Deutschland

Gedanken zum neuen Jahr: Ein Sturm zieht herauf - was wir jetzt tun sollten

Lesezeit: 31 min
08.01.2023 11:00
Meinungsstark, philosophisch, kontrovers: Bernd Liskes Ausblick auf das neue Jahr und Deutschland in der Zeitenwende.
Gedanken zum neuen Jahr: Ein Sturm zieht herauf - was wir jetzt tun sollten
Ein Mann fährt bei Sonnenaufgang mit seinem Paddelbrett übers Wasser. (Foto: dpa)
Foto: Andrew Matthews

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Erneut hat sich ein Jahr in die Geschichte verabschiedet. Wie lange kein Zweites wird sich 2022 in das kollektive Gedächtnis Deutschlands einbrennen und ich führte schon aus, dass sich die unheilvolle Zahl 33 dabei wie ein Menetekel über unser Land legt: 33 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer läutete Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar die „Zeitenwende“ ein, in der in den kommenden Monaten insbesondere der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk dafür sorgt, dass die deutsche Politik den Treueeid auf die neue Entwicklung leistet, sich scharenweise in das ukrainische Canossa treiben lässt, um die fehlende Souveränität Deutschlands unter Beweis zu stellen und schließlich die Militarisierung Deutschlands ohne große Gegenwehr voranzutreiben, wobei alles ringsherum als Kollateralschäden diskutiert wird, für die Russland und insbesondere Putin die alleinige Verantwortung tragen.

Noch kurz vorher hatte ich zwei Artikel veröffentlicht, in der ich der naiven Vorstellung anhing, Deutschland würde sich als Mittler zwischen den Welten profilieren können. Sie entsprang der „Achtung“ vor dem Bundeskanzler und dem, was er am 10. Dezember 2021 im ARD-Interview zu seiner Absicht erklärte: Er wolle den Spuren von Willy Brandt und Helmut Schmidt folgen. Das hätte der Kanzlerschaft gutgetan, Deutschland hätte einen Nachweis dafür erbracht, dass es souverän agieren kann – insofern auch den, in der Lage zu sein, eine tragende Rolle als ständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat spielen zu können – und der Substanzwert Europas wäre durch sein bedeutendstes Mitglied sicher auch gestärkt worden.

Am 16. Februar schrieb ich – einen Tag nach der Pressekonferenz beim Besuch des Bundeskanzlers in Moskau –,

In diesem Klima, in dem sich die deutsche Politik im Konzert der Kriegstrommeln des Vorwurfs erwehren muss, in außenpolitischen Fragen zögerlich zu sein, fand der Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz bei Präsident Wladimir Putin statt. Die den Besuch abschließende Pressekonferenz zeugt jedoch davon, dass Deutschland weiter beharrlich eine Agenda verfolgt, die nicht jeden Unsinn mitmacht – wenngleich es sich dem Chor der Claqueure einer robusten Haltung gegenüber Russland nicht entziehen kann – und der Bundeskanzler durchaus bemüht ist, sich auf den Spuren von Willy Brandt zu bewegen, dessen Credo es war, dass die Sicherheit des Gegners Teil unserer eigenen Sicherheit ist.

sah aber auch den Druck, dem er nach seiner Rückkehr ausgesetzt war:

Russland hat diese Haltung gewürdigt und Deutschland aufgewertet, indem noch am gleichen Tag der Rückzug von Truppenteilen gemeldet wurde. Doch das dem einem Film gleichende Szenario russischen Handelns trifft auf eine Wirklichkeit, in der Präsident Joe Biden die Gelegenheit verpasst, sich als oberster Friedensstifter zu gerieren.

Schon einen Tag nach dem Besuch zeigt sich, dass die Eskalationsbemühungen ungebrochen sind. Die Bundesregierung fordert nun Beweise für den Teilabzug russischer Truppen, der Generalsekretär der Nato, Jens Stoltenberg, distanziert sich von der Aussage des Bundeskanzlers, ein NATO- Beitritt der Ukraine stände nicht zur Debatte. Es ist anzunehmen, dass es nicht wenige Bemühungen geben wird, Russland zu einem vollständigen Verzicht seiner Sicherheitsforderungen zu bringen, sich jeder eigenen Verpflichtung zu entziehen, jegliche Verhärtung auf Seiten Russlands als Aggression und Grund für Sanktionen zu nutzen sowie False-Flag-Operationen zu entfalten. Es ist nicht auszuschließen, dass Russland Todesopfer in Kauf nehmen muss, um sich dem Hineinziehen in einen Krieg zu entziehen.

Ein unumstößlicher Fakt für mich ist: Bundeskanzler Olaf Scholz hätte am 15.02.2022 den Ukraine-Krieg verhindern können: Er hätte sich nur auf das russische Handeln einlassen müssen. Aber schon am 22. Februar musste ich ernüchtert feststellen: Russland schafft Fakten und sagt: Wir sind souverän, lassen uns nicht weiter an der Nase herumführen und von Sanktionsdrohungen abschrecken.

Der Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Moskau schien der Beginn eines Dialogs der Entspannung zu sein. Daraus entstand meine Analyse "Der Tanz mit dem russischen Bären: Bernd Liske antwortet auf Hauke Rudolph". Doch kaum war der Bundeskanzler aus Moskau zurück, wurde er sofort eingehegt. Nach einem Telefonat mit dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden über den Besuch war klar: Deutschland wird ausgerichtet auf die Konfrontation gegen Russland. In der Erklärung des Bundespresseamtes zum Telefonat heißt es: „Russland müsse echte Schritte zur Deeskalation einleiten. Im Falle einer weiteren militärischen Aggression gegen die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine habe Russland mit außerordentlich gravierenden Konsequenzen zu rechnen.“

Geht man so mit einer Weltmacht um, die Deutschland als einen seiner wichtigsten Partner betrachtet und man selbst noch am Tag davor auf der Pressekonferenz zum Ausdruck gebracht hat: „Jetzt muss es darum gehen, entschlossen und mutig an einer friedlichen Auflösung dieser Krise zu arbeiten. Dass wir jetzt hören, dass einzelne Truppen abgezogen werden, ist jedenfalls ein gutes Zeichen. … Für uns Deutsche, aber auch für alle Europäer ist klar, dass nachhaltige Sicherheit nicht gegen Russland sondern nur mit Russland erreicht werden kann.“?

Dabei hatte Russland den Besuch des Bundeskanzlers durch den Rückzug von Truppenteilen filmreif aufgewertet. In meinen Tweets habe ich schon mehrfach auf den Film „Der Anschlag“ mit Ben Afflek hingewiesen. Darin entzieht sich Russland einer Konfrontation mit den USA durch den Rückzug von Truppen, was die USA mit ihrem eigenen Rückzug goutieren. Egal, wie umfangreich der Rückzug war: Man hätte dieses Entspannungssignal aufgreifen können: Durch den Rückzug von amerikanischen Soldaten aus Osteuropa, durch den Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine, durch eine Stellungnahme Wolodymyr Selenskys zum Wiedereintritt in das Minsker Abkommen.

Aus der erwähnten „Achtung“ heraus habe ich lange die Wahrhaftigkeit dessen angenommen, was der Bundeskanzler auf der Pressekonferenz zum Ausdruck brachte. Das spätere politische Handeln ganz anderer Art führte ich darauf zurück, dass relevante Akteure Möglichkeiten fanden, sein Wirken auf ihrem Sinn auszurichten. Heute neige ich zu einer anderen These.

Schon in seiner Rede am 06. April im Deutschen Bundestag erklärte er, die Sanktionen wären lange vorbereitet gewesen, bevor der Krieg anfing – in der Zeit, in der das zunehmend unruhiger werdende Russland erkennen musste, dass jede Hoffnung auf eine Umsetzung des Minsker Abkommens vergeblich war und es die von ihm gewünschten Sicherheitsgarantien nicht bekommen würde. Das Fass lief dann wohl über, als Präsident Selenskyj am 22. Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz darüber fabulierte, die Ukraine könne sich dem Budapester Memorandum entziehen, was gleichbedeutend mit der Entwicklung zur Nuklearmacht gewesen wäre.

