Die FDP stellt sich gegen die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser angestoßene Reform von Einbürgerungen. „Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung des Staatsbürgerschaftsrechts“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte der Rheinischen Post vom Montag. „Es gibt bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration.“
Mit Blick auf die Pläne der SPD-Politikerin Faeser, Einbürgerungen zu beschleunigen, sagte er, die Verleihung der Staatsangehörigkeit sei das Ergebnis einer gelungenen Integration in die deutsche Gesellschaft. „Sie darf nicht am Anfang des Integrationsprozesses stehen.“
In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel hatte Faeser gefordert, Ausländer, die ein qualifiziertes Aufenthaltsrecht haben, künftig nach fünf Jahren einbürgern zu können statt wie bisher nach acht Jahren. Für besonders gut integrierte Menschen gelte ein Zeitraum von drei Jahren. „Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht schaffen wir deshalb Anreize für Integration, statt Hürden aufzubauen und lange Wartezeiten zu verlangen“, schrieb die Bundesinnenministerin.
Die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser kommen der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zu schnell. Es sei richtig, dass diejenigen, die in Deutschland lange leben und arbeiten, schneller integriert werden sollten, sagte Strack-Zimmermann, die dem Vorstand von Partei und Fraktion angehört, am Montag in der Sendung „Frühstart“ von RTL/ntv. „Aber bevor Frau Faeser das zur Chefinnen-Sache macht, sollte sie erst mal dafür Sorge tragen, dass die, die hier illegal sind, die, die möglicherweise auch gesetzlich aufgefallen sind, dass die erst mal ordentlich zurückgeführt werden.“
SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass Ausländer in Deutschland leichter eine deutsche Staatsangehörigkeit erhalten können. Innenministerin Faeser treibt das Thema nun voran. Offen ist die Frage, ob sich dabei erneut ein Streit in der Ampel-Koalition anbahnt.
Union: Deutscher Pass darf nicht entwertet werden
Auch die Union hat sich skeptisch über die Pläne der Innenministerin geäußert. Der deutsche Pass dürfe nicht entwertet werden, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja der Rheinischen Post (Montag). Es müsse weiter gelten: „erst Integration, dann Staatsbürgerschaft.“ Die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit stehe daher am Ende, „nicht am Anfang eines Integrationsprozesses.“
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Anstatt die Migration zu steuern, verteilt die Ampel immer mehr Bleiberechte für abgelehnte Asylbewerber.“ Demnächst solle „sogar die deutsche Staatsangehörigkeit großflächig verteilt werden, ohne zu verlangen, dass die bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben wird.“ Wer aber ein „Bekenntnis für Deutschland“ wolle, müsse eine solche Entscheidung erwarten dürfen.
CSU-Generalsekretär Martin Huber hat die geplanten Änderungen am Staatsbürgerschaftsrecht abgelehnt und der Ampel in dem Zusammenhang vorgeworfen, das Vertrauen in die Politik zu schädigen. „Es gibt keine Notwendigkeit, an den bestehenden Regeln etwas zu ändern“, sagte Huber am Montag in Berlin. Es sei bemerkenswert, dass sich FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai ähnlich äußere. Damit drohe „schon wieder der nächste Ampelzoff.“
Huber sagte, die Staatsbürgerschaftspläne der Ampel zeigten erneut das grundsätzlich unterschiedliche Herangehen von Union und Regierungskoalition an bestimmte Themen. Die Ampel stelle wie beim Bürgergeld die Prinzipien von Fördern und Fordern hintan. Es blieben bei den Plänen viele Fragen offen. So müsse zunächst eine Integrationsleistung eingefordert werden, am Ende könne dann die Einbürgerung stehen.
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Scholz will deutschen Pass unter die Leute bringen
Die Bundesregierung will nicht nur die gesetzlichen Hürden für Einbürgerungen senken, sondern bei länger in Deutschland lebenden Ausländern auch aktiv für die deutsche Staatsbürgerschaft werben. Das kündigten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Parteikollegin, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, am Montag in Berlin bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Deutschland. Einwanderungsland. Dialog für Teilhabe und Respekt“ an.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, ihr persönlich sei es wichtig, die Einbürgerung von Menschen aus der sogenannten Gastarbeiter-Generation zu vereinfachen. Das sei für sie auch eine Frage der Gerechtigkeit. Über die Union, die gegen die doppelte Staatsbürgerschaft als Regelfall und gegen die geplante Verkürzung der Mindestaufenthaltsfristen ist, sagte Faeser: „Sie muss endlich im 21. Jahrhundert ankommen.“ Ihr gehe es darum, „den letzten Staub der Kaiserzeit aus dem Einbürgerungsrecht“ zu klopfen, erklärte Alabali-Radovan.
Scholz sagte: „Eine Demokratie lebt von der Möglichkeit mitzubestimmen.“ Deshalb sei es wichtig, dass Einwohnerschaft und Wahlvolk nicht zu weit auseinander klafften. Scholz erzählte, in seiner Zeit als Erster Bürgermeister von Hamburg sei er bei Einbürgerungsfeiern immer sehr gerührt gewesen. Zu der bisher im Regelfall notwendigen Aufgabe der Staatsbürgerschaft des Herkunftslandes, sagte Scholz: „Ich habe nie verstanden, weshalb wir darauf bestanden haben.“
Es ist zu begrüßen, dass sich Scholz an die Einbürgerungsfeiern zur Zeit seiner Regentschaft als erster Bürgermeister Hamburgs erinnern kann und nicht jenen Gedächtnislücken erlegen ist, die während seiner Gespräche mit hochrangigen Bankern der Warburg Bank aufgetreten sind.