Wirtschaft

Kupfer bleibt billig: Erwarten Anleger ein Ende der Energiewende?

Wegen der Nachfrage durch die Energiewende wurde ein starker Anstieg des Kupferpreises vorhergesagt. Doch die Kurse zeigen keine Anzeichen einer Erholung. Worauf spekuliert der Markt?
Autor
08.07.2023 09:32
Aktualisiert: 08.07.2023 09:32
Lesezeit: 3 min

Ende Juni warnte Robert Friedland, der Chef des kanadischen Bergbauunternehmens Ivanhoe, vor einem Engpass beim Kupferangebot. Die Klimapolitik würde die Nachfrage bald stark ansteigen lassen. Der Kupferpreis könnte um das Zehnfache ansteigen. Doch noch herrscht Ruhe am Kupfermarkt. Nachdem die Preise an der Londoner Metallbörse im letzten Jahr einen Höchststand von 10.700 Dollar pro Tonne erreichten, sind sie wieder auf 8.400 Dollar gefallen. Zudem liegen die Spotpreise weiterhin in Höhe der Preise für Lieferungen in drei Monaten oder darüber, was darauf hindeutet, dass Anleger keinen baldigen Anstieg erwarten.

Kupfer: Angebot und Nachfrage

Aufgrund seiner vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten in der Bau-, Elektronik- und Waffenindustrie sind die Kupferpreise ein Indikator für die Gesundheit der Weltwirtschaft insgesamt, was dem Metall im englischsprachigen Raum den Spitznamen "Dr. Copper" eingebracht hat. Die Sorgen um die Wirtschaft könnten daher die Aussichten des Kupfers für die Anleger düster erscheinen lassen. Der Aufschwung in China, das bis zu 55 Prozent des weltweiten Angebots verbraucht, lässt bereits wieder nach. Auch im Westen schwächt sich das Wachstum angesichts steigender Zinsen ab.

Der Preisverfall lässt sich jedoch nicht vollständig mit dem Mangel an Nachfrage erklären, argumentiert der Economist. So verbraucht China in diesem Jahr trotz der Flaute im Baugewerbe immerhin 5 Prozent mehr Kupfer als noch im Vorjahr. Ein Grund dafür ist möglicherweise, dass das Metall, das zur Herstellung von Verkleidungen, Rohren und Dächern verwendet wird, eher den Baufertigstellungen folgt, die sich gut entwickelt haben, als den Baubeginnen. Ein Anstieg um 7 Prozent bei der Herstellung von Kühlgeräten in Erwartung eines heißen Sommers stützt die Nachfrage nach Kupfer ebenfalls.

Der niedrigere Kupferpreis erklärt sich eben nicht nur durch die Nachfrage, sondern auch durch das gewachsene Angebot. Im Winters hat eine Reihe von Störungen - von Protesten in Peru bis zu Überschwemmungen in Indonesien - die weltweite Produktion beeinträchtigt. Jetzt lassen diese Produktionsprobleme wieder nach. Zudem machen die Finanzinvestoren derzeit einen Bogen um Kupfer. Denn angesichts hoher und steigender Zinssätze ziehen sie es vor, cash-generierende Anlagen wie Aktien oder Anleihen zu halten.

Im Übrigen liegen die heutigen Preise immer noch 2.500 Dollar pro Tonne über den Produktionskosten der "Marginalmine", sagt Robert Edwards vom Beratungsunternehmen CRU. Die "Marginalmine" ist jeweils die produzierende Mine mit den höchsten Produktionskosten. Wenn derzeit selbst die am wenigsten profitablen Minen gute Gewinne machen, so deutet dies offenbar darauf hin, dass die Korrektur eine Umkehr der Übertreibungen vom letzten Jahr darstellt und dass die Kupferpreise vorerst nicht wieder steigen sollten.

Was bringt die Energiewende?