Über längere Zeit hat man sich Russland also so zurechtgelegt, dass es schließlich nur noch zwei Möglichkeiten gab: Russland greift die Ukraine an oder die Ukraine schlägt im Donbass zu – dort, wo Russland über Jahre hingenommen hatte, dass schließlich 15.000 Tote zu beklagen waren. Russland hatte die Wahl zwischen Pest und Cholera: Und entschied sich leider für die Pest. Doch darauf war der Westen längst vorbereitet, so dass der Bundeskanzler schon drei Tage nach Kriegsbeginn seine Rede zur „Zeitenwende“ halten konnte und Sanktionen wie auch 100 Milliarden Sondervermögen für die Ausstattung der Bundeswehr auf den Weg gebracht wurden.

Für die Relevanz dieser These sprechen ausgerechnet die Aussagen von jemand, von dem man hätte annehmen können, dass nach intensiven Jahren zunächst erst einmal Entspannung angesagt ist, bevor man sich vielleicht neuen Projekten zuwendet: Angela Merkel. In einem Interview für die ZEIT sagte sie am 07. Dezember:

„Und das Minsker Abkommen 2014 war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben. Sie hat diese Zeit hat auch genutzt, um stärker zu werden, wie man heute sieht. Die Ukraine von 2014/15 ist nicht die Ukraine von heute. … Es war uns allen klar, dass das ein eingefrorener Konflikt war, dass das Problem nicht gelöst war, aber genau das hat der Ukraine wertvolle Zeit gegeben.“

Man kann nur darüber spekulieren, was sie dazu veranlasst hat, das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit ihres vergangenen Handelns zu erschüttern. Die Altbundeskanzlerin ist nicht dafür bekannt, nicht sehr genau zu wissen, was sie sagt. Doch was kann der Grund dafür sein, hier so offen zu bekennen, dass sie Russland jahrelang am Nasenring durchs Dorf gezogen hat – denn die These, sie hätte Russland davon abhalten wollen, die Ukraine zu überrollen, wird spätestens obsolet, wenn man berücksichtigt, dass Russland es war, dass auf die Einhaltung des Minsker Abkommens drang und 15.000 Tote in den abtrünnigen Gebieten in den darauffolgenden Jahren genügend Gründe geliefert hätten, dem Vorwurf gerecht zu werden, stattdessen aber der Westen keine substanziellen Bemühungen unternahm, auf die Durchsetzung des Abkommen zu dringen und darüber hinaus die Ukraine aufrüstete.

War es die Bemühung, den Druck abzubauen, dem auch sie ausgesetzt wurde, um den Treueeid auf die „Zeitenwende“ derart zu leisten: Ich war eine von Euch, also bin ich eine von Euch? Auf jeden Fall war das Interview keine Bewerbung für den Posten des UNO-Generalsekretärs und sicher ist, dass es seinen Beitrag für die Vertiefung der Blockbildung in der Weltgemeinschaft leistet. Es wird schwer werden, von Vertrauen geprägte Kommunikation wieder aufzubauen und Verträge zu schließen, weil der Westen vor aller Welt dokumentiert, dass seinen Worten und Taten kein Glauben geschenkt werden kann und Verträge mit ihm nichts wert sind, weil er besessen davon ist, mit perfider Methodik unter der Fahne der Demokratie koloniales Streben neu zu beleben und sich die Welt Untertan zu machen.

Legt man das Zeugnis Angela Merkels über ihr eigenes politisches Handeln über das von Olaf Scholz, so muss man leider zu der Feststellung kommen: Ja, das passt wohl für die Annahme, dass der Bundeskanzler nicht auf den Spuren von Willy Brandt, sondern seiner früheren Chefin wandelt. Doch das hat Konsequenzen. Es macht zunächst einmal die Reise nach Moskau zu einer Seifenblase ohne substanziellen Wert in Kontinuität zu der Hinhaltepolitik im Zusammenhang mit dem Minsker Abkommen. Doch ist es nicht so, dass sich nicht nur die Weltgemeinschaft fragen muss, ob sie deutschen Zusagen zukünftig Glauben schenken kann, sondern dass sich auch die Bürger fragen müssen: Was treiben die da eigentlich? Ist es nicht so, dass die „Zeitenwende“ seit langem mit dem Ziel vorbereitet wurde, Russland nachhaltig zu schwächen, dabei die Folgen für das eigene Volk aber keine Rolle spielten? Erwächst das Handeln, dass wir sehen, noch aus dem Bemühen, dem Wohl des Volkes zu dienen und Schaden von ihm abzuhalten?

Auch hier müssen Zweifel angebracht werden und das fängt schon mit der Einordnung der Rede zur „Zeitenwende“ an, die ganz offensichtlich nur ein wohlgeplanter Zug der schon längst begonnenen Umsetzung eines komplexen Szenarios war, für das möglicherweise das Papier der Rand Corporation von 2019, „Extending Russia“, die Blaupause war – was das Interview des Bundeskanzlers in der ARD am 10. Dezember 2021 in ein ähnliches Licht rückt wie die Reise nach Moskau: PR für das Gutmenschentum des Westens.

Denn die Intonierung war von einem orchestralen Feuerwerk sofort wirksam werdender Aktivitäten begleitet, dass in meinen grauen Zellen die schon mehrfach geäußerten Vorstellungen über die Natur dieses Krieges erheblich beeinflusste und es ist für mich eine der Unbekannten in dieser Auseinandersetzung, warum Russland diese Natur über lange Zeit nicht – so richtig bis heute nicht – kommunikativ offenlegte und Gründe für seine Intervention nannte, die nur indirekt als solche herhalten konnten und den eigentlichen Konflikt marginalisieren.

Atreyu: Aber warum stirbt dann Phantasien? G’mork: Weil die Menschen angefangen, ihre Träume zu vergessen und ihre Hoffnungen zu verlieren. So wird das NICHTS immer stärker. Atreyu: Was ist denn das NICHTS? G’mork: Es ist die Leere, die zurückbleibt. Eine Art Verzweiflung. Sie zerstört unsere Welt. Und ich habe versucht, dem NICHTS zu helfen. Atreyu: Weswegen? G’mork: Weil man Menschen, die ohne Hoffnung sind, leichter unter Kontrolle halten kann. Und wer die Welt unter Kontrolle hält… der hat die Macht.

Aus „Die unendliche Geschichte“ von Wolfgang Petersen (*1941) nach Michael Ende (1929 – 1995)

Da haben wir zunächst die Sanktionspakete, die schon bevor der erste Schuss in der „Zeitenwende“ fiel, aus Brüssel abgefeuert wurden und zeigten, dass in den Sanktionssilos die Sprengköpfe längst montiert und die Raketen aufgetankt waren, so dass der Countdown jederzeit ausgelöst werden konnte. Parallel dazu kam es wie in den Kriegen im Irak und in Jugoslawien zu Flächenbombardements. Hier ging es jedoch nicht um die Zerstörung der Wasser- und Energieversorgung sowie anderer kritischer Infrastrukturen von Land, Wasser und Luft aus: Nein, die Flächenbombardements dieses Kriegs neuer Art erfolgen durch die mediale Artillerie in den gedachten Raum der Bevölkerung mit dem Ziel, eine verbrannte, russophob geprägte, monokulturelle Verblödungs-Erde zu hinterlassen, um so den Sanktionen und weiteren in der Folge ausgelösten Maßnahmen der gefahrlose Weg zu ebnen.

Das Konzept des Network Centric Warfare 4.0 findet seinen Weg in den gedachten Raum, aus dem es in den realen Raum wirkt und der Ukraine-Krieg ist ein Testbed für diese neue Qualität vernetzter Operationsführung, in der die Sanktionen und die Medien als fünfte und sechste Teilstreitkraft wirken: Ein Testbed auch dafür, wessen und welcher Qualifizierung es noch bedarf, um China zu überdehnen.

