Deutschland

Preise steigen langsamer, aber Inflation bleibt ein Risiko

Lesezeit: 2 min
30.03.2023 15:12  Aktualisiert: 30.03.2023 15:12
Die Inflation in Deutschland ist im März auf den tiefsten Stand seit sieben Monaten gefallen. Doch Ökonomen zufolge ist dies wohl nur die Ruhe vor dem Sturm.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Niedrigere Benzin- und Heizölpreise drückten die Inflation in Deutschland im März auf den tiefsten Stand seit sieben Monaten. Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich 7,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in einer ersten Schätzung mitteilte. Im Januar und Februar hatte die Teuerung noch jeweils bei 8,7 Prozent gelegen. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten sogar einen Rückgang auf 7,3 Prozent erwartet.

"Das dürfte der erste Schritt eines nachhaltigen Abwärtstrends bei den Teuerungsraten in Deutschland sein", sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. "In den kommenden Monaten ist nun mit einem weiteren, kontinuierlichen Rückgang der Inflationsraten zu rechnen." Entwarnung geben viele Experten dennoch nicht. "Ein Durchbruch bei der Inflationsbekämpfung ist das nicht", sagte der Chefökonom des Finanzhauses HQ Trust, Michael Heise. "Für den Verbraucher ist es im Grunde wichtiger, was von Monat zu Monat passiert." Und hier sei die Teuerung noch immer recht hoch. Von Februar auf März zogen die Preise um 0,8 Prozent an.

Preistreiber Nummer eins blieben Nahrungsmittel: Sie verteuerten sich um durchschnittlich 22,3 Prozent im Vergleich zum März 2022 und damit stärker als im Februar mit 21,8 Prozent. "Das liegt vor allem daran, dass Gemüse offenbar aufgrund von Ernteausfällen einiger Lieferländer knapp geworden ist", sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding.

Energie kostete nur noch 3,5 Prozent mehr als vor einem Jahr, nach 19,1 Prozent im Februar. Dabei spielte ein günstiger Basiseffekt eine Rolle. So waren vor einem Jahr nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine die Energiepreise in die Höhe geschnellt. Nun werden sie erstmals mit den schon erhöhten Preisen verglichen, nicht mehr mit den niedrigeren vor Kriegsausbruch - das wird als Basiseffekt bezeichnet. In Nordrhein-Westfalen etwa verbilligten sich Kraftstoffe wie Benzin und Diesel um 19,3 Prozent, in Bayern um 17,1 Prozent.

"Eine Entwarnung für die EZB ist das noch nicht", schränkte Ökonom Schmieding ein. Grund dafür ist die hartnäckig hohe Kerninflation, bei der die stark schwankenden Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet werden. Der Commerzbank zufolge ist sie im März sogar gestiegen, von 5,7 auf 5,9 Prozent. Das gilt als Zeichen dafür, dass die Inflation zunehmend in der Breite der Wirtschaft ankommt. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer gibt daher noch keine Entwarnung. "Der unterliegende Preisanstieg ist noch immer sehr hoch. Dabei dürfte es noch lange bleiben", sagte Krämer. "Schließlich rollt mit dem absehbaren starken Anstieg der Löhne eine neue Kostenwelle auf die Wirtschaft zu."

Nach den Worten von EZB-Direktorin Isabel Schnabel erweist sich die Kerninflation inzwischen als viel hartnäckiger als die Gesamtinflation. "Und natürlich verursacht das auch einige Kopfschmerzen für Notenbanker", merkte sie an. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in diesem Monat ihren Leitzins von 3,0 auf 3,5 Prozent erhöht, um die Inflation in der gesamten Euro-Zone einzudämmen.

Die Wirtschaftsweisen erwarten im Jahresschnitt eine Inflationsrate von 6,6 Prozent, nach 6,9 Prozent im vergangenen Jahr. Erst 2024 dürfte sie merklich zurückgehen, und zwar auf 3,0 Prozent. (Reuters)


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...