Die Beschleunigung der Energiewende dürfte die Nachfrage ankurbeln. Der Absatz von Elektrofahrzeugen dürfte in den kommenden Jahren weiter erheblich zunehmen, und jedes E-Fahrzeug enthält drei- bis viermal so viel Kupfer wie ein entsprechender Benziner. Selbst in einem Szenario, in dem der Übergang langsam vonstatten geht, schätzt die Internationale Energieagentur (IEA), dass sich die Kupfernachfrage für umweltfreundliche Anwendungen, angetrieben durch den Boom bei Elektroautos und die Unterseekabel für Windparks, bis 2040 fast verdoppeln wird.

Das Angebot könnte mit einer solchen Nachfrage kaum Schritt halten. Das Durchschnittsalter der zehn größten Minen der Welt liegt bei 64 Jahren, was die Bergbauunternehmen dazu zwingt, tief nach Erzen von immer schlechterer Qualität zu graben, was die Produktion jeder neuen Tonne raffinierten Kupfers verteuert. Und neue Minen sind rar. Unter der Annahme, dass alle sicheren und wahrscheinlichen Projekte realisiert werden, prognostiziert das Beratungsunternehmen McKinsey, dass das Angebot bis 2031 auf 30 Millionen Tonnen ansteigen wird, was 7 Millionen Tonnen unter der geschätzten Nachfrage liegt.

Die meisten Prognosemodelle, darunter auch das der IEA, gehen davon aus, dass die Kupferverwendung jenseits der Energiewende stabil bleiben wird. Tom Price und Ben Davis von der Investmentbank Liberum Capital halten dies jedoch für unwahrscheinlich, da Chinas langer Bauboom wahrscheinlich zu Ende ist. Zudem werde das teure Kupfer Ersatz finden. Einige E-Autos verwenden bereits Aluminiumkabel. Und McKinsey weist darauf hin, dass neue Technologien - wenn sie ihr Potenzial ausschöpfen - einen Großteil der Angebotslücke in diesem Jahrzehnt schließen könnten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte im Fokus: Nokia profitiert von Nvidia-Deal und Technologie-Giganten setzen neue Rekorde
30.10.2025

Die Finanzmärkte zeigen aktuell eine Mischung aus leichten Rücksetzern und überraschenden Kursgewinnen. Während Anleger Zinssenkungen...

DWN
Politik
Politik Handelskrieg USA China: Trumps fataler Irrtum mit globalen Folgen
30.10.2025

Ein strategisches Planspiel in Washington zeigt, dass die USA den Wirtschaftskonflikt mit China längst hätten gewinnen können – wenn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation lässt nach: Aber weiter über zwei Prozent
30.10.2025

Die Inflation geht zurück, doch von Entlastung kann keine Rede sein. Zwar sinken die Preise für Energie leicht, dafür verteuern sich...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Zinsentscheid: Eurozone trotzt Zöllen und politischer Krise
30.10.2025

EZB-Zinsentscheid: Die EZB hält an ihrer vorsichtigen Linie fest, während die US-Notenbank erneut überrascht. In Europa bleibt die...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitaler Euro: EZB plant Einführung 2029
30.10.2025

Die EZB bereitet den digitalen Euro für 2029 vor. Verbraucher sollen künftig per Wallet bezahlen können, Bargeld bleibt erhalten. Europa...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gen Z im Job: Moral und Motivation revolutionieren den Arbeitsmarkt
30.10.2025

Die Generation Z verändert die Arbeitswelt spürbar. Aufstiegsmöglichkeiten und klassische Karriereleitern stehen für sie nicht mehr...

DWN
Panorama
Panorama Atomwaffentests USA: Trump kündigt sofortigen Beginn an
30.10.2025

US-Präsident Donald Trump sorgt weltweit für Aufsehen: Er kündigt neue Atomwaffentests an, obwohl ein jahrzehntelanges Moratorium galt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Aktie: Porsche reißt VW-Konzern in die roten Zahlen
30.10.2025

Ein Milliardenverlust erschüttert Volkswagen: Weil Porsche schwächelt, rutscht der Konzern tief ins Minus. Das gefällt den Anlegern gar...