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Forschung: Mehrheit der Finfluencer verbreitet nur „weißes Rauschen“

Lesezeit: 3 min
09.06.2023 13:07  Aktualisiert: 09.06.2023 13:07
Finanz-Influencer geben Anlagetipps an Millionen von Menschen. Doch laut Studien ist bloß eine Minderheit sachkundig.
Forschung: Mehrheit der Finfluencer verbreitet nur „weißes Rauschen“
Ein Finfluencer bei der Aufnahme eines Videos. (Foto: iStock.com/g-stockstudio)

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Sie geben auf Youtube, Instagram und Co. Tipps, wie man sein Geld am besten anlegt. Finanz-Influencer – oder kurz Finfluencer – wurden in den vergangenen Jahren immer zahlreicher und dürften Millionen von Anleger erreichen, insbesondere Jüngere.

Laut einer Umfrage der Fachhochschule St. Pölten haben 49 Prozent der Follower schon einmal ein Investment aufgrund einer Empfehlung eines Finfluencers getätigt. Für die meisten war die sachliche Analyse entscheidend (93 Prozent), aber viele gaben auch an, der Finfluencer habe sie davon überzeugt (74 Prozent). Die Umfrage war gleichwohl nicht repräsentativ, weil nur 247 Follower zwischen 18 und 34 Jahren befragt wurden.

Laut dem Finanzwissenschaftler Norman Schürhoff lässt sich nicht eindeutig sagen, ob Finfluencer die finanzielle Situation ihrer Follower verbessern. Der Professor der Universität Lausanne hat mit mehreren Kollegen Prognosen von über 29.000 Finfluencern ausgewertet, die diese auf der Plattform Stocktwits.com veröffentlichten – eine Art Twitter für Anleger.

Nur 6 Prozent sind sachkundig

Finfluencer könnten durchaus Wert stiften und den Followern nützliche Informationen bereitstellen, erklärt Schürhoff schriftlich auf DWN-Anfrage. „Der Wert der Informationen von sachkundigen Finfluencern kann mehrere Prozent Anlagerendite pro Monat bedeuten.“

Allerdings sind laut Schürhoffs Analyse der Stocktwits-Daten weniger als 6 Prozent der Finfluencer sachkundig. „Ein großer Anteil von Finfluencern ist uninformiert und verbreitet nur ,noise’ oder weißes Rauschen“, erklärt er.

Die Studie unterscheidet zwischen Finfluencern, die eine Outperformance erzielen („skilled“), die die Marktrendite einfahren („unskilled“) und die schlechter als der Markt performen („anti-skilled“). Demnach sind 56 Prozent der Finfluencer auf Stocktwits „anti-skilled“. Wer ihren Voraussagen gefolgt wäre, der hätte im Schnitt um 2,3 Prozent pro Monat hinter der allgemeinen Marktentwicklung gelegen.

16 Prozent waren wiederum „unskilled“ und 28 Prozent „skilled“. Die „skilled“-Finfluencer konnten den Markt um 2,6 Prozent pro Monat outperformen. Schürhoff und Co. untersuchten dabei mittels einer wahrscheinlichkeitstheoretischen Methode, ob die skilled-Finfluencer nur durch Glück outperformten oder ob sie tatsächlich sachkundig waren.

Ein Finfluencer gelte dabei als „sachkundig, wenn sie/er außergewöhnliche Renditen generiert und diese nicht durch Zufall erklärt werden können, weil sie regelmäßig auftreten“, erklärt Schürhoff.

US-Wissenschaftler gelangen in einer aktuellen Studie zu ähnlichen Ergebnissen. Sie untersuchten rund 36.000 Twitter-Tweets von 180 prominenten Finfluencern im Kryptobereich. Demnach liefern die Prognosen bloß in den ersten Tagen nach Veröffentlichung Zugewinne. Bereits nach 10 beziehungsweise 20 Tagen würden Follower Verluste von 2,2 beziehungsweise 6,5 Prozent einfahren, falls sie den Prognosen folgten, berichten die Wissenschaftler der Universität Indiana und der Harvard-Universität.

Prognosen haben nur „minimalen“ Wert

Das deute darauf hin, „dass solche Empfehlungen nur einen minimalen langfristigen Investitionswert generieren“. Anleger könnten allenfalls von den Prognosen profitieren, falls sie den Krypto-Wert kurz nach Erscheinen eines Tweets verkaufen würden. Das sei aber nicht immer möglich, weil manche Kryptomärkte illiquide seien. Außerdem gebe es in der Krypto-Anlegergemeinschaft eine starke Überzeugung, Krypto-Werte niemals zu verkaufen.

Laut der US-Studie waren die Minusrenditen umso höher, je kleiner und somit illiquider eine Kryptowährung war und je mehr Follower ein Finfluencer hatte.

Auch Schürhoff und Kollegen berichten, dass die weniger fähigen Finfluencer mehr Follower haben als die Finfluencer, die korrekte Voraussagen treffen. Die weniger fähigen, beliebten Finfluencer ließen Herdenverhalten erkennen und seien bullisch bei Vermögenswerten, die sich in der Vergangenheit besonders gut entwickelt hätten. Diese Verhaltensmuster gingen aber in der Regel mit schlechterer Performance einher.

Die Follower seien meist Kleinanleger, die die gleichen Verhaltensmuster an den Tag legten, führt Schürhoff aus. „Finfluencer reden also ihren Followern sozusagen ,nach dem Mund’. Man könnte sie auch als Gurus bezeichnen.“ Ob die Finfluencer schlechten Rat erteilten, weil sie daraus einen finanziellen Vorteil ziehen oder weil sie es nicht besser wissen, lasse sich auf Basis der Daten nicht sagen, erklärt Schürhoff.

Wie viel Einfluss die Finfluencer tatsächlich haben, ist indes unklar. Laut der Umfrage der Fachhochschule St. Pölten informieren sich Follower auch in klassischen Online-Finanzmedien. „Die Befürchtung, dass sich junge Investoren auf Social Media nur noch in einer ,Finfluencer-Bubble’ bewegen, wird in unserer Studie nicht bestätigt“, schreiben die Forscher.

Die Suche nach Empfehlungen für neue Aktien war denn auch bloß für 19 Prozent ein Grund, dem Finfluencer zu folgen. Die Follower wollten vor allem wichtige Finanzinformationen erhalten (76 Prozent) und neues Wissen erlangen (72 Prozent). Viele fanden zudem die Inhalte unterhaltsam (66 Prozent). „Finfluencing ist also eine Form des Infotainments“, schreiben die Forscher.

Eine einseitige Verteufelung von Finfluencern sei daher unangebracht. „Es gibt zahlreiche Finfluencer, die Social Media verantwortungsbewusst und transparent nutzen und dabei auch konsequent auf mögliche Risiken hinweisen“, heißt es weiter. „Schlechten Rat gab es schon immer, lange vor dem Social-Media-Zeitalter.“

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Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 


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