Politik

Russischer Kampfjet beschädigt US-Drohne über Syrien

Lesezeit: 4 min
27.07.2023 09:56  Aktualisiert: 27.07.2023 09:56
Erneut hat ein russischer Kampfjet über Syrien eine US-Drohne angegriffen. Russland verstärkt derzeit seine Bemühungen, das US-Militär aus dem Land zu drängen. Doch auch die USA verstärken ihre militärische Präsenz.
Russischer Kampfjet beschädigt US-Drohne über Syrien
Eine US-Drohne vom Typ MQ-9. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Wie das US-Militär am Dienstag mitteilte, hat ein russischer Kampfjet eine US-Drohne des Typs MQ-9 Reaper über Syrien beschädigt, indem er Leuchtraketen in der unmittelbaren Nähe der Drohne abfeuerte. Die Konfrontation ereignete sich am Sonntagmorgen und folgte auf ähnliche Vorfälle, mit denen die US-Streitkräfte nach Angaben von US-Beamten unter Druck gesetzt werden sollen, ihre Militäroperationen in der Region einzuschränken. US-Beamte haben Fotos und Videos von dem Vorfall veröffentlicht.

Laut einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung von Generalleutnant Alexus Grynkewich, dem obersten Befehlshaber der US-Luftwaffe in der Region, flog das russische Flugzeug bis auf wenige Meter an die Drohne heran und feuerte aus einer Position direkt über der Drohne Leuchtraketen ab. "Eine der russischen Leuchtraketen traf die US-amerikanische MQ-9 und beschädigte ihren Propeller schwer", zitiert ihn das Wall Street Journal. "Glücklicherweise war die MQ-9-Besatzung in der Lage, den Flug aufrechtzuerhalten und das Flugzeug sicher zu seiner Heimatbasis zu bringen."

Die Konfrontation vom Sonntagmorgen ähnelte einem Vorfall im März über dem Schwarzen Meer, als ein russischer Su-27-Kampfjet den Propeller einer amerikanischen MQ-9-Überwachungsdrohne rammte. Die Drohne stürzte daraufhin ins Wasser. Amerikanische und russische Kampfflugzeuge haben sich zwar noch nie einen Schlagabtausch über Syrien geliefert, aber die Spannungen zwischen den beiden Militärs in der Region haben seit dem Beginn des Krieg in der Ukraine im vergangenen Jahr zugenommen.

USA schicken mehr Militär in die Region

Die USA haben derzeit etwa 900 Soldaten in Syrien stationiert. Das US-Militär erklärte letzte Woche, dass es zusätzliche Kriegsschiffe und Marinesoldaten in den Nahen Osten schickt. Wie das Pentagon mitteilte, hat Verteidigungsminister Lloyd Austin die neuen Streitkräfte in die Region beordert, nachdem die US-Marine Anfang des Monats mehrere Versuche des Iran vereitelt hatte, zwei Öltanker in internationalen Gewässern im Golf von Oman zu kapern. Ein Beamter des US-Militärs sagte, der Schritt sei keine Reaktion auf eine spezifische neue Bedrohung, sondern auf die iranischen Aktionen.

Im Frühjahr hatte der Iran innerhalb einer Woche zwei Tanker beschlagnahmt hat, darunter einen, der kuwaitisches Rohöl für Chevron nach Houston transportierte. Die USA haben in den letzten drei Monaten eine Reihe von Streitkräften in den Nahen Osten entsandt, um die iranischen Streitkräfte davon abzuhalten, Handelsschiffe in der Region zu behindern. Zuvor hatten die USA bereits ein Lenkraketen-U-Boot ins Rote Meer geschickt. Nach den Beschlagnahmungen entsandten die USA einen Lenkwaffenzerstörer in das Gebiet und setzten Überwachungsflugzeuge ein.

Doch selbst mit den neuen Truppenbewegungen wird die US-Militärpräsenz im Nahen Osten weiterhin deutlich geringer sein, als es die während der Kriege im Irak und in Afghanistan dort stationierten Streitkräfte waren. Denn das Pentagon hat in den letzten Jahren versucht, seinen strategischen Schwerpunkt auf China und Russland zu verlagern. Doch die iranischen Aktionen, darunter die jüngsten Drohungen gegen die Schifffahrt im Persischen Golf, haben das Pentagon veranlasst, seine Streitkräfte wieder in den Nahen Osten zu verlegen, wie das Wall Street Journal berichtet.

USA wollen mehr gegen den Iran unternehmen

"Die Iraner wollen sicherlich, dass sich die Koalition aus Syrien zurückzieht, damit sie Handlungsfreiheit haben, sodass mit dem Iran verbündete Gruppen fortgeschrittene konventionelle Waffen und tödliche Fähigkeiten für ihre eigenen Zwecke durch Syrien transportieren können", sagte letzten Monat Air Force Generalleutnant Alexus Grynkewich, der die US-Militäroperationen im Luftraum über Syrien und 20 anderen Ländern im Nahen Osten und in Südostasien beaufsichtigt. Die Versuche der USA, den Iran abzuschrecken, haben bisher nur begrenzte Wirkung gezeigt.

