Politik

Bundesverfassungsgericht stoppt Heizungsgesetz vorerst

Das Bundesverfassungsgericht hat das umstrittene Heizungsgesetz der Ampel-Koalition vorerst gestoppt. Das Gericht gab dem Eilantrag eines CDU-Politikers statt, dem das Gesetzgebungsverfahren zu schnell ging.
06.07.2023 10:42
Aktualisiert: 06.07.2023 10:42
Lesezeit: 2 min
Bundesverfassungsgericht stoppt Heizungsgesetz vorerst
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, 2.v.r) spricht im Bundestag bei der Befragung der Bundesregierung neben Christian Lindner (FDP, l), Bundesminister der Finanzen, und Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen, M), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, zu den Abgeordneten im Plenum. (Foto: dpa)

Das Bundesverfassungsgericht hat das umstrittene Heizungsgesetz vorerst gestoppt. Die Karlsruher Richter entschieden am Mittwochabend, der Bundestag müsse sich mehr Zeit für die Beratung nehmen.

Der Eilantrag des CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann hatte damit Erfolg. Er hatte argumentiert, wegen der kurzen Beratungszeit seien seine Mitwirkungsrechte verletzt. Für die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ist das eine Schlappe. Eigentlich sollte der Gesetzentwurf, mit dem der Klimaschutz im Gebäudebereich ab 2024 forciert werden soll, noch in dieser Woche und damit vor der parlamentarischen Sommerpause beschlossen werden.

Heizungsgesetz nach CDU-Klage vorläufig gestoppt

Heilmann wertet den vorläufigen Stopp des umstrittenen Heizungsgesetzes durch das Verfassungsgericht als Weckruf. Eigentlich habe er der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP damit einen Gefallen getan, sagte der frühere Berliner Justizsenator am Donnerstag. Das sonst beschlossene Gesetz wäre verfassungsrechtlich angreifbar gewesen.

Heilmann hatte am Mittwochabend mit seinem Eilantrag in Karlsruhe Erfolg. Die Ampel darf das Gesetz nicht wie geplant in dieser Woche beschließen, sondern muss sich mehr Zeit für die Beratung im Bundestag nehmen. Das höchste deutsche Gericht entschied, die Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes dürfe nicht mehr in dieser Woche erfolgen. Eine Beratungszeit von mindestens 14 Tagen, die Heilmann beantragt hatte, wurde jedoch nicht vorgeschrieben. Damit liegt der Ball nun beim Bundestag, den Zeitplan neu zu regeln.

„Effektiv vier Tage Parlamentsbeteiligung genügen nicht“, sagte der frühere Berliner Justizsenator Heilmann der Nachrichtenagentur Reuters. „Davon war ich fest überzeugt. Natürlich freue ich mich, dass das Bundesverfassungsgericht mir jetzt gefolgt ist. Ich hoffe sehr, es stärkt unser Parlament.“ Am Donnerstagmorgen will Heilmann sich detaillierter bei einer Pressekonferenz in Berlin äußern.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, sagte, die Ampel habe vollmundig betont, das Parlament wieder zu einem Ort der Debatte zu machen. „Stattdessen zieht sich ihre Missachtung parlamentarischer Regeln wie ein roter Faden durch ihre Regierungszeit. Die Koalition muss endlich zur Besinnung kommen und ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren neu starten.“

Sondersitzung in der Sommerpause denkbar

Die Ampel-Koalition beriet am Abend über das weitere Vorgehen. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte der „Rheinischen Post“, ausdrücklich weise das Gericht auf die Möglichkeit einer Sondersitzung hin, über die nun beraten werden müsse. Eigentlich sollte über den Gesetzentwurf am Freitag entschieden werden und sich dann auch gleich der Bundesrat damit befassen.

Mit dem Gesetz sollen Heizungen möglichst schnell klimafreundlich werden. Viele Bürger fürchten dabei aber finanziell überfordert zu werden. Lange hatte sich auch die Ampel intern blockiert, weil über die Details erbittert gerungen wurde. Zunächst soll es vor allem in Neubaugebieten greifen. Bei Bestandsgebäuden sollen die Kommunen erst eine verbindliche Wärmeplanung ausarbeiten, um Alternativen zu Wärmepumpen zu überprüfen, etwa ein Anschluss an ein Fernwärmenetz.