Kann all dieses Handeln als Reaktion auf die Aggression Russlands gewertet werden? Nein, ganz klares Nein. Trotz aller von mir frühzeitig geäußerte Meinung, dass der Krieg Russlands ganz ohne Zweifel ein Verbrechen ist, kann der Blick darauf nur eine Singularität mit Blick auf die notwendigerweise zu berücksichtigende Komplexität sein und in der dominiert die Wahrnehmung, dass der Westen unter der Fahne der Demokratie einen Krieg gegen Russland führt – eben nicht nur in der Ukraine. Es gibt jemanden, der das genauso sieht: Papst Franziskus. In seiner Weihnachtsbotschaft Urbi et Orbi an 1. Weihnachtsfeiertag sagte er:

„Unsere Zeit erlebt auch in anderen Regionen, an anderen Schauplätzen dieses dritten Weltkriegs, einen schweren Mangel an Frieden.“

Es dürfte jedem einleuchten, dass es sich bei dem Krieg in der Ukraine nicht um einen Weltkrieg handelt, sondern nur um einen der Schauplätze dieses Krieges und man trotz aller Behauptungen nichts erkennt, aus dem eine Annahme gestärkt wird, Russland würde den Westen angreifen wollen – man aber sehr wohl erkennt, dass dieser Krieg eine Vielzahl von Nationen einbezieht und nicht nur eine räumliche Ausdehnung hat. Interessant an der Feststellung des Papstes ist aber sicher auch, dass er Konflikte in anderen Regionen der Erde systemisch zurückführt auf diesen großen Krieg.

Es erscheint mir unmöglich, derartiges Handeln als nützlich für das deutsche Volk zu betrachten. Das die Sicherheit Deutschlands irgendwo auf der Welt dadurch größer wird, dass wir dort intervenieren, wird nicht dadurch sinnhafter, dass anstelle des Hindukusch nun die näherliegende Ukraine dafür herhalten soll. Weder lässt sich mit einem solchen Blickwinkel ein 20-jähriger Krieg gegen die über eine regionale Bedeutung nicht hinausgehenden Taliban rechtfertigen – den wir letztendlich verloren haben, weil wir es nicht bei einer Kommando-Aktion gegen Al-Qaida beließen –, noch bringen uns die immer weiter eskalierenden Waffenlieferungen mehr Sicherheit, da nichts, aber auch gar nichts auf ein Bemühen Russland schließen lässt, unsere Sicherheit zu gefährden, es stattdessen Russland darum geht, für seine eigenen Sicherheit Sorge zu tragen und von mir durchaus längerfristig gesehene Sicherheitsprobleme nicht durch militärische Interventionen sondern durch die Stärkung des Substanzwertes der westlichen Demokratien erreicht werden kann.

Ganz im Gegenteil zeigt die Entwicklung seit Februar, in welchem Umfang Deutschland durch diese Politik gestresst und in Gefahr gebracht wird. Ohne Not für unser Land haben wir die für die wirtschaftliche Prosperität der letzten Jahre maßgebliche billige und stabile Energieversorgung hektisch für unsichere, teure und klimaschädliche neue Abhängigkeiten geopfert, die für die deutsche Wirtschaft im globalen Wettbewerb dauerhafte Wettbewerbsnachteile und für die Bevölkerung eine Vervielfachung der Energiepreise zur Folge haben. Für unser Land bedeutet das die Gefahr der Deindustrialisierung – zumal die USA nun mit billiger Energie und Investitionsprogrammen locken –, für die Unternehmen geringere Renditen mit Folgen für die Finanzierung von F&E und die Sicherung von Arbeitsplätzen sowie für die Bevölkerung Einschränkungen beim Lebensstandard und für nicht wenige Verarmung über die Grenzen der Sozialhilfe hinaus.

Dabei stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung mit ihren Implikationen aus der „Zeitenwende“, die mit der Rede des Bundeskanzlers am 27. Februar, der Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier am 28. Oktober, dem Meinungsbeitrag des Bundeskanzlers am 05. Dezember für FOREIGN AFFAIRS und dem Interview von Angela Merkel am 07. Dezember ziemlich fest im deutschen Boden verankert wurde.

Wie wenig derartige Folgen das politische Handeln nicht beeinflussen und andere Prioritäten dominieren, zeigt sich an einigen Äußerungen führender Politiker. Der Bundeskanzler macht sich darüber lustig, dass jemand seine Öl- gegen eine Gasheizung ausgetauscht hat, Altbundeskanzler Gauck sinniert darüber, dass man für den Frieden schon mal frieren kann, Ministerpräsident Kretschmann verweist auf die Bedeutung des Waschlappens für die Energiesicherheit und schult in der Herunterregelung einer Heizung, Robert Habeck empfiehlt, kalt und kürzer zu duschen. Annalena Baerbock bringt das zugrundeliegende Denken auf den Punkt, wenn sie zu Ausdruck, es sei ihr egal, was ihre deutschen Wähler denken, wenn sie die Ukraine bedingungslos unterstützt. Die darin zum Ausdruck kommende Haltung wird nicht durch die Vielzahl von Entlastungspaketen korrigiert, denn sie sind nur die Begleitmusik für die Umsetzung der primären politischen Ziele – die sich auch darin manifestieren, dass dieses Denken keine Alternativen kennt, aus denen ein Nachdenken erwächst, wie Russland seine Ziele ohne Intervention in der Ukraine erreichen kann und Verhandlungen dieses Ergebnis herausarbeiten.

Eine Politik, die nicht von vornherein darauf ausgerichtet ist, dem deutschen Volk zu dienen und erst im zweiten Schritt bemüht ist, die Folgen dessen, was man angerichtet hat, zu mildern, benötigt ein Volk, mit dem man das machen kann und auf die fundamentale Verfasstheit unserer Gesellschaft und ihre beschränkte Resilienz gegen Entwicklungen, die ihr mittel- und langfristig schaden können, bin ich schon mehrfach eingegangen – 1, 2, 3. Die Mangelernährung mit dem russophoben Einheitsbrei der letzten Monate hat das sicher weiter verstärkt. Auf der anderen Seite ergibt sich daraus logisch, wie sehr das Volk Einfluss auf die Art und Weise der Auseinandersetzung unseres Landes mit gesellschaftlichen Herausforderungen nehmen könnte.

Die Deutschen mögen keine konventionellen Dialoge.

Sie bevorzugen Monologe – sie schweigen und denken sich ihren Teil –

oder sie diskutieren mit Dritten, was sie bewegt.

Aus dem Mangel an Auseinandersetzung erwächst die Schwäche an Kritikkompetenz

und aus ihr der Mangel an Belehrbarkeit.

Ein solches Volk – trainiert im Schweigen – redet lieber über- statt miteinander,

grenzt aus statt einzubinden, ist eher unterwürfig

statt demütig und aggressiv statt ausgleichend, stärkt den Schein

anstatt das Sein, stärkt lieber die Rüstung statt die Moral.

Ein solches Volk – ausgestattet mit fast allem, was notwendig ist,

um Geschichte zu schreiben –, macht sich auf, Geschichte zu werden.

Es liegt an seinem Wesen.

Wer meine Texte über die Jahre kennt, weiß, dass ich immer wieder bemüht bin, dieser Dialektik aus dem Wirken auf den verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen auf die Spur zu kommen – insbesondere mit dem Ziel, aufzuzeigen, wie das eigene Handeln oder Nichthandeln auf das große Ganze wirkt.

Eine zunehmende Selbstbestimmtheit jedes Einzelnen von uns

erbringt für unser Land einen ähnlichen Beitrag wie der Wassertropfen,

der dem Strom seine Kraft gibt.

Und so will ich auch hier ein paar Ebenen nach unten springen und einige aktuelle Erfahrungen von mir reflektieren – was immer ich empfehle, erwächst auch aus meinem Tun. Es geht um Bemühungen im Bildungsbereich und auch wieder um die Judikative, die sich zu einem Lieblingsthema bei mir entwickelt hat, weil einem dort – im Gegensatz zu vielen anderen Beispielen, wo man sich erst mal auf die Maßstäbe einigen muss, aus denen eine Bewertung über Sinn und Unsinn erfolgen kann – mit dem Grundgesetz, dem Recht und der Rechtsprechung Maßstäbe – Normale – zur Verfügung stehen, an denen man sich orientieren – etwas messen – kann. Zunächst ein paar grundlegende Bemerkungen.

Ich bin seit vielen Jahren bemüht, mit meinen Analysen, Ideen, Konzepten und Produkten Beiträge für die Fortentwicklungen unseres Landes zu leisten. Ausgangspunkt dafür sind eine Erziehung zur Verantwortung und eine Freiheit im Denken, die sich oft an Dingen reibt, hinsichtlich derer man sich oft fragen kann, was sie mich angehen, doch ist es gerade das in unserem Land so vernachlässigte Querdenken, das in vielen Themenfeldern befruchtend wirken kann. Bei meinen Bemühungen konnte ich viele Erfahrungen mit einem großen Spektrum an Widerständen und Bemühungen sammeln, mein Wirken einzudämmen, so dass mein Nachdenken darüber immer nicht wenig Raum einnahm – sehr viel Raum in PRISM – Ein Lehrstück für unsere Demokratie, wo ich meine Erfahrungen in der NSA-Affäre aufarbeitete. Da ich in meinem Handeln weder Arg noch Eigennutz, aber ein auf Nützlichkeit ausgerichtetes Denken sehe, praktiziere ich es unbeeindruckt weiter – zumal es meine Kompetenz dafür immer weiter stärkt.

