesinnenministerin Nancy Faeser musste die niedrige Rückführungsquote im Vergleich zur Schweiz einräumen. In Deutschland würden viel mehr Migranten ohne Schutzbedürfnis bleiben als im Vergleich in der Schweiz.

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