Russische Streitkräfte versuchen nach Angaben Moskaus die Kontrolle über die strategisch sehr bedeutsame Ortschaft Bachmut in der Ostukraine zu bekommen. „Bachmut ist jetzt operativ umzingelt, unsere Streitkräfte schließen den Ring um die Stadt“, sagt Jan Gagin, Berater des von Russland eingesetzten Regierungschefs Denis Puschilin. Derzeit werde um die Kontrolle der Autobahn gekämpft, die die Stadt mit der nahegelegenen Ortschaft Tschasiw Jar verbindet.
Russland hat erklärt, mehrere Orte rund um Bachmut unter seine Kontrolle gebracht zu haben. Dort führen seine Truppen und Söldner der Wagner-Gruppe seit Monaten einen Zermürbungskampf.
Gestern wurde berichtet, dass russische Einheiten die Ortschaft Blahodatne im Gebiet Donezk vollständig unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Das teilte am Dienstag das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Zuvor hatte bereits der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, den Kampferfolg für seine paramilitärischen Einheiten beansprucht.
Bestätigt wurde die Einnahme von ukrainischer Seite nicht. Noch am Wochenende hieß es in Kiew, die Angriffe seien abgewehrt worden. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen. Der Ort liegt nördlich der derzeit besonders umkämpften Stadt Bachmut.
Die russische Armee versucht, Bachmut von Norden und Süden zu umgehen, um die ukrainische Armee zum Rückzug aus der Kleinstadt zu zwingen. Beide Seiten müssen bei den blutigen Kämpfen dem Vernehmen nach massive Verluste hinnehmen. Die Hauptversorgungsroute nach Nordwesten ist aber weiter unter ukrainischer Kontrolle. Die Ukraine fordert vom Westen dringend schwere Waffen, um den Vormarsch der russischen Truppen zu stoppen und besetzte Ortschaften zu befreien.
Das russische Verteidigungsministerium informierte zudem über den Einsatz eines Panzerzugs im Kriegsgebiet. Die Besatzung auf dem nach dem Fluss Wolga benannten Zug solle für die technische Aufklärung und Minenräumung eingesetzt werden sowie militärische Ziele in der Luft und am Boden zerstören. „Dieser gewaltige Rüstungskomplex ermöglicht es den Soldaten, sogar unter den schwierigsten Bedingungen zu arbeiten“, hieß es in der Mitteilung des Ministeriums. „Das ist ein echter Panzerzug, bis an die Zähne bewaffnet.“ Die Soldaten hätten dort einfache Schusswaffen, aber auch großkalibriges Gerät.
USA liefern neuartige Waffen
Die USA werden der Ukraine Insidern zufolge erstmals auch Raketen mit längerer Reichweite liefern. Das 2,2 Milliarden Dollar teure Hilfspaket umfasse auch Ausrüstungen für Patriot-Luftabwehrsysteme, Präzisionsmunition und Javelin-Panzerabwehrwaffen, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute US-Vertreter am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Es solle noch in dieser Woche angekündigt werden. Das US-Präsidialamt lehnte eine Stellungnahme zunächst ab. In Deutschland sprach sich Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) gegen die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine aus.
Der größte Teil des US-Pakets soll einem der Insider zufolge aus dem „Ukraine Security Assistance Initiative“-Fonds (USAI) finanziert werden. Der USAI ermöglicht es der Regierung von Präsident Joe Biden, Waffen direkt von der Industrie und nicht aus US-Waffenbeständen zu beziehen.
Diese Gelder würden auch für den Kauf einer neuen Waffe, der „Ground Launched Small Diameter Bomb“ (GLSDB) von Boeing, verwendet, die eine Reichweite von rund 150 Kilometer hat, hieß es. Die Präzisionsrakete ist den Herstellerangaben zufolge GPS-gesteuert, kann elektronische Störsender überwinden, ist bei allen Wetterbedingungen funktionsfähig und kann gegen gepanzerte Fahrzeuge eingesetzt werden. Die USA hatten Forderungen der Ukraine nach ATACMS-Raketen mit einer größeren Reichweite von 297 Kilometer bisher abgelehnt. Ein Argument war, dass damit keine Ziele in Russland angegriffen werden sollten.