Unterstützung bekam ich kürzlich durch den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, der etwas überaus Wichtiges zum Ausdruck brachte, mit dem er maßgeblich auf die Erfüllung seine Hauptaufgabe hinwirken kann – wenn er seiner eigenen These „Achtung“ entgegenbringt: Die Verfassung zu schützen.

Also anders kann man eigentlich gar nicht ausdrücken, wie sehr man dieses System eigentlich respektiert, wenn man eben die Funktionsträger zum Handeln auffordert.

Er sagte das mit Blick auf die öffentliche Diskussion um die „Letzte Generation“, doch hat der Satz ohne Zweifel eine grundlegende Bedeutung und ist letztendlich eine Empfehlung für jeden Bürger: Setzt euch ein, kommt hinter dem Ofen vor, beschäftigt euch mit gesellschaftspolitischen Fragestellungen, denn euer Land braucht euch. Die Bedeutung kommt jedoch nur zum Tragen, wenn man dem, der etwas ausdrückt und dem, was er ausdrückt, „Achtung“ entgegenbringt. „Achtung“ ist ein Thema, dem ich mich in meinen Neujahrswünschen des vergangenen Jahres zugewandt habe – was mir zugegebenermaßen erst im weiteren Verlauf des Jahres auffiel –, und zu dem Bild führte, es wäre wichtig, „Achtung“ vor allen und allem zu haben. Ich kann dem Leser empfehlen, sich in den Text zu vertiefen.

Werte vergehen, wenn sie nicht aufgegriffen und gelebt werden.

Wertloses breitet sich aus, wenn man es einfach hinnimmt.

Wie die Umgebung das Staubpartikel zur Schneeflocke werden

oder unbeachtet wieder zu Boden fallen lässt,

ergeht es auch einem Gedanken, der zum Lichte strebt.

„Achtung“ in der primär durch den Zeitgeist genutzten Ichbezogenheit reduziert sie auf das Ziel, dem eigenen Nutzen zu dienen: Den zu achten, der einem nutzt, darauf zu achten, sich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen, darauf zu achten, lieber zu schweigen. So geht die „Achtung einher mit vielfältiger Missachtung und ich denke, dass dieses Schicksal auch den Satz von Thomas Haldenwang ereilt.

Dem steht die „Achtung“ als universelle soziale Norm gegenüber und die Beachtung als Futter für die grauen Zellen, wobei nicht von vornherein der eigenen Nutzen im Vordergrund steht, sondern die kreativ-schöpferische Auseinandersetzung mit dem beachteten. „Achtung“ ist daher nicht nur ein wichtiger Beitrag, um Werte zu stärken, denen wir uns aus unserer religiösen und humanistischen Prägung verpflichtet fühlen, sondern insbesondere auch durch die aus ihr erwachsene Auseinandersetzung ein wichtiger Impulsgeber und so insgesamt ein Beitrag, um den Substanzwert unserer Gesellschaft zu stärken. Über den Prozess und die möglichen Folgen der Auseinandersetzung habe ich wie folgt geschrieben:

Und so kann die diskutierte Chance des Westens auch so zum Ausdruck gebracht werden: Die Menschwerdung des Affen mit der Demokratie zu verbinden und dafür die Basisinnovation des sechsten Kondratieff bereitzustellen. Um die Völker nicht wie Moses in das gelobte Land zu führen, sondern sie zu motivieren und zu ertüchtigen, tiefer in den gedachten Raum vorzudringen, um von dort aus edel, hilfreich und gut in den realen Raum zu wirken: Um Impulse zu verarbeiten, nach Ideen und Alternativen zu suchen, Visionen zu entwickeln, Dinge in Frage zu stellen, Zusammenhänge zu erkennen, sich mit dem eigenen Denken und Handeln zu beschäftigen. Mit allen Folgen für die psychosoziale Gesundheit, den Klimaschutz, die Entkrampfung der Spannungen in der Welt, den Umgang mit dem technologischen Fortschritt, die Bewältigung von Herausforderungen wie die Corona-Pandemie und vieles andere.

Das Faszinierende am Allgemeinen

ist die entfaltbare Vielfalt des Konkreten.

Die einfache Antwort auf die Frage nach Impulsen für die Menschwerdung lautet dann: Durch Auseinandersetzung entlang der Werte, denen sich die Menschheit durchaus schon verpflichtet sieht, hinsichtlich derer es ihr aber nach wie vor schwerfällt, sie zu leben.

Aus Bernd Liske, „Aphorismen für die Menschwerdung des Affen“

Wenden wir uns also den zwei Erfahrungen von mir zu, die von einem hohen Maß an „Achtung“ geprägt sind. Das erste Beispiel leitet sich aus meiner Überzeugung ab, dass ich einem kriminellen Handeln des Finanzamtes Magdeburg ausgesetzt war, dass durch Entscheidungen mehrerer Gerichte unter massiver Verletzung des Grundgesetzes, des Rechts und der Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland legitimiert wurde – wie ich in meinem Beitrag zum 09. November schon ausführte. Mein Vertrauen in meine Logik und meinen gesunden Menschenverstand bei der Auseinandersetzung ist derart groß, dass ich so frei war, die das alles dokumentierenden Schriftsätze in meinem aktuellen Buch Willkür – Einblicke in die deutsche (Un-) Rechtsprechung zu veröffentlichen – auch auf die Gefahr hin, mich lächerlich zu machen.

Eine Rechtsprechung, die nicht dem gesunden Menschenverstand folgt,

nutzt dem deutschen Volk genauso wenig wie eine auf lateinisch verfasste Bibel.

Aus meiner Freiheit leitete sich kürzlich die Bemühung ab, den Fall dem Generalbundesanwalt anzutragen. Dem daraus erwachsenen Schriftwechsel kann man entnehmen, dass er sich zwar insofern damit auseinandersetzte, als dass er mir schrieb – allerdings nur aus der Bemühung heraus, sich einer Auseinandersetzung zu entziehen.

Die Annahme, weitsichtig zu sein, um so Dinge aus der Entfernung

vermeintlich gut zu überblicken, sollte nicht davon abhalten,

die Kurzsichtigkeit zu schärfen,

um so auch aus der näheren Betrachtung Nutzen zu ziehen.

Ich möchte das an einem Aspekt beleuchten, der wesentlich meine Begeisterung für unser Recht und mein Bemühen, es durch originäre Nutzung zu schützen, beeinflusst hat: Es ist die Bedeutung des § 17 a des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG), in dem es insbesondere heißt:

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges.

Der Paragraf ist Ausdruck dessen, dass in Deutschland – eigentlich – Ordnung herrscht. Es hält sich nur zunehmend niemand daran. Wie bekommt man das mit? Mit „Achtung“. Und so schrieb ich dem Generalbundesanwalt abschließend:

Dem GVG kann zwar entnommen werden, dass es um die Existenz des Generalbundesanwaltes weiß. Es kennt jedoch nicht das Bemühen, einen als nicht zulässig betrachteten Rechtsweg an den Rechtsuchenden zurückzuverweisen. Ebenso wenig kann dem GVG eine Diskussion über zu berücksichtigende föderale Eigenheiten entnommen werden, die es Ihnen erlauben, in dieser Weise mit mir umzugehen. Schlussendlich muss ich mich wohl dafür entschuldigen, dass ich es in der bisherigen Korrespondenz versäumte, Sie auf § 16 Satz 2 GVG aufmerksam zu machen: Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

Insofern nehme ich mit Bedauern als Erfahrung aus meinen Bemühungen um Sie zur Kenntnis, dass Sie dem GVG nicht gerecht werden und sich Ihr Handeln systemisch nicht von dem unterscheidet, dass ich umfangreich in meinem Buch beschrieben habe – woraus Sie evtl. die Veranlassung ableiten könnten, das GVG zu überarbeiten, um so für Ihr Handeln ein Recht zu haben, auf dass Sie sich berufen können, ohne damit konfrontiert zu werden, nicht rechtskonform zu handeln.