Am 6. Juli vereitelte die US-Marine erneut die Versuche der iranischen Streitkräfte, zwei kommerzielle Tanker zu kapern. Doch am folgenden Tag gelang es den iranischen Streitkräfte dann nach Angaben der Marine, ein drittes Handelsschiff zu beschlagnahmen. Die iranische Nachrichtenagentur Fars meldete, dass die Revolutionsgarden auf richterliche Anordnung ein Schiff mit 900 Tonnen geschmuggeltem Treibstoff und zwölf Besatzungsmitgliedern beschlagnahmt hätten. In diesem Fall hat die US-Marine eigenen Angaben zufolge nicht interveniert.

Anfang letzer Woche teilte das Pentagon mit, dass es sein modernstes Kampfflugzeug, die F-35, in die Region entsenden wird. Zudem schickt das Pentagon eine Marine Amphibious Readiness Group und eine Marine Expeditionary Unit mit mindestens zwei Schiffen und bis zu 2.500 Marines. Armeegeneral Erik Kurilla, der Leiter des US-Zentralkommandos, erklärte, die neuen Streitkräfte würden dazu beitragen, "den freien Fluss des internationalen Handels zu sichern, die auf Regeln basierende internationale Ordnung aufrechtzuerhalten und iranische destabilisierende Aktivitäten in der Region zu verhindern".

Im März führte das Pentagon als Reaktion auf einen Drohnenangriff auf eine US-Basis in Syrien, bei dem ein amerikanischer Auftragnehmer getötet wurde, Luftangriffe auf vom Iran unterstützte Kämpfer in Syrien durch. US-Beamte erklärten, die Angriffe hätten den Iran gezwungen, seine Versuche, amerikanische Streitkräfte in der Region anzugreifen, zurückzuschrauben. Stattdessen verstärkte der Iran seine Bemühungen, Handelsschiffe im Persischen Golf ins Visier zu nehmen, wo mehr als ein Drittel des weltweiten Rohöls auf dem Seeweg transportiert wird.

USA und Russland stehen sich in Syrien gegenüber

Russland hat im Jahr 2015 militärische Kräfte nach Syrien entsandt, um den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad im Kampf gegen die militante Opposition in dem Land zu unterstützen. Um das Risiko unbeabsichtigter Zusammenstöße zwischen den USA und Russland zu verringern, haben die militärischen Befehlshaber der beiden Staaten einen "Streitschlichtungs"-Kanal eingerichtet, der in den letzten Monaten auch zum Austausch von Beschwerden über die Operationen der jeweils anderen Seite in der Region genutzt wurde.

"Die Russen wissen, wo wir operieren", sagte die stellvertretende Pentagon-Pressesprecherin Sabrina Singh am Dienstag gegenüber Reportern. "Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass ihre Streitkräfte nach Jahren der US-Operationen in diesem Gebiet weiterhin unsere MQ-9s belästigen." Am 16. Juli flog US-Beamten zufolge ein russischer Su-35-Kampfjet in die Nähe eines amerikanischen MC-12-Aufklärungsflugzeugs über Syrien und zwang die Maschine, durch die Wirbelzone des Jets zu fliegen. Dieser Vorfall brachte Generalleutnant Grynkewich zufolge das Leben der vierköpfigen Besatzung in Gefahr.

Ebenfalls in diesem Monat überflog ein russisches Überwachungsflugzeug einen US-Stützpunkt im Südosten Syriens, wo es nach Angaben eines US-Beamten über einen längeren Zeitraum hinweg Informationen sammelte. Russische Flugzeuge haben auch US-Drohnen bei der Verfolgung eines ISIS-Anführers behindert. Russland machte die USA für diese Vorfälle verantwortlich und erklärte, die US-Drohnen seien in ein Gebiet geflogen, das für gemeinsame russische und syrische Manöver genutzt wurde. Im November feuerte eine russische Boden-Luft-Rakete auf eine US-Drohne über Syrien, schoss sie aber nicht ab.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland als Unternehmensstandort: Zwischen Herausforderungen und Chancen
27.04.2024

Trotz seines Rufes als europäischer Wirtschaftsmotor kämpft Deutschland mit einer Vielzahl von Standortnachteilen. Der Staat muss...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands herrenlose Häuser: Eine Chance für den Markt?
27.04.2024

Herrenlose Immobilien - ein kurioses Phänomen in Deutschland. Es handelt sich hier um Gebäude oder Grundstücke, die keinen...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich werden an der Börse: Ist das realistisch?
27.04.2024

Viele Anleger wollen an der Börse vermögend werden. Doch ist das wahrscheinlich - oder wie wird man tatsächlich reich?

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...