Politik

USA warnen Türkei wegen massiver Exporte nach Russland

Trotz der westlichen Sanktionen hat Russland weiterhin Zugang zu entscheidenden Importen. Mitverantwortlich dafür ist die Türkei, wie die USA erneut anprangern.
Autor
05.02.2023 21:57
Aktualisiert: 05.02.2023 21:57
Lesezeit: 3 min
USA warnen Türkei wegen massiver Exporte nach Russland
Die USA erinnern Recep Tayyip Erdogan, den Präsidenten der Türkei, an die Sanktionen gegen Russland. (Foto: dpa) Foto: Uncredited

Die USA haben die Türkei gewarnt, weil das Land Chemikalien, Mikrochips und andere Produkten nach Russland exportiert, die Moskau im Krieg gegen die Ukraine verwenden kann. Türkische Unternehmen oder Banken, die gegen die Sanktionen verstoßen, könnten dafür bestraft werden.

Brian Nelson, der für Sanktionen zuständige Beamte im US-Finanzministerium, besuchte am Donnerstag und Freitag Vertreter der türkischen Regierung und des Privatsektors, um sie zu einer stärkeren Zusammenarbeit bei der Unterbrechung des Flusses solcher Waren nach Russland aufzufordern, berichtet Reuters.

In einer Rede vor Bankern sagte Nelson, dass der deutliche Anstieg der Exporte nach Russland binnen Jahresfrist die türkischen Unternehmen "besonders anfällig für Reputations- und Sanktionsrisiken" oder für den Verlust des Zugangs zu den Märkten der G7-Staaten mache.

Türkische Unternehmen sollten "besondere Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um Transaktionen im Zusammenhang mit potenziellen Transfers von Technologien mit doppeltem Verwendungszweck zu vermeiden, die vom russischen militärisch-industriellen Komplex genutzt werden könnten", sagte Nelson in der vom US-Finanzministerium veröffentlichten Rede.

Bei den Treffen in Ankara und Istanbul wies Nelson und seine Delegation auf Exporte in zweistelliger Millionenhöhe nach Russland hin. "Es ist keine Überraschung, dass Russland aktiv versucht, die historischen wirtschaftlichen Beziehungen zur Türkei zu nutzen", sagte ein hochrangiger US-Beamten, der um Anonymität bat.

Die Frage sei, wie Ankara darauf reagieren wird, so der Beamte. Das Nato-Mitglied Türkei lehnt die weitreichenden Sanktionen gegen Russland grundsätzlich ab, sagt aber, dass sie in der Türkei nicht umgangen werden können, und fordert den Westen auf, Beweise zu liefern.

Die westlichen Staaten haben Exportkontrollen und Sanktionen gegen Russland verhängt, nachdem das Land vor knapp einem Jahr die Ukraine angegriffen hatte. Dennoch sind die Lieferkanäle von Hongkong, der Türkei und anderen Handelsplätzen aus nach Russland in erheblichem Umfang offen geblieben.

Russische Zollaufzeichnungen zeigen, dass in den sieben Monaten bis zum 31. Oktober Computer und andere elektronische Komponenten im Wert von mindestens 2,6 Milliarden Dollar nach Russland geflossen sind. Mindestens 777 Millionen Dollar dieser Produkte stammten von westlichen Firmen, deren Chips in russischen Waffensystemen gefunden wurden.

Ankara hat seine guten Beziehungen sowohl zu Moskau als auch zu Kiew während des Krieges ausgeglichen, vermittelte Gespräche zwischen den beiden Seiten und hat auch geholfen, ein Abkommen über Getreidelieferungen aus der Ukraine auszuhandeln.

Türkei gibt dem Druck der USA teilweise nach

Die Reise von Nelson, dem Unterstaatssekretär für Terrorismus und Finanzinformationen im Finanzministerium, ist die jüngste Reise hochrangiger US-Beamter in die Türkei, die darauf abzielt, den Druck auf Ankara zu erhöhen, um die Durchsetzung der US-Sanktionen gegen Russland sicherzustellen. Der Druck hat bereits zu Veränderungen geführt.

Der größte türkische Anbieter von Bodenabfertigungsdiensten, Havas, teilte russischen und weißrussischen Fluggesellschaften mit, dass er die Lieferung von Teilen, Treibstoff und anderen Dienstleistungen für ihre aus den USA stammenden Flugzeuge einstellen könnte, was im Einklang mit den westlichen Verboten steht, berichtete Reuters unter Berufung auf ein Schreiben des Unternehmens vom 31. Januar.

Im September setzten zudem fünf türkische Banken die Nutzung des russischen Zahlungssystems Mir aus, nachdem das US-Finanzministerium den Leiter des Systembetreibers mit neuen Sanktionen belegt und diejenigen, die Moskau helfen, davor gewarnt hatte, diese zu umgehen.

Nelson forderte die türkischen Banken auf, bei Transaktionen mit Russland-Bezug eine verstärkte Sorgfaltsprüfung durchzuführen, und wies in seiner Rede darauf hin, dass russische Oligarchen in der Türkei weiterhin Immobilien kaufen und Yachten anlegen.

In separaten Gesprächen mit türkischen Firmen wies Nelson "dringend" auf die Art und Weise hin, wie Russland vermutlich westliche Kontrollen umgeht, um sich mit Kunststoffen, Gummi und Halbleitern einzudecken, die in exportierten Waren enthalten sind und vom Militär verwendet werden, so der Beamte.

Der Beamte fügte hinzu, dass sich die USA derzeit darauf konzentrieren, die Umgehung von Sanktionen "und insbesondere die Umgehung in Drittländern" zu verhindern. Nelson überbrachte diese Woche ähnliche Botschaften in den Vereinigten Arabischen Emiraten und im Oman, sagte das Finanzministerium.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...