Normal sein ohne Normal, macht normal sein zum Normal.

Den eigentlichen und wesentlichen Punkt hatte ich aber vergessen, zu erwähnen: Wer fühlt sich verantwortlich, wenn das bestehende System versagt?

Ordnung und Disziplin sind gut. Schafft man sich jedoch nicht die Möglichkeit,

sie zu durchbrechen, folgen oft Verkrustung und Stillstand.

Welchen Wert hatte meine Bemühung? Erkenntnis – Erkenntnis über die tragische Verfasstheit unserer Gesellschaft. Der aufmerksame Leser wird an dieser Stelle schließen können, was ich u. a. noch tat. Eine Reaktion steht bisher aus.

Kommen wir zum zweiten Beispiel. Am 07. Dezember machte die VOLKSSTIMME darauf aufmerksam, dass sich einige Honoratioren Magdeburgs zusammengetan hätten, um hinsichtlich des Bildungsnotstandes in Sachsen-Anhalt mit einem Brandbrief an den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Dr. Rainer Haseloff, heranzutreten. Die VOLKSSTIMME hat schon oft meine grauen Zellen gereizt, doch hier kam hinzu, dass ich seit Januar 2021 vergeblich mit einer Idee schwanger gehe, von der ich den Eindruck habe, dass sie verschiedene Probleme im Bildungsbereich übergreifend lösen könnte und ich auch ansonsten seit 1998 in dem Bereich schon einiges getan habe. Und so schrieb ich den Protagonisten noch am gleichen Tag und als der Ministerpräsident am nächsten Tag schon über die VOLKSSTIMME sein Wohlwollen zu der Bemühung ausdrückte, schrieb ich auch ihm. Die Reaktion auf meine Initiativen war überwältigend: Zwei der angeschriebenen 11 Personen sandten mir eine Lesebestätigung. Sonst passierte nichts.

Fassen wir zusammen: Der Bundeskanzler und die Bundesregierung läuten eine „Zeitenwende“ ein, die vermuten lässt, dass die Wähler im Wissen um diese Absicht im vergangenen Jahr wohl in großem Umfang anders gewählt hätten – denn es ist anzunehmen, dass die darauf zurückzuführende exorbitante Steigerung der Energie- und generell Lebenshaltungskosten, die dadurch zunehmende Verarmung sowie die dauerhaft beeinträchtigte Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und die damit drohende Deindustrialisierung Deutschlands nur beschränkt zustimmungsfähig sind.

Die Außenministerin Annalena Baerbock bringt mit der ihr eigenen Selbstgefälligkeit zum Ausdruck, dass es ihr egal ist, was ihre Wähler denken. Der Generalbundesanwalt entzieht sich mit einem Schwall von Worten der ihm vom Gesetz vorgegebenen Verantwortung und das sachsen-anhaltinische Establishment will unter sich sein, wenn es sich mit Problemen beschäftigt, die ich seit fast 25 Jahre verfolge und für die es die Verantwortung trägt. Diese Beispiele sollen herhalten für ein gesellschaftliches Phänomen, dass – positiv betrachtet – zu einer These führt: Wir kümmern uns zu wenig umeinander.

Unsere Verfassung trägt den Namen „Volksregierung“ [Demokratie], weil sie nicht zum Vorteile von Wenigen, sondern der Mehrzahl eingerichtet ist.

Perikles (um 500 – 429 v. Chr.), athenischer Politiker und Feldherr

Demnach muß ein jedes vernünftige Wesen so handeln, als ob es durch seine Maximen jederzeit ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reiche der Zwecke wäre.

Immanuel Kant (1724 – 1804), deutscher Philosoph

Während die Wähler und ich bemüht sind, dem Credo des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu entsprechen und den Angesprochenen wie auch ihren Absichten „Achtung“ entgegenbringen, demonstrieren die Angesprochenen, dass sie keine „Achtung“ haben: Sie missachten ihre Aussagen, ihre Parteiprogramme, ihren Amtseid – sie missachten, was ich für sie als nützlich betrachte. Das alles reiht sich ein in die Erfahrung mit der Politik und dem Establishment an sich: Dem Bürger – dem Souverän – wird keine „Achtung“ entgegengebracht.

Passend zu diesen Erfahrungen fand ich auf der durch das Auswärtige Amt verantworteten Homepage deutschland.de: Das Wahlrecht gilt als das höchste Gut der Demo­kratie. Es ist wohl so, dass diese Kreise einem solchen Blick viel abgewinnen können. Die Demokratie als Gesellschaftsmodell zu instrumentalisieren, mit dem das seit Urzeiten wirkende Recht des Stärkeren – mit einem Mäntelchen umgeben – auch in den zivilisatorischen Fortschritt hinein gesichert werden kann, in dem die Menschen nur in einem bestimmten Rahmen frei sind und ansonsten als zu bemutterndes Objekt mit Tittytainment ruhiggestellt werden, hat aber über die ihren Kern nur eingeschränkt zur Wirkung bringende Bedeutung hinaus zu zwei wesentlichen Entwicklungen geführt: Die Verschuldung der westlichen Staaten und weitere Aspekte dokumentieren das Versagen des Geschäftsmodells in der praktizierten Form und gleichzeitig erwachsen aus anderen Gesellschaftsmodellen relevante Wettbewerber – nicht zuletzt auch durch eine andere Leistungsbereitschaft. Schon allein daraus ergibt sich eine Verpflichtung, die systemische Verfasstheit unseres Landes zu hinterfragen, ihre Zukunftsfähigkeit zu klären und ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern.

Im permanenten Widerspruch zwischen dem Schein und dem Sein zu wirken, schwächt die Demokratien von innen heraus, so dass ihnen Substanz wie auch Orientierung verlorengehen und sie der Dynamik Chinas nur Aggression entgegensetzen können. Aus Mangel an werteorientierter Führung, für die Sonntagsreden ohne nachhaltig wirkende Substanz einfach zu wenig sind, erwachsen Kulturen, mit denen die Gesellschaften von innen heraus vergiftet werden. So ist das Schweigen als des Kleingeists Gift – sich nicht einzubringen, das diskreditierende Reden über die, die nicht dabei sind –, tief in allen Ebenen der Gesellschaft verwurzelt. Gleiches gilt dafür, von Anderen zu fordern, Heilige zu sein und sie beim kleinsten Fehltritt zu kreuzigen, aber eigenes Handeln unreflektiert zu lassen.

Ein solches Volk nun [...] das an keine Gesetze gebunden ist, ist zu einem despotischen Gebrauche seiner Gewalt geneigt, und wird endlich daran gewöhnt. Die Schmeichler sind also bei ihm in Ehren. Überhaupt was unter den Königen der Despot, das ist unter den Demokratien ein solches Volk. Beide haben ähnliche Sitten, beide sind geneigt diejenigen zu unterdrücken, welche gewisse Vorzüge haben.

Aristoteles (384 - 322 v. Chr.), griechischer Philosoph, Schüler Platons, Lehrer Alexanders des Großen von Makedonien

Aus Bernd Liske, „Aphorismen für die Menschwerdung des Affen“

Das Wort „liberal“ bedeutet ebenso die Freiheit des Stärkeren, den Schwächeren nach den Gesetzen des Marktes zu übervorteilen, wie die gleiche und effektive Freiheit aller, ihre menschlichen Fähigkeiten zu entfalten und zu gebrauchen. Diese letztere Fähigkeit aber ist mit ersterer nicht vereinbar. …

Das Konzept einer liberalen Demokratie wurde erst möglich, nachdem zunächst einige und schließlich die Mehrzahl der Liberalen gute Gründe für die Vermutung fanden, dass die Maxime des gleichen politischen Beteiligungsrechts letztlich keine Gefahr für das Eigentum, d.h. den Fortbestand der Klassengesellschaft, darstellte. …

Es erscheint daher sinnvoll zu untersuchen, welchen Weg irgendeine der westlichen liberalen Demokratien beschreiten kann und ob und in welchem Umfang eine Entwicklung in diese Richtung uns in die Lage versetzen würde, ein System zu installieren, dass erheblich mehr Raum für die die Beteiligung der Bürger vorsehen würde als das gegenwärtige. …

