Insbesondere der am vor zwei Wochen veröffentlichte Bericht über die Entwicklung der US-Verbraucherpreise gab auch den internationalen Rohstoffmärkten abermals einen Dämpfer, die Sorgen um einen möglicherweise bevorstehenden Zahlungsausfall der weltgrößten Volkswirtschaft tun derzeit ihr Übriges. Während letzteres zwar eher eine theoretische Möglichkeit darstellt – in der Vergangenheit wurde eine solche Situation stets wohlgefällig geklärt – behalten die sich wieder verstärkenden Rezessionsängste ihr Preisrutschpotenzial. König Dollar zieht derweil wieder an und lastete ebenfalls auf der in Dollar denominiertem Assetklasse.
Wird die US-Zinspause verschoben? Wohl eher nicht
Der veröffentlichte Bericht über die Entwicklung der US-Verbraucherpreise entsprach im Wesentlichen den Erwartungen. So lag die für die Fed zur Beurteilung der Wirksamkeit ihrer Geldpolitik wichtige Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) im Jahresvergleich mit 5,5 Prozent leicht unterhalb des vorigen Wertes, im Monatsvergleich unverändert bei 0,4 Prozent. Die Fed hatte ja bereits mehr als angedeutet, dass sie auf der kommenden Juni-Sitzung eine Pause einlegen und die Leitzinsen zunächst nicht weiter anheben könnte. Das Ausbleiben einer deutlicheren Abschwächung ließ daran jedoch erneut Zweifel aufkommen, und auch, dass der ein oder andere Vertreter der US-Notenbank direkt wieder hawkishe Töne anschlug trübte die Stimmung. So erklärte beispielsweise die Gouverneurin der US-Notenbank, Michelle Bowman, im Rahmen eines Symposiums der Europäischen Zentralbank in Frankfurt, dass die US-Notenbank die Zinssätze wahrscheinlich weiter anheben und für einige Zeit beibehalten muss, wenn das Preiswachstum - und der Arbeitsmarkt - keine Anzeichen für eine Abkühlung zeigten. Die Ausmasse der daraufhin erfolgten Preisrutsche bei Gold, Silber, Rohöl, etc. scheinen jedoch unangemessen. Schaut man etwas tiefer in die Daten und Herrn Powells Rhetorik, bemerkt man interessanterweise, dass dieser sich immer mehr auf einen Teilbereich dieser Datensammlung konzentriert. Mehr und mehr interessant wird die Preisentwicklung im Dienstleistungssektor, da die Probleme in den Lieferketten nachlassen und die Verbraucher ihre Ausgaben auf Reisen und andere Dienstleistungen verlagern, die ihnen während der Pandemie vorenthalten wurden. Und dort, im Bereich der Kerndienstleistungspreise (ohne Wohnungsmarkt, da dessen Veränderungen nur mit einer sehr langen Verzögerung einfliessen), zeigte sich die Inflationsentwicklung sehr ermutigend so niederig wie seit Juli letzten Jahres nicht mehr. Betrachtet man den Gesamtindex, so liegt dieser zum ersten Mal seit zwei Jahren unter fünf Prozent. Alles in allem war dieser Bericht wohl gut genug, damit die Fed im Juni von einer weiteren Zinserhöhung absehen wird.
Europa setzt seine Geldpolitik fort – Edelmetalle dürften profitieren
Und während sich in den USA der Wind bereits zu drehen scheint (beziehungsweise begonnen wird, eine solche potenzielle Drehung in die Märkte einzugepreisen), bleibt man hierzulande konsistent: wie EZB-Ratsmitglied Joachim Nagel verlautbarte, wird die Europäische Zentralbank ihr eigenes Straffungsprogramm möglicherweise über den Sommer hinaus fortsetzen müssen. Zwar wird auch hierzulande die Gesamtinflation dank der rasch sinkenden Energiepreise zurück gehen, die Kernrate aber vor allem auf Grund der weiter steigenden Lebensmittelpreise anhaltend hoch bleiben. Im Zuge der Frühjahrsprognose der Europäischen Kommission hob diese gestern (15.05.) ihre Erwartung der jährlichen Inflationsrate im Euroraum um 0,2 Prozentpunkte gegenüber der vorherigen Schätzung an. Damit scheint auch dem US-Dollar nur ein kurzer Aufwärtsschub vergönnt zu sein und sich dessen Abwärtstrend, entgegen den Prognosen der Euro-Totsager, bereits in Kürze weiter fortsetzen. Infolge dessen dürfte der gesamte Rohstoffsektor wieder Rückenwind erhalten, insbesondere aber der Edelmetallbereich profitieren. Gerade hier war der US-Dollar, neben der Entwicklung der US-Anleiherenditen, in der jüngsten Vergangenheit der entscheidende Preistreiber.
Drohender US-Zahlungsausfall als Unsicherheitsfaktor
Der deutliche Rückfall vom Anfang März erreichten Hoch bei Gold, welches auf Dollarbasis bereits in Sichtweite des All-Time-Highs aus August 2020 lag, sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass das Edelmetall nach wie vor über einen berechtigten Status als „sicherer Hafen“ verfügt und sein Kurspotenzial mittelfristig noch nicht ausgeschöpft haben dürfte. Großen Raum nimmt diesbezüglich auch die Diskussion zur aktuell herrschende politische Pattsituation hinsichtlich der Abwendung des sich noch abzeichenden Zahlungsausfalls der USA ein. „Noch“ ist hier durchaus nicht unwichtig, denn je näher der Termin für das Erreichen der Schuldenobergrenze auch rückt, desto mehr werden die Märkte alarmiert und desto dramatischer erfolgt die Berichterstattung. Jamie Dimon von JPMorgan vermeldete die Einrichtung eines „War Rooms“, in welchem sein Bankhaus dann dem Armageddon begegnen würde. Der IWF äusserte sich zwar weniger theatralisch, aber inhaltlich vergleichbar. In der Tat wären die Folgen der Ereignisse fatal, würde man bis zum 01. Juni keine Lösung finden. Nur, es wird wohl nicht dazu kommen. Die Geschichte der USA ist reich an drohenden Zahlungsausfällen. Seit 1790 wurden jedoch sämtliche, darunter auch solche in sehr herausfordernden gesellschaftlichen wie politischen Epochen, stets gelöst. Die USA, und auch der Rest der Welt, wurden dadurch nie in den Abgrund gerissen.
Kleine Banken – große Risiken
Viel entscheidender hingegen dürfte die kürzliche Pleite dreier, über die Staatsgrenzen hinaus nur wenigen bekannten, US-Regionalbanken sein. Im Zuge dessen wurde mehr Vermögenswert vernichtet, als durch die 25 Bankenpleiten des Jahres 2008 zusammen, was nachdenklich stimmen und dazu veranlassen sollte, das Steuer Richtung schützender Bucht zu drehen. Dass darüber medial geflissentlich geschwiegen wird, nimmt der Sache nicht die Bedrohlichkeit. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass das Thema bereits erledigt ist und unter der Oberfläche nicht noch weitere Brände schwelen. Und Versicherungen kauft man am besten dann, wenn man sie noch nicht braucht. Bisweilen hat sich diese Einschätzung am Goldmarkt noch nicht durchgesetzt und es überwiegen die negativen Fundamentaldaten aus schwachen US-Wirtschaftszahlen, erstarkendem Dollar und globalen Rezessionssorgen.