Die US-Regierung will Insidern zufolge auch geschützte Fahrzeuge (MRAPs), Mehrfachraketenwerfer (GMLRS) und Munition liefern. Seit dem Einmarsch Russlands im Februar 2022 haben die USA der Ukraine Hilfen in Höhe von rund 27,2 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt.
In Europa hatte Frankreich am Dienstag die Lieferung von zwölf weiteren Caesar-Haubitzen angekündigt. Das Land hat bisher anders als etwa die USA, Deutschland und Großbritannien keine Kampfpanzer zugesagt. Während sich die amerikanische, britische und deutsche Regierung derzeit gegen die von Kiew geforderte Lieferung von Kampfjets aussprachen, hatte Frankreich dies nicht ausgeschlossen.
Deutsche gegen Kampfjet-Lieferung
„Ich halte von der aktuellen Debatte, die jetzt gerade über Kampfflugzeuge und U-Boote geführt wird, wenig. Das ist nicht das, was jetzt ansteht“, sagte Wirtschaftsminister Habeck am Dienstagabend im ZDF. „Ich sage, dass ich das nicht richtig finde, jetzt Kampfjets zu liefern. Generell nicht. Zwischen Kampfpanzer und Kampfjets ... ist noch einmal ein Unterschied und den sollten wir wahren“, fügte der Grünen-Politiker hinzu. Für die Wartung der Kampfflugzeuge brauche die Ukraine den Westen, der damit Kriegspartei werden könnte.
Dagegen zeigte sich der CDU/CSU-Fraktionsvize Johann Wadephul offen für die Lieferung von Kampfflugzeugen. Derzeit sei dies zwar kein Thema, da die Ukraine noch keine Anfrage gestellt habe, sagte der CDU-Politiker den TV-Sendern RTL/ntv. „Zu der ruhigen Überlegung gehört natürlich auch die Frage ..., ob wir eine Niederlage der Ukraine in Kauf nehmen wollen, indem wir keine Kampfjets liefern.“ Er wisse nicht, ob sich Habeck diese Frage schon gestellt habe.
Laut einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage lehnen 70 Prozent der Deutschen die Lieferung von Kampfjets oder U-Booten an die Ukraine ab. Nur 19 Prozent sind laut Forsa-Erhebung der Meinung, dass Deutschland nach den Kampfpanzern weitere neue Waffensysteme liefern sollte.
Liveticker
17.42 Uhr - Russlands Präsident Wladimir Putin hat sein Militär aufgefordert, den Beschuss russischen Territoriums von der Ukraine aus zu unterbinden. "Die vordringliche Aufgabe ist natürlich, die Möglichkeit eines Beschuss an sich zu eliminieren", wird das Staatsoberhaupt auf der Website des Präsidialamtes zitiert. "Aber das ist Aufgabe des Militärs." In den Grenzgebieten seien Menschen durch den Beschuss obdachlos geworden, die Wasser- und Stromversorgung sei zum Teil unterbrochen und Heizungen ausgefallen. Die Ukraine hat sich nicht zu Angriffen auf Ziele innerhalb des russischen Staatsgebietes bekannt, sie jedoch als "Karma" für die russische Invasion bezeichnet.
17.09 Uhr - Die Ukraine verfügt nach eigenen Angaben über genug Erdgas-Reserven, um durch diesen Winter zu kommen. Stand heute seien elf Milliarden Kubikmeter (bcm) eingelagert, erklärt Energieminister German Galuschtschenko. Zudem stünden für die Stromgewinnung 1,2 Millionen Tonnen Kohle zur Verfügung. Der staatliche Energieversorger Naftogas gibt zudem bekannt, dass die norwegische Regierung etwa 200 Millionen Euro zum Kauf von Erdgas beigesteuert hat. Russische Luftangriffe haben nach ukrainischer Darstellung etwa 40 Prozent der Energie-Infrastruktur des Landes beschädigt.
13.33 Uhr - Im Ukraine-Krieg fehlt es nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit nicht an Vermittlern. Er reagiert auf einen Vorschlag des brasilianischen Präsidenten Lula da Silva, dass etwa China oder er selbst im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine vermitteln könnte. Das Problem sei derzeit aber, "dass die russische Seite keinerlei Anzeichen erkennen lässt, den Angriffskrieg auf die Ukraine abzubrechen".