Und natürlich hatten sie den Teil Ihres Weges bereits hinter sich, der fortführt von jenem Spiegelbild eines oligopolistischen kapitalistischen Marktsystems, der oligopolistischen Konkurrenz politischer Parteien, die bei uns noch vorherrscht, und die nicht nur nicht sonderlich partizipatorisch ist, sondern gerade wegen dieser beteiligungs-feindlichen Eigenschaften von der Mehrzahl der heutigen liberal-demokratischen Theoretiker empfohlen wird. …

Eine Bedingung wäre die Veränderung des mehr oder weniger bewussten Bildes, das die Bürger von sich selbst haben, so dass sie sich nicht mehr in erster Linie als „Verbraucher“ sehen und verhalten, sondern als Individuen, die ihre eigenen Fähigkeiten anwenden und entwickeln und dabei zum Genuss von Gebrauch und Vervollkommnung dieser Fähigkeiten gelangen. …

Darin besteht der Teufelskreis: Einerseits ist demokratische Partizipation nicht möglich ohne vorangegangene Veränderungen der sozialen Ungleichheit und des Bewusstseins; andererseits setzen diese Veränderungen ein Mehr an demokratischer Partizipation voraus. …

Es wird zunehmend fragwürdig, ob und inwieweit der von großen Kapitalgesellschaften beherrschte Kapitalismus bei aller wirtschaftspolitischen Hilfestellung und Steuerung durch den Staat den Bedürfnissen der Verbraucher noch länger auf die herkömmliche Weise, d.h., unter Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Maßes an Ungleichheit, genügen kann.

C. B. Macpherson (1911 – 1987), kanadischer Politikwissenschaftler, aus „Nachruf auf die liberale Demokratie“

Insofern werden die Aktivierung des verfügbaren Humankapitals und die damit einhergehende Entwicklung des Individuums als zu bemutterndes Objekt zum individuell handelnden, kreativ-schöpferischen Subjekt und die Weiterentwicklung des demokratischen Fundaments für die westlichen Demokratien zu einer Überlebensfrage und sind Bemühungen wie die meinen – zu denen Hunderte in der Vergangenheit gehören und hinsichtlich derer ich annehme, dass viele Menschen ähnliche Erfahrungen gemacht machen, wofür exemplarisch der Umgang mit dem offenen Brief der Kreishandwerkerschaft Halle-Saalekreis an den Bundeskanzler stehen soll – relevante Beiträge dafür.

Der Westen hat seinen Vorsprung bei der zivilisatorischen Entwicklung nicht genutzt und die gesellschaftlichen Prozesse nicht an die die technisch-technologische Entwicklung herangeführt, die zwar zu einer weltweiten Stärkung individueller Möglichkeiten führt, der es aber nun an der Ausschöpfung der daraus erwachsenen Potentiale mangelt – mit der Folge, dass sie sich oft in einer Weise entladen, die den gesellschaftlichen Frieden gefährdet. Stattdessen versucht er für neukoloniale Zwecke seinen Vorsprung in der Weise zu missbrauchen, dass er aus dem zivilisatorischen Fortschritt erwachsene Werte als demagogische und reglementierende Waffen für die Durchsetzung einer von ihm nach Gutdünken interpretierten wertebasierten Ordnung nutzt, in der er dominiert.

Warum tue ich mir hier ein weiteres Mal an, in die Phalanx des politischen Mainstreams einzubrechen und mein Treiben offenzulegen? Wohlwissend, dass im Verteiler meiner Neujahrswünsche nicht wenige sind – ich denke an Politiker fast jeder Couleur, Geschäftsführer ostdeutscher Unternehmen, Institute und anderen Strukturen, Journalisten, an Bundeswehr und BOS, den BITKOM, an mein privates Umfeld, an andere –,

die als Einflüsterer eine interpretierbare Naivität, Weltfremdheit oder irgendwelchen aus den Fingern gesogenen Unsinn dazu nutzen, mit ihrem Artilleriefeuer weiter für verbrannte Erde bei meinen Bemühungen zu sorgen,

die geschwiegen, ausgesessen, betrogen, gelogen, verraten haben,

die mit ihrem Handeln oder Nichthandeln meine Lagebilder maßgeblich beeinflussen?

Wie die Umweltgifte die Vogelschwärme dezimieren,

sterben in einer von Absichten,

Befindlichkeiten und Ignoranz geprägten Welt

die zarten Seelen der Gefühle.

Wie die Umgebung das Staubpartikel zur Schneeflocke werden

oder unbeachtet wieder zu Boden fallen lässt,

ergeht es auch einem Gedanken, der zum Lichte strebt.

Es gibt dafür zwei wesentliche Gründe. Der erste Grund ist: Ich habe versagt. Meine Bemühungen, mit meinen Analysen, Ideen, Konzepten und Produkten relevante Beiträge für Entwicklungen zu leisten, die auch das, was Gegenstand dieses Textes ist, gar nicht erst in die Nähe des Möglichen bringen, waren vergeblich. Wenn ein langjähriger Leser meiner Texte aus dem Wirtschaftsrat Hessen zu meinen Blog-Beitrag zum 09. November schrieb – neben überaus kritischen Bemerkungen zum Zeitgeist –,

Für mich sind Sie, und den Ausdruck habe ich mir gut überlegt, ein weiser Mann. Ihre Gedanken sind tiefgründig und erschließen sich einem erst nach längerem Nachdenken. …

Bei vielem, was sie gedanklich verarbeiten, können Sie nicht davon ausgehen, dass Sie verstanden werden. Ich hatte schon früher das Gefühl, wenn ich Ihre Gedanken versucht habe, nachzuvollziehen, dass Sie in einem Umfeld denken, sagen wir wie das von Seneca oder auch Demosthenes. Seine Zeitgenossen sagten von beiden „Wie schön er gesprochen hat“! Und machten und dachten doch, was ihnen so gerade bequem war.

bringt er auf dem Punkt, was auf verschiedenen Ebenen nicht gelang: Veränderungen herbeizuführen, die ich für eine gedeihliche Zukunft als unabdingbar betrachte. Das Beharrungsvermögen des Zeitgeistes ist einfach zu groß.

Zwar weiß ich schon länger, dass Entscheidungen primär aus Beziehungen und nicht aus Nutzen erwachsen (Anregung: Noch mal oben Macpherson lesen), dass der Zeitgeist mit Querdenkern nichts anzufangen weiß (Anregung: Noch mal oben Aristoteles lesen) und die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Fragestellungen hinderlich ist, wenn man Millionen in die eigene Software investiert, aber zu wenig verkauft bekommt, weil einem das angekreidet wird – wobei gerade das Quelle für meine wesentlichen Ideen ist –, doch nahm ich lange an, dass es Kommunikationsprobleme sind und die hehren Absichten meiner Bemühungen nicht erkannt werden. Versuche, das dadurch aufzufangen, dass ich in vielen Texten meinen Wertkanon und meine Analytik offenlegte – so entstanden meine Neujahrswünsche –, bewirkten eher das Gegenteil, weil eine Folge ein immer tieferes Verständnis über die Natur unsere Demokratie war, was als störend empfunden wurde, da der dominierende Schein es nicht mag, wenn sein darunter oft klägliches Sein offenbart wird.

Wenn ich also mein Versagen ausdrücke, so hoffe ich, auf Leser zu treffen, in denen das Potential schlummert, um erfolgreicher zu sein, denn von der Notwendigkeit, unsere Gesellschaft grundlegend zu reformieren, um sie zukunftsfähig zu machen, bin ich überzeugt. Wenn man so will, initiiere ich die Suche nach einem Prometheus, dessen unsere Zeit bedarf, will sie in eine Zukunft kommen, in der sich die Menschwerdung des Affen verwirklicht.

Muss der Erfahrung, den Ersten der Tod, den Zweiten die Not, den Dritten das Brot,

folgen, den Söhnen wieder die Not, den Enkeln den Tod,

weil der Zeitgeist sich als Kleingeist jeder moralischen Veränderung versagt?

Der zweite Grund ist in meiner Überzeugung begründet, dass sich über meine allgemeinen Annahmen zur zivilisatorischen Entwicklung hinaus – so zu den Folgen des technisch-technologischen Fortschritts – zwei weitere Entwicklungen herauskristallisieren, die in meinem Denken bisher keine Rolle spielten.

