Deutschland

Schwere Schläge für den deutschen Wohnungsbau

Deutschlands Wohnungsbau bricht ein. Einer der wichtigsten Gründe für die Krise wird so gut wie nie genannt.
17.05.2023 09:00
Aktualisiert: 17.05.2023 09:56
Lesezeit: 2 min

Die Krise im deutschen Wohnungsbau verschärft sich: Die Zahl der Baugenehmigungen brach im März so stark ein wie seit 16 Jahren nicht mehr. Nur noch 24.500 Wohnungen wurden genehmigt und damit 29,6 Prozent oder 10.300 weniger als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte.

Einen stärkeren Rückgang gab es zuletzt im März 2007 mit minus 46,5 Prozent. Die Zahl sinkt damit seit Mai 2022 kontinuierlich, seit Oktober 2022 liegt das Minus bei jeweils mehr als zehn Prozent.

Hauptgrund wird nicht genannt

„Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem hohe Kosten für Baumaterialien und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben“, erklärten die Statistiker den Abwärtstrend.

Wegen der Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die hohe Inflation haben sich Baukredite spürbar verteuert. Von Januar bis März wurden insgesamt 68.700 Genehmigungen für Wohnungen erteilt, das waren 25,7 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. In den Zahlen sind sowohl die Zusagen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten.

Ein wichtiger Grund für die Krise – möglicherweise der wichtigste – wird in den Medien nach wie vor nicht genannt: immer neue Klima-Vorgaben verteuern und verkomplizieren den Wohnungsbau derart, dass sich immer mehr potenzielle Bauherren zurückhalten.

Der negative Trend dürfte auch auf die Konjunktur durchschlagen. „Im ersten Quartal lief der Bau wetterbedingt noch relativ gut“, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. „Das war aber ein letztes Aufbäumen.“ Viele Neubauvorhaben seien schon im vergangenen Jahr nach und nach eingestellt worden, vor allem wegen höherer Materialkosten. „Jetzt kommen die gestiegenen Zinsen noch hinzu“, sagte Brzeski. „Ich gehe davon aus, dass wir jetzt durch eine längere Durststrecke gehen werden und erst in einem guten Jahr wieder deutliche Verbesserungen sehen werden.“

Die Zahl der Bauzusagen für Einfamilienhäuser brach im März überdurchschnittlich stark ein, und zwar um 31,1 Prozent auf 14.300. Bei den Zweifamilienhäusern gab es einen noch größeren Rückgang von 51,9 Prozent auf 4100. „Auch bei der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart, den Mehrfamilienhäusern, verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen deutlich“, betonten die Statistiker. Hier gab es ein Minus von 25,2 Prozent auf 37.200.

In diesem Jahr dürften nach Branchenschätzungen „bestenfalls“ 250.000 Wohnungen fertiggestellt werden. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hat bereits eingeräumt, dass das Neubauziel der Ampel-Koalition von 400.000 Wohnungen jährlich auch 2023 verfehlt werde.

Die Immobilienbranche pocht angesichts der Misere auf mehr Engagement der öffentlichen Hand. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) plädiert für ein Kreditprogramm vom Bund mit zwei Prozent Zinsen. „Wenn die Wohnungsbaurenditen bei zwei bis drei Prozent stehen, die Kreditzinsen aber bei vier Prozent, kann niemand bauen“, sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner. „Daher müssen wir die Rahmenbedingungen radikal ändern.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Messerattacke: Aschaffenburg betrauert nach Gewalttat zwei Tote - was wir wissen
22.01.2025

Am Mittwochmittag wurde die Stadt Aschaffenburg von einer schrecklichen Gewalttat erschüttert. Ein 28-jähriger Mann attackierte nach...

DWN
Politik
Politik Wann greift Russland an? Geheimdienste rechnen mit 2028
22.01.2025

Russischer Angriff ab 2028? Geheimdienste warnen davor, dass Russland die EU in den kommenden Jahren an der Ostgrenze angreift. Laut...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank - Schwäche der deutschen Wirtschaft hält an, aber es gibt Hoffnungsschimmer
22.01.2025

Der Bundesbank zufolge ist ein Aufschwung in der deutschen Wirtshaft ist vorerst nicht in Sicht. Dafür gibt es mehrere Gründe. Doch etwas...

DWN
Politik
Politik YouGov-Wahlumfrage: AfD und SPD gleichauf - CDU rutscht ab
22.01.2025

In der neuesten Wahlumfrage von YouGov kann die SPD deutlich zulegen. Die AfD verliert dagegen. Beide Parteien liegen nun gleichauf. Auch...

DWN
Technologie
Technologie Projekt "Stargate" - OpenAI und Trump setzen auf KI-Rechenzentren für die Zukunft
22.01.2025

OpenAI und bedeutende Technologie-Partner investieren 500 Milliarden Dollar in neue Rechenzentren für Künstliche Intelligenz (KI). Das...

DWN
Politik
Politik China-Importe: Deutschlands Handel, Verbraucher und Zollbeamte fordern Regierung zu Regeln auf
22.01.2025

Täglich werden Hunderttausende Pakete mit Waren aus China auf den europäischen Markt geschwemmt, die China-Importe umgehen trickreich die...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Prognose 2025 mit mehr Potential als Risiko - Nvidia-Aktie Kursziel überzeugt
22.01.2025

Die Nvidia-Aktie gehört zu den Lieblingspapieren sowohl der institutionellen Investoren als auch der privaten Anleger. Der US-Chipkonzern...

DWN
Politik
Politik Rüstungsexporte steigen auf Rekordwert, mehr als die Hälfte geht an die Ukraine
22.01.2025

Die Regierung von Kanzler Scholz hatte sich ursprünglich vorgenommen, Rüstungsexporte mit einem Kontrollgesetz einzudämmen. Dann kam die...