12.50 Uhr - Lettland will keine Athleten bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris antreten lassen, sollten Russland und Belarus daran teilnehmen und der Krieg in der Ukraine andauern. "Wenn wir die Entscheidung jetzt fällen müssten, würden wir an solchen Wettbewerben nicht teilnehmen", sagt ein Sprecher für das lettische Olympische Komitee. Die Spiele fänden aber erst in anderthalb Jahren statt. "Wir werden sehen, was in der Ukraine passiert. Wir hoffen, dass das ukrainische Volk gewinnt und wir in einer ganz anderen Situation sind." Das Internationale Olympische Komitee hatte angedeutet, dass russische und belarussische Sportler mit einem neutralen Status starten könnten. Dies ermöglicht es ihnen an den Qualifikationswettbewerben teilzunehmen.
11.11 Uhr - Einem hochrangigen Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge laufen derzeit Gespräche über die Lieferung von Raketen mit einer längeren Reichweite sowie Kampfjets. "Jede Kriegsphase erfordert bestimmte Waffen", schreibt Mychailo Podoljak auf Twitter. Eine Koalition für Panzer, die Lieferung, Logistik und Training umfasse, gebe es bereits. "Es gibt bereits Gespräche über Raketen mit längerer Reichweite und die Bereitstellung von Kampfjets."
10.25 Uhr - Russische Streitkräfte versuchen nach Angaben Moskaus die Kontrolle über die Ortschaft Bachmut in der Ostukraine zu bekommen. "Bachmut ist jetzt operativ umzingelt, unsere Streitkräfte schließen den Ring um die Stadt", sagt Jan Gagin, Berater des von Russland eingesetzten Regierungschefs Denis Puschilin. Derzeit werde um die Kontrolle der Autobahn gekämpft, die die Stadt mit der nahegelegenen Ortschaft Tschasiw Jar verbindet. Russland hat erklärt, mehrere Orte rund um Bachmut unter seine Kontrolle gebracht zu haben. Dort führen seine Truppen und Söldner der Wagner-Gruppe seit Monaten einen Zermürbungskampf.
08.55 Uhr - Spanien plant einem Zeitungsbericht zufolge die Lieferung von vier bis sechs Panzern des Typs Leopard 2A4 an die Ukraine. Die endgültige Zahl hänge von dem Zustand der Panzer ab, berichtet die Zeitung "El Pais" unter Berufung auf Regierungskreise. Auch wie viele andere Länder Panzer lieferten, werde in den Überlegungen berücksichtigt. Eine Stellungnahme des spanischen Verteidigungsministeriums war zunächst nicht zu erhalten.
02.19 Uhr - Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bringt sich als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine ins Spiel. "Wenn alle relevanten Parteien darum bitten, werde ich es sicherlich in Betracht ziehen, aber ich dränge mich nicht auf", sagt Netanjahu dem Sender CNN. Auch Israels enger Verbündeter, die Vereinigten Staaten, müssten ihn ebenfalls darum bitten, denn "man kann nie zu viele Köche in der Küche haben". Er sei bereits kurz nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine "inoffiziell" gebeten worden, als Vermittler zu fungieren, habe dies aber abgelehnt, weil er damals Oppositionsführer und nicht Staatschef war. "Ich habe eine Regel: immer nur ein Ministerpräsident." Die Ukraine hatte damals Netanjahus Vorgänger Naftali Bennett offiziell gebeten, im Konflikt zu vermitteln. Bennett konnte aber nach Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im März keinen Friedensvertrag aushandeln.
00.42 Uhr - In der Ukraine hält das Stühlerücken wegen der weitverbreiteten Korruption an. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt, er sei noch nicht fertig mit der Umbesetzung von Führungspositionen, und jeder, der die strengen Standards nicht einhalte, müsse mit seiner Entlassung rechnen. "Entscheidungen werden getroffen werden. Und diejenigen im System, die die zentralen Forderungen des Staates und der Gesellschaft nicht erfüllen, sollten sich nicht auf ihren Posten ausruhen." Selenskyj geht verstärkt gegen Bestechung in Regierungskreisen vor, um die Verhandlungen über einen Beitritt zur Europäischen Union (EU) voranzutreiben. Für den 3. Februar ist ein Gipfeltreffen von EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Selenskyj geplant.