Politik

AfD gewinnt Bürgermeisterwahl in Sachsen-Anhalt

Erneut kann die AfD ein kommunales Spitzenamt erringen. Der neue Bürgermeister betont zwar, dass es in seinem Wahlkampf nur um kommunale Themen gegangen sei. Trotzdem könnte sein Erfolg die Debatte über den AfD-Höhenflug befeuern.
03.07.2023 11:02
Aktualisiert: 03.07.2023 11:02
Lesezeit: 2 min
AfD gewinnt Bürgermeisterwahl in Sachsen-Anhalt
Hannes Loth (M/ AfD) neuer Bürgermeister in Raguhn-Jeßnitz, steht neben Martin Reichardt (r), Landesvorsitzender der AfD Sachsen-Anhalt. (Foto: dpa) Foto: Sebastian Willnow

Vor dem Hintergrund ihres bundesweiten Umfragehochs hat die AfD erneut eine kommunale Wahl in Ostdeutschland für sich entschieden. Der AfD-Kandidat Hannes Loth gewann am Sonntag die Bürgermeisterwahl in der Kleinstadt Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt – nur eine Woche, nachdem im thüringischen Sonneberg erstmals ein AfD-Landrat gewählt worden war.

Während Landespolitiker von Linken und Grünen in Sachsen-Anhalt besorgt reagierten, freute sich AfD-Landeschef Martin Reichardt über ein „Signal, dass wir den bundesweiten Aufwärtstrend (...) gerade auch hier in Mittel- und Ostdeutschland verstetigen können“.

AfD-Höhenflug: Nach Sonneberg nun Raguhn-Jeßnitz

Erst vor einer Woche hatte im südthüringischen Sonneberg Robert Sesselmann als bundesweit erster AfD-Kandidat eine Landratswahl gewonnen. Das sorgte international für Aufsehen und fachte die Debatte über den Höhenflug der AfD weiter an. Der Verfassungsschutz stuft die Partei bundesweit als Verdachtsfall im Bereich Rechtsextremismus einstuft. In deutschlandweiten Umfragen rangiert die AfD bei um die 20 Prozent.

Nach der Stichwahl in der 8800-Einwohner-Stadt Raguhn-Jeßnitz erklärten die Linken-Landesvorsitzenden Janina Böttger und Hendrik Lange: „Es ist beunruhigend, dass es nun Vertretern rechtsradikaler AfD-Landesverbände gelingt, kommunale Spitzenämter einzunehmen“ Der Grünen-Landesvorsitzende Dennis Helmich bezeichnete das Ergebnis als „massiv enttäuschend“.

Der CDU-Landrat des Landkreises Anhalt-Bitterfeld, in dem Raguhn-Jeßnitz liegt, warnte vor weiteren Erfolgen der AfD. „Wenn die Politik, die momentan die Ampel-Regierung vollzieht, so bestehen bleibt, werden das nicht der letzte Bürgermeister und der letzte Landrat der AfD gewesen sein“, sagte Andy Grabner der Deutschen Presse-Agentur.

Nicht nur in Ostdeutschland, auch bundesweit könnte das in Zukunft die politische Richtung sein, warnte er. „Das ist kein Sachsen-Anhalt-Phänomen.“ Loths Wählerinnen und Wähler seien keineswegs alle Rechtsradikale. „Da sind ganz normale Menschen von nebenan – wie du und ich.“

AfD profitiert von Unzufriedenheit mit Regierungspolitik

Der AfD-Landtagsabgeordnete Loth setzte sich in der Stichwahl mit 51,13 Prozent gegen den parteilosen Kandidaten Nils Naumann durch. Der 42-Jährige wurde damit zum ersten hauptamtlichen AfD-Bürgermeister in Sachsen-Anhalt gewählt. Die AfD sprach auf Twitter sogar vom ersten AfD-Bürgermeister Deutschlands – wobei bis 2020 im baden-württembergischen Burladingen ein Bürgermeister amtierte, der zur AfD gewechselt war.

Loth betonte am Abend, sein Wahlkampf sei rein auf kommunalen Themen aufgebaut gewesen – es gehe um die Stärkung der Feuerwehr, um Kitas und mehr Bürgerbeteiligung. Ob ihm die Wahl Sesselmanns geholfen habe, wisse er nicht. Er stehe auch für diejenigen bereit, die ihn nicht gewählt hätten.

Angesichts des AfD-Höhenflugs warnte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer vor einer zunehmenden Polarisierung in Deutschland. „In diesem Land gerät etwas ins Rutschen“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Menschen seien verstört, wie Politik gemacht werde in Deutschland. „Wir sind auf dem Weg in eine Polarisierung, wie wir sie aus Amerika kennen. Die Debatte der vergangenen Woche hat nicht erkennen lassen, dass alle das begriffen haben.“

Selbst bei der Wahl in Sonneberg hätten vor allem Deutschlandthemen eine Rolle gespielt. „Energiewende, Heizungsgesetz, Flüchtlingspolitik und Russland-Embargo haben der AfD den Sieg gebracht“, meint Kretschmer. „Diese Themen drohen die Gesellschaft zu zerreißen.“ Politiker griffen zu „Schuldzuweisung und Abgrenzung, statt sich mit unangenehmen Wahrheiten auseinanderzusetzen“, das sei nicht verantwortungsvoll. „Es muss jetzt um Sachfragen gehen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität: Wie Deutschland bei Breitband, 5G und Cloud die Abhängigkeit verringern kann
22.11.2025

Verpasst Deutschland die digitale Zeitenwende? Der Wohlstand von morgen entsteht nicht mehr in Produktionshallen, sondern in...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz-Erfinder warnt: „Meine Schöpfung kann uns vernichten“
22.11.2025

Er gilt als einer der „Väter der Künstlichen Intelligenz“ – jetzt warnt Yoshua Bengio vor ihrer zerstörerischen Kraft. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zwischen Škoda-Erfolg und Chinas Einfluss: Was die Abhängigkeit für deutsche Autobauer bedeutet
22.11.2025

Elektromobilität ist längst kein Nischenphänomen mehr, sondern prägt zunehmend den europäischen Massenmarkt. Doch wie gelingt es...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachtsmarkt-Sicherheit: Was bringen Beton, Kameras und Co. auf Weihnachtsmärkten wirklich?
22.11.2025

Deutsche Weihnachtsmärkte stehen für Atmosphäre, Tradition und Millionen Besucher. Gleichzeitig wächst die Debatte über Schutz,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ticketsteuer sinkt: Flugbranche verspricht mehr Verbindungen – Passagiere bleiben skeptisch
22.11.2025

Die Bundesregierung will den Luftverkehr mit einer Absenkung der Ticketsteuer ab Mitte nächsten Jahres entlasten. Die Flug- und...

DWN
Politik
Politik New York-Wahl: Was Mamdanis Sieg für Europa bedeutet
22.11.2025

Der Sieg eines radikalen Sozialisten in New York, Deutschlands Stillstand und Polens Aufstieg: Ein Kommentar darüber, wie politische und...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash: Wie Zinsen und KI die Kryptomärkte unter Druck setzen
21.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten stellen Anleger, Unternehmen und Regulierer gleichermaßen auf die Probe. Welche Kräfte...