Zum Einen entwickelt sich rasend schnell die Möglichkeit, dass Deutschland in den nächsten Krieg hineinschlittert – was nach Ansicht des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages durch unsere Ausbildungsunterstützung für die Ukraine schon der Fall ist, sich aber noch nicht durch eigene Soldaten im unmittelbaren Kriegsgebiet und Handlungen auf unserem Territorium darstellt.

Auf der gegenwärtig nach oben offenen Eskalationsspirale scheint das nicht mehr undenkbar zu sein und ähnlich den Erfahrungen bei der Vergatterung relevanter politischer Entscheidungsträger auf den Ukraine-Krieg und dem Umgang mit den Explosionen an NordStream 1 kann es zu Entwicklungen kommen, bei denen die politische Elite versagt, weil sie aus der fehlenden Auseinandersetzung mit vorherigen Herausforderungen keine Resilienz gegen die an sie herangetragenen Forderungen aufgebaut hat und es in Deutschland inzwischen problemlos und insbesondere straffrei (§ 188 StGB) möglich ist, Politiker bei dem Bemühen zu beleidigen, sie zu noch mehr Waffenlieferungen an die Ukraine anzustiften.

In einem Interview für den STERN malte Gustav Gressel vom European Council of Public Affairs am 23. Dezember als „Weihnachtsbotschaft“ einen drohenden Krieg zwischen Deutschland und Russland an die Wand – um mehr Waffen für die Ukraine zu fordern – und nahm sich die politische Elite zur Brust:

Das Problem ist, wir haben es in Europa weitestgehend mit Hosenscheißern in politischen Führungsriegen zu tun, die sich aufgrund der nuklearen Disparität nicht trauen, über die geringste Hürde alleine zu springen.

Die Alternative zur militärischen Unterstützung der Ukraine ist, in zehn Jahren selbst Krieg führen zu müssen, gegen ein Russland, das bei uns einmarschiert. Da muss jeder für sich selbst ausmachen, was ihm lieber ist.

Kriegshetze dieser Art (§ 80a StGB) ist wieder salonfähig geworden, wird als Beitrag für den Frieden in Europa verkauft und medial gehypt. So fällt dominosteinmäßig ein Bedenken nach dem anderen und alle Skrupel werden über Bord geworfen.

Sie stellten nichts in Frage und machten alles mit.

Sie diskriminierten auf ihre Weise und verloren dabei ihre Werte.

Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen.

Man muss sie erkennen und man muss sich ihnen stellen.

Die Zukunft wird uns zeigen, dass das zweite Jahrzehnt dieses Jahrtausends ein bedeutender Abschnitt der deutschen und europäischen Geschichte sein wird.

Unklar ist aber noch, ob die Zukunft verspielt oder gesichert wird.

Hinzu kommt die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass die Politik der „Zeitenwende“ den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands eingeläutet hat. Beide Möglichkeiten schließen für den Fall, dass sie eintreten, eine weitere Möglichkeit nicht aus: Das die Generation der Kinder und Enkel ihre Eltern und Großeltern wie schon einmal fragen wird, warum sie das nicht verhindert haben.

Das Faszinierende am Allgemeinen ist die entfaltbare Vielfalt des Konkreten.

Wir beschäftigen uns mit Singularitäten

ohne Blick auf die zu bewältigende Komplexität.

Wir beschäftigen uns mit Komplexität

ohne Blick auf die zu bewältigenden Singularitäten.

Sei mutig: Analysiere heute und gestalte das Morgen-

am besten so, dass es auch dem Übermorgen dient.

Sonst wirst du schon morgen mit den Folgen dessen leben müssen,

wessen du dich heute nicht zugewandt hast.

So, wie es dir schon heute ergeht.

Diese Gründe machen es notwendig, zeitnäher Humankapital zu aktivieren, dass den schon erheblich ins Rollen gekommenen Entwicklungen in die Speichen greift. Die Militarisierung Deutschlands schreitet in einem Maß voran, das erschreckt und die Politik ist ganz offensichtlich allein – mit einem devoten Volk, das sowas mit sich machen lässt – nicht in der Lage, sich dem entgegenzustellen.

Bei dieser Einschätzung kann man berücksichtigen, dass ich als gelernter DDR-Bürger dazu erzogen bin, dass der Frieden verteidigt werden muss – was aus einer natürlichen Prägung zu einer großen Affinität für Bundeswehr und BOS sowie die Auseinandersetzung mit sicherheitspolitischen Themen geführt hat. Den Frieden zu verteidigen – man kann auch sagen, Harmonie anzustreben –, setzt in einer hochkomplexen, von Eigennutz, Manipulation, Verdrängung, unzureichender Auseinandersetzung und in der Folge Dummheit geprägten Welt aber Betrachtungsweisen und Strategien voraus, die das umfassend würdigen.

Falsche Politiker, eingeschränkt auf ihre kleinen Ideen, haben gemeint, es sei leichter, ein unwissendes Volk als ein aufgeklärtes zu regieren, während die Erfahrung beweist, dass je dümmer ein Volk, desto eigensinniger und widerspenstiger es ist, und dass es viel schwieriger ist, die Hartnäckigkeit eines solchen zu überwinden, als von gerechten Dingen ein Volk zu überzeugen, welches hinlänglich gebildet ist, um Vernunft anzunehmen.

Friedrich Wilhelm der Große (1620 – 1688), Kurfürst von Brandenburg

Aus meiner Sicht sind nachhaltige Lösungen nicht möglich, ohne Albert Schweitzer und Papst Franziskus „Achtung“ entgegenzubringen. Und ich sage auch im vollen Bewusstsein dessen, was mir allein hierfür an Widerspruch entgegenkommen wird: Seiten wie die Deutschen Wirtschaftsnachrichten, die NachDenkSeiten und der ANTI-SPIEGEL sind unerlässliche Quellen, um die kognitive Diversität in unserem Land zu stärken – als wesentliche Voraussetzung für die Resilienz unserer Gesellschaft. Wie heißt es doch ganz allgemein zu Monokulturen auf Wikipedia:

Die Anbaumethode der Monokultur bietet Vorteile bei Pflege und Ernte, nutzt jedoch natürliche Ressourcen wie Licht und Wasser sowie Synergie-Effekte zwischen verschiedenen Organismen oft nicht optimal und erhöht die Anfälligkeit für Störungen (geringere Resilienz).

Genauso verhält es sich mit unserer Gesellschaft. Eingehegte Bürger mögen pflegeleicht sein, aber sie nutzen die verfügbaren Ressourcen nicht optimal zur Stärkung des Humankapitals und sind anfällig für Störungen – auch, wenn der Klimawandel ihre Belastbarkeit auf den Prüfstand stellt.

Wie sich das Querdenken aus dem Nachdenken findet und dessen Grenzen sprengt,

speist sich das Vordenken aus dem Querdenken und führt es zu neuen Ufern.

Was also kann man tun? Klar ist: Man kann das nicht laufen lassen – so kann es nicht weitergehen. Es ist gegenwärtig kein Halten zu erkennen bei der sich seit Monaten verstärkenden Eskalation. Man wartet regelrecht darauf, dass Deutschland „endlich“ Panzer liefert, das nächste Sanktionspaket mitträgt, weitere Freiheitsrechte einschränkt werden und Öl ins Feuer gegossen wird: Um das zum Ausgangspunkt für den nächsten Eskalationsschritt zu nutzen, um vom Jahr 33 aus „endlich“ zum Jahr 39 vorzudringen.

Der deutschen Politik mangelt es an einem Korrektiv – an Querdenkern –, dass Absichten und Handlungen kritisch hinterfragt, aber auch Potentiale erkennt und erschließt. Staatliche und nichtstaatliche Lobbyisten treiben die deutsche Politik und es gibt keine Opposition, die bei relevanten Themen von Bedeutung ist – wie ich in meinem Blog-Beitrag zum 09. November schon ausführte.