Heilmann hatte vergangene Woche gesagt, es gehe ihm nicht nur um das Heizungsgesetz, sondern eine Grundsatzentscheidung, weswegen auf jeden Fall auch ein Hauptverfahren angestrebt werde. Zu viele Gesetze würden mittlerweile viel zu hastig gemacht und dann durch das Parlament gepeitscht. Beim Heizungsgesetz habe die Ampel zudem ein Platzhaltergesetz ins Parlament eingebracht, das nicht fertig gewesen sei und noch selbst deutlich verändert werden sollte.

Das Verfassungsgericht erklärte, den Abgeordneten stehe nicht nur das Recht zu, im Bundestag abzustimmen, sondern auch das Recht zu beraten. „Dies setzt eine hinreichende Information über den Beratungsgegenstand voraus.“ Es müsse im späteren Hauptsacheverfahren geprüft werden, ob die kurze Beratungszeit ohne ausreichenden sachlichen Grund erfolgte.

Der Zweite Senat des Gerichts begründete seine Entscheidung mit der in Eilverfahren üblichen Folgeabwägung. Die Nachteile seien schwerwiegender, wenn jetzt das Gesetz verabschiedet würde, im Hauptsacheverfahren aber festgestellt würde, dass die parlamentarischen Rechte der Abgeordneten verletzt wurden.

Diese Nachteile seien dann irreversibel eingetreten. Dagegen seien die Nachteile weniger schwerwiegend, wenn die Abstimmung jetzt verschoben würde, im späteren Hauptsacheverfahren aber dann der Antrag des Bundestagsabgeordneten Heilmann erfolglos wäre. Die Entscheidung erging mit zwei Gegenstimmen. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Technologie
Technologie Europa braucht mehr Roboter: VDMA fordert massive Investitionen in Automatisierung
26.02.2025

China verdoppelt seine Roboterdichte, während Europa zurückfällt. Die EU-Wirtschaft steht vor einer entscheidenden Weichenstellung: Ohne...

DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährung XRP: News zur SEC - wie viel Potenzial steckt noch im XRP-Kurs?
25.02.2025

Krypto-Investoren sind enttäuscht, weil der XRP-Kurs aktuell fällt. Nach der Trump-Rallye und dem Allzeithoch im Januar scheint dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden Ukraine: Trump kurz vor Abschluss des Rohstoffdeals - kommt die EU zu spät?
25.02.2025

Seltene Erden und Öl gegen US-Hilfen: Die Ukraine und die Vereinigten Staaten stehen nach Auffassung von US-Präsident Donald Trump kurz...

DWN
Politik
Politik Schuldenbremse: Merz offen für Reform im alten Bundestag - AfD und Linke bald mit Sperrminorität
25.02.2025

Nach den Wahlen ist klar, dass AfD und Linke im neuen Bundestag eine Sperrminorität genießen. Damit könnten sie unter anderem eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto: Bitcoin-Kurs fällt unter kritische 90.000-US-Dollar-Marke
25.02.2025

Mit der Wahl von Donald Trump schien eine goldene Ära für Kryptowährungen anzubrechen. Doch seit seiner Amtseinführung befindet sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Folgen der Zinspolitik: Bundesbank-Verlust auf Rekordniveau - was das für Sparer heißt
25.02.2025

Erstmals seit 1979 verbucht die Deutsche Bundesbank einen Verlust. Und dieser fällt so hoch aus wie nie zuvor: Rund 19,2 Milliarden Euro...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Thyssenkrupp-Aktie: Kurs steigt kräftig nach Marinesparte-Plänen
25.02.2025

Thyssenkrupp-Aktie legt am Dienstag einen kräftigen Kurssprung hin. Der Konzern will die Marinesparte abspalten und an die Börse bringen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Infrastruktur-Großaufträge stabilisieren Bauindustrie
25.02.2025

Die Entwicklung in der Bauindustrie bleibt weiterhin verhalten. Während es an neuen Projekten im Wohnungsbau mangelt, sorgen öffentliche...