Politik

Migration: Bei den Grünen macht sich Unruhe breit

Eine parteiinterne Gruppierung der Grünen fordert einen grundlegenden Kurswechsel bei der Migration. Bei den Bürgern mache sich angesichts der ausufernden Zuwanderung Unruhe breit.
20.02.2023 15:00
Aktualisiert: 20.02.2023 15:37
Lesezeit: 2 min

Die Grünen-Führung hat einen kritischen Appell einer innerparteilichen Gruppierung für einen Kurswechsel in der Migrationspolitik weitgehend unkommentiert gelassen. Für die Grünen gehe es in diesem Bereich um Humanität und Ordnung, sagte Parteichef Omid Nouripour am Montag in Berlin. „Dazu gibt es Debattenbeiträge aller Art, die wir natürlich nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch bearbeiten.“

Realos machen Druck

Zuvor hatte eine Gruppierung, die dem Realo-Flügel der Partei zugerechnet wird, die Parteispitze zu einem grundlegenden Kurswechsel in der Migrationspolitik aufgefordert. Auf wiederholte Nachfragen zum Inhalt des Memorandums der Gruppierung „Vert Realos“, das den Kurs der Partei grundsätzlich infrage stellt, verwies Nouripour auf die schwierige Lage der Kommunen. „Das Gebot der Stunde ist, dass wir einfach schauen, dass die Kommunen zurande kommen“, sagte er.

Nouripour wörtlich: „Da sind etliche Aufgaben, die zurzeit angegangen werden müssen. Der Flüchtlingsgipfel hat keine Ergebnisse gebracht. Wir hoffen, dass sich das so schnell wie möglich ändert.“ Nouripour betonte: „Es ist notwendig, unseren humanitären Verpflichtungen nachzukommen.“ Es sei gleichzeitig auch notwendig, alles für geordnete Verfahren zu tun.

In dem Manifest der „Vert Realos“ heißt es, es sei auch in Deutschland ein Rechtsruck zu befürchten, falls Bürgerinnen und Bürger angesichts der massiven Einwanderung weiter ihr Sicherheitsgefühl einbüßten. Es gebe immer noch „kein Konzept für eine gelungene Integration oder die konsequente Rückführung von Geflüchteten in ihre Heimat, sobald sich dies verantworten lässt oder sie selbst es wollen“, heißt es in dem Papier. Es werde kaum zwischen Kriegs-, Asyl- und Wirtschaftsmigranten unterschieden.

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der frühere Grünen-Bundestagsfraktionschef Rezzo Schlauch und die Ex-Europaparlamentarierin Rebecca Harms.

Kommunen an der Leistungsgrenze

Städte und Gemeinden in Deutschland bekommen nach Angaben ihrer Spitzenverbände zunehmend Probleme, Flüchtlinge adäquat unterzubringen. „Viele Städte und Gemeinden sind bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Vertriebenen längst an ihrer Leistungsgrenze“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, Ende Januar dem Handelsblatt. Es würden teilweise Hotelzimmer angemietet und Notunterkünfte in Turnhallen, aber auch in frei stehenden Gebäuden in Gewerbegebieten eingerichtet. „Das lässt sich nicht mehr beliebig ausweiten.“ Das Thema müsse in der Bundesregierung endlich zur „Chefsache“ erklärt werden.

In Deutschland hatten im vergangenen Jahr so viele Menschen Asyl beantragt wie seit 2016 nicht mehr. Knapp 218.000 Menschen stellten laut Jahresstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erstmalig in Deutschland ein solches Schutzersuchen. Das waren knapp 47 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die rund eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die im vergangenen Jahr in Deutschland Aufnahme fanden, mussten keinen Asylantrag stellen. Sie erhalten auf Basis einer EU-Richtlinie unmittelbar vorübergehenden Schutz.

Auch der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, sieht Handlungsbedarf. Ein „Krisentreffen“ mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei überfällig. In den Landkreisen sei die Belastungsgrenze durch die Flüchtlingsaufnahme vielfach bereits überschritten. „Die Situation vor Ort ist nicht einfach, dies stellt auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Frage“, sagte Sager dem Handelsblatt.

Er plädierte zudem für eine Begrenzung des Zuzugs von Migranten. „Die europäischen Außengrenzen müssen geschützt und die Rückführungen innerhalb der EU deutlich verstärkt werden“, sagte Sager mit Blick auf Zuwanderung insbesondere aus Afghanistan und Syrien. Die meisten Migranten kamen im vergangenen Jahr aus Syrien, Afghanistan, der Türkei und dem Irak.

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