Das Narrenschiff Deutschland ist überfüllt mit Egoisten, Ignoranten, Claqueuren und Scharfmachern – wo es doch der Idealisten, Analysten, Visionäre und Konzeptionären bedarf, um den Anforderungen an die nachhaltige Zukunft unseres Landes gerecht zu werden und Schaden von ihm abzuhalten. Eine logische Ableitung dessen ist im Übrigen, dass die primären Probleme Deutschlands nicht gelöst werden, wenn wir uns um links oder rechts kümmern: Wir müssen uns um die Mitte kümmern. Sie beeinflusst in unserer Zeit wesentlich die Resilienz unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung gegen alles, was sie stressen kann: Die nächste NSA-Affäre, Pandemien, Krisen, Kriegsgefahren. Nicht zuletzt bestimmt sie auch, was an den Rändern ausgehalten werden kann – wie ich schon in meinen Neujahrswünschen 2008 ausführte.

Wie aber umgehen mit der fehlenden „Achtung“ derer, die meinen, sich über die Gemeinschaft stellen zu können und eine fremdbestimmte Politik verfolgen, die den Bürgern wie auch der Nation nicht nützt? Die zunehmend alles kontrollieren wollen und dort, wo sie es nicht können, es in den Hinterzimmern oder öffentlich diskreditieren und bekämpfen – wofür als Synonym der von mir so geschätzte und bewusst in die Verunglimpfung getriebene Begriff des Querdenkens steht.

Wenn du dir immer Grenzen setzt, sei es im Training oder sonst wo, wird es sich auf andere Bereiche, deine Arbeit, dein Leben ausweiten. Es gibt keine Grenzen, es gibt nur Plateaus. Und du darfst nicht dort bleiben. Du musst sie durchbrechen.

Bruce Lee (1940 - 1973), Kampfkünstler und Schauspieler

Es macht keinen Sinn, das einfach hinzunehmen und aufzugeben – nicht wenige Funktionsträger hoffen, dass man genau so mit ihnen umgeht und sie in Ruhe lässt. Die genannten Beispiele demonstrieren den Aufwand, genau das zu erreichen. In Anlehnung an Joseph Pulitzer muss ich eine meiner Empfehlungen inzwischen so ausdrücken:

Es gibt kein Verbrechen, keinen Kniff, keine Ignoranz, keine Selbstgefälligkeit, keine Dummheit, keinen Trick, keinen Schwindel, keinen Betrug, kein Laster, dass der Auseinandersetzung und der Offenlegung vorenthalten bleiben soll. Begegnet ihrer fehlenden Achtung durch Achtung, offenbart ihr Schweigen als Feigheit, ihre Logik als verlogen, ihre Reden zum Eigen- statt Gemeinnutz, ihre Intriganz anstelle ihrer Integrität – doch macht sie nicht vor aller Augen lächerlich, denn wir sind ein Volk, das nur zusammen eine Zukunft hat: Macht euch nicht mit ihnen gemein, sondern verändert euch durch die Auseinandersetzung mit ihnen. Und früher oder später wird die Meinung der Öffentlichkeit den Wert erkennen. Die Auseinandersetzung und die Wahrheit allein genügen wahrscheinlich nicht – aber sie sind die einzigen Mittel, ohne die alle anderen versagen.

Für alles weitere kann ich auf die nun über Jahre beständige Formel meiner Wünsche am Ende meiner Neujahrswünsche verweisen: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, uns mehr mit uns selbst und unseren Schwächen auseinanderzusetzen. Um unserer selbst und Deutschlands willen.

„Warum ist es so dunkel?" „Am Anfang ist es immer dunkel!“

Hab Selbstvertrauen, hab Selbstvertrauen.

Es muss weh tun, damit es heilen kann.

Phantasie kann wieder ganz neu entstehen! Aus deinen Träumen und Wünschen, Bastian.

Aus „Die unendliche Geschichte“ von Wolfgang Petersen (*1941) nach Michael Ende (1929 – 1995)

Wie das geht? Nicht, in dem wir uns martern und Selbstvorwürfe oder andere dafür verantwortlich machen. Nein. Aber ein wenig links und rechts des Weges bewegen, den wir eingeschlagen haben und die eine oder andere Abzweigung nutzen. Das nicht bezogen auf Dinge, die uns leichtfallen. Ganz im Gegenteil müssen wir uns mit dem beschäftigen, was uns schwerfällt, dem, was neu für uns ist, dem, wo unsere Dämonen lauern und dem, was wir bisher ablehnen. Ich kann Ihnen aus nun ja auch schon längerer Erfahrung versichern: Das kann erfüllend sein, Spaß machen, Erleichterung bringen, den Druck nehmen.

Mensch zu sein, muss heute oft heißen, anders zu sein. Mensch sein heißt, dass nicht der Kampf um das goldene Kalb das Handeln bestimmt, sondern die Nützlichkeit –

für Andere, für die Gesellschaft, für die Natur.

Mensch sein heißt, nicht hinter dem Rücken gegen Andere, sondern offen zusammen mit anderen zu wirken (die anders sein können und zunehmend anders sein müssen):

Weil es sonst nicht tugendhaft – nicht menschlich – ist.

Mensch sein heißt, nicht Teil einer uniformen Herde, sondern Individuum

in der Gemeinschaft zu sein: Und in ihr gut zu sein bei der Ausschöpfung der Individualität.

Mensch sein heißt, nicht Christ zu sein, sondern Christus.

Wo diese Quellen für neue Erfahrungen und Leistungsfähigkeiten liegen, kann für jeden von uns ganz verschieden sein: Vielleicht Probleme transparent machen, gemeinsam nach Lösungen suchen, sich auf den Nutzen des anderen konzentrieren, offen auf vermeintliche Gegner zugehen. Tagtäglich begegnen uns Situationen, in denen wir uns darin üben können. Es ist vollkommen normal, wenn das am Anfang schwerfällt. Aber nur so geht es.

Fliegerin: „Was aus mir wird, ist mir egal. Aber es wird immer jemanden geben,

der die Hoffnung nicht aufgibt, der träumt und die Erinnerung bewahrt.“

Aus „Die unendliche Geschichte“ von Wolfgang Petersen (*1941) nach Michael Ende (1929 – 1995)

Ich trage keine Schätze in mir, ich habe nur die Kraft,

vieles, was ich berühre, in etwas von Wert zu verwandeln.

Ich habe keine Tiefe, als meinen unaufhörlichen Trieb zur Tiefe.

Christian Morgenstern (1871 – 1914), deutscher Schriftsteller und Dramaturg.

*****

Disclaimer:

Der Beitrag von Herrn Liske ist eine Kolumne und spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

*****

Bernd Liske (Jg. 1956 / studierter Mathematiker) ist Inhaber von Liske Informationsmanagement-systeme. In seinen Büchern und Artikeln setzt er sich mit sozialen, politischen und wirtschaftlichen Problemen unserer Gesellschaft auseinander, um so Beiträge für die Erhaltung des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu leisten. Die in seinem Buch Aphorismen für die Menschwerdung des Affen – Wie der Mensch zum Menschen und wie die Demokratie ihrem Anspruch gerecht werden kann veröffentlichten Aphorismen betrachtet er als Open-Source-Betriebssystem zur Analyse und Gestaltung individueller, unternehmerischer und gesellschaftlicher Prozesse. Das den Aphorismen vorangestellte Essay über die „Auseinandersetzung als Beitrag für die Menschwerdung des Affen“ beschäftigt sich insbesondere mit der Natur der Demokratie und stellt Wege zur Diskussion, wie die westlichen Demokratien eine nachhaltige Zukunft gestalten können – ohne sich in eine kriegerische Auseinandersetzung mit China begeben zu müssen.

Bernd Liske (Jg. 1956 / studierter Mathematiker) ist Inhaber von Liske Informationsmanagementsysteme. In seinen Büchern und Artikeln setzt er sich mit sozialen, politischen und wirtschaftlichen Problemen unserer Gesellschaft auseinander, um so Beiträge für die Erhaltung des Wirtschaftsstandortes Deutschland zu leisten. Die in seinem Buch Aphorismen für die Menschwerdung des Affen – Wie der Mensch zum Menschen und wie die Demokratie ihrem Anspruch gerecht werden kann veröffentlichten Aphorismen betrachtet er als Open-Source-Betriebssystem zur Analyse und Gestaltung individueller, unternehmerischer und gesellschaftlicher Prozesse. Das den Aphorismen vorangestellte Essay über die „Auseinandersetzung als Beitrag für die Menschwerdung des Affen“ beschäftigt sich insbesondere mit der Natur der Demokratie und stellt Wege zur Diskussion, wie die westlichen Demokratien eine nachhaltige Zukunft gestalten können.


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