Die Londoner Metallbörse (London Metal Exchange – LME) wird von einem großen Betrugsfall erschüttert. Wie der englischsprachige Dienst von Reuters berichtet, hatte die Börse daraufhin am 17. März den Handel mit dem Industriemetall eine Woche lang ausgesetzt.
„Die Börse hat Informationen erhalten, wonach eine Reihe von physischen Nickel-Transporten aus einem bestimmten Warenlager eines von der LME zertifizierten Anbieters Unregelmäßigkeiten aufweisen“, heißt es in einer Stellungnahme. Insgesamt gehe es um 54 Tonnen. Die LME nannte weder den Standort noch den Namen des Warenlagers.
Bloomberg zitiert namentlich nicht genannte Quellen, wonach in Säcken, die Nickelbriketts enthalten sollten, Steine gefunden wurden. Das betroffene Warenhaus befinde sich in Rotterdam und werde von der Firma Access World betrieben, so die Zeitung.
Die LME rief Warenhausbetreiber auf, ihre Bestände zu überprüfen. Dies ist auch der Grund, warum der Handel mit dem Metall eine Woche lang ausgesetzt wird.
Nickel – anfällig für Betrügereien
Es ist nicht das erste Mal in der jüngsten Vergangenheit, dass Nickel-Händler mit Skandalen und Unregelmäßigkeiten auffallen. Der Handel mit dem Metall ist anfällig für Betrügereien, weil Nickel wertvoll ist, im Zuge der Energiewende zunehmend nachgefragt wird und darüber hinaus häufig als Pfand für Finanzgeschäfte und Bankkredite genutzt wird.
Erst im vergangenen Jahr warnte der Rohstoffhändler Trafigura vor „systematischen Betrügereien“, die der Konzern bei einem Subunternehmer entdeckt haben wollte. In mehr als 1.100 Containern im Gesamtumfang von rund 25.000 Tonnen könnte sich demnach nicht wie in den Papieren angegeben Nickel befunden haben. Das Unternehmen schrieb im Februar in einer Pressemitteilung:
Trafigura hat kürzlich einen systematischen Betrug entdeckt, der von einer Gruppe von Unternehmen begangen wurde, die mit Herrn Prateek Gupta verbunden sind und anscheinend von ihm kontrolliert werden, darunter TMT Metals und Unternehmen der UD Trading Group. Trafigura hat rechtliche Schritte gegen Herrn Gupta und die beteiligten Unternehmen eingeleitet.
Der Betrug betrifft Nickel in Containern, das im Jahr 2022 transportiert wurde, und beinhaltet falsche Angaben und die Vorlage einer Vielzahl falscher Unterlagen. Der Betrug ist auf einen bestimmten Geschäftsbereich beschränkt. Wir haben keine Beweise dafür gesehen, dass irgendjemand bei Trafigura an dieser illegalen Aktivität beteiligt oder mitschuldig war.
Eine gründliche Überprüfung ist im Gange. Seit Ende Dezember 2022 wurde ein kleiner Teil der von diesen Unternehmen gekauften Container bei ihrer Ankunft am Bestimmungsort kontrolliert und es wurde festgestellt, dass sie kein Nickel enthalten. Die Mehrzahl der Sendungen bleibt unterwegs und wartet auf weitere Inspektionen. Nichtsdestotrotz verzeichnete die Gruppe im ersten Halbjahr 2023 eine Belastung von 577 Millionen US-Dollar für Trafigura Group Pte Ltd., die als das maximale Verlustrisiko im Zusammenhang mit diesem Betrug geschätzt wird.
Im März 2022 – kurz nach dem Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine – kam es darüber hinaus zu schweren Verwerfungen auf dem weltweiten Nickel-Markt. In Erwartung von Sanktionen des Westens gegen russisches Nickel (das Land steuert etwa 10 Prozent der Weltjahresleistung bei) vervielfachten sich die Preise innerhalb weniger Tage und lösten einen sogenannten „Short Squeeze“ beziehungsweise hohe Nachschussforderungen bei Marktteilnehmern aus, die im Futures-Terminhandel auf sinkende Preise gewettet hatten
Auch damals setzte die LME den Handel mit dem Industriemetall mehrere Tage lang aus.
Im Februar 2022 gewann der Broker ED&F Man in London ein Gerichtsverfahren gegen mehrere Rohstoffhändler, bei dem es ebenfalls um Betrügereien mit Nickel ging. Dem Broker wurden daraufhin 283 Millionen Dollar Schadensersatz zugesprochen.
Im Dezember 2021 wurde Klage gegen einen Geschäftsmann aus Singapur erhoben, welcher mit gefälschten Nickel-Lieferungen einen Schaden von mehr als einer Milliarden Dollar angerichtet haben soll.
Ein 2017 begonnener Rechtstreit zwischen der französischen Bank Natixis und Marex Financial führte 2019 zu einer Entschädigung für Natixis von 32 Millionen Dollar.