Kaum ein Autobauer hat den Markt in den vergangenen Jahren so sehr aufgerüttelt wie Tesla. Im ersten Halbjahr 2023 konnte der E-Autohersteller etwa 889.000 Fahrzeuge ausliefern, mehr als zweieinhalbmal so viele wie der deutsche Gegenspieler VW. Doch der chinesische Hersteller BǐYàDí (BYD) avanciert zum nächsten großen Gegenspieler Teslas, auch in Europa. Welche der beiden Firmen wird am Ende profitabler sein?
Europa und Japan abgeschlagen, China und USA führend
Der globale Automarkt hat sich radikal verändert. Ungeahnt sämtlicher Prognosen haben Tesla und BYD ihre Absätze in den letzten Jahren vervielfachen können. Zu den meistverkauften E-Autos weltweit gehörten das Tesla Modell Y mit fast 355.000 und der BYD Song mit etwas mehr als 178.000 verkauften Einheiten. Auf den unteren Rängen rangiert noch das Tesla Model 3 mit etwas mehr als 170.000 verkauften Einheiten und viele BYD-Modelle im niedrigeren sechsstelligen Bereich. Deutsche Produkte wie der VW ID.4 und VW ID.3 sowie Audis Q4 e-tron schaffen es nicht in die Top 10 der verkauften Autos. Die Statistik zeigt, dass China und Nordamerika den Markt für Elektroautos dominieren. Sie führen damit klar vor traditionellen europäischen und japanischen Herstellern aus dem Ausland.
Tesla und BYD: Zwei unterschiedliche Kontrahenten
Es wäre vor noch wenigen Jahren wohl unvorstellbar gewesen, dass ein erratischer Investor aus Südafrika und ein kleiner Batteriehersteller aus Shenzhen zu den größten Automobilherstellern weltweit avancieren würden. Doch mit der wachsenden Bedeutung der Umwelttechnologien erwuchs den kleinen Firmen Tesla Inc. und BYD Auto eine große Chance. Durch die stete Fokussierung auf Eigenentwicklungen und ein rasantes Forschungstempo konnten beide Unternehmen Fahrzeuge entwickeln, die aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften Kunden davon überzeugten, hohe Preise zu bezahlen und von sich aus auf Elektromobilität umzusteigen.
Elon Musks Firma Tesla senkte Anfang dieses Jahres die Preise seiner beliebtesten Modelle 3 und Y um rund 10 Prozent und konnte somit die Verkäufe von E-Autos in China ankurbeln. Gleichwohl baute BYD seine Führungsrolle in China weiter aus und verkaufte hier 1,15 Millionen Fahrzeuge, Tesla kam auf etwa 294.000. Knapp hinter Tesla rangiert der lokale Hersteller Aion mit etwa 210.000 verkauften Einheiten. Teslas Model Y wird auch in China selbst produziert. Hier erwirtschaftet das Unternehmen rund 22 Prozent seiner Einnahmen.
In den USA hingegen ist das Unternehmen mit Sitz in Dallas ungleich renommierter. Es erwirtschaftet hier rund 50 Prozent seines Umsatzes. Zudem stehen große Veränderungen bevor: Große westliche Autofirmen wie GM, Volvo, Ford und weitere haben angekündigt, ihre Fahrzeuge ab 2025 mit dem Ladestandard von Tesla auszustatten. Die Supercharger von Tesla sind derweil eins der großen Stärken des Unternehmens. Auch Ladeunternehmen beabsichtigen, sich dem nordamerikanischen Ladestandard NACS anzuschließen. Somit könnte das Combined Charging System (CCS) verdrängt werden und Tesla eine Monopolstellung erhalten, die es ausländischen Unternehmen noch schwerer machen würde, den US-Markt zu betreten. So hegt derzeit niemand bei BYD Pläne, Autos in den USA zu verkaufen. Strafzölle und weitere protektionistische Maßnahmen machen den Markt zusehends unattraktiv für chinesische Hersteller. Doch die chinesischen Autobauer gehen in Europa in die Offensive und erhoffen sich hier große Absätze. Auch können Unternehmen wie BYD Elektro-SUV zu extrem niedrigen Preisen anbieten, ein Vorteil gegenüber heimischen Marken wie VW und Stellantis.
Der Konkurrenzkampf zwischen China und den USA
Es scheint sich in vielen Bereichen ein enger Konkurrenzkampf zwischen chinesischen und amerikanischen Unternehmen abzuspielen. Amazon und Alibaba, Google und Baidu sowie ChatGPT und der Ernie Bot 3.5 — amerikanische Inventionen werden von China kopiert und drohen in manchen Bereichen abgelöst zu werden. Allerdings gilt es als fraglich, ob chinesische Technologien die westlichen Erfolgsrezepte gänzlich übernehmen können. So gab Xia Zuoquan, Investor und Chef von Zhengxuan Investment, zu bedenken, dass China noch grundlegender Forschungen bedürfe, um etwa große Sprachmodelle wie ChatGPT selbst zu entwickeln. Viele Algorithmen und Kerntechnologien stammen aus Amerika, die sich nicht so einfach kopieren ließen, so Zuoguan. Andererseits sind alle westlichen Autohersteller im großen Maße von chinesischen Batterien abhängig. So wird auch Teslas Model Y mit BYD-Batterien bestückt. Die Batterie-Dominanz Chinas wird zu einem Problem für westliche Autohersteller, die sich zunehmend von Firmen wie CATL abhängig machen müssen, wenn nicht bald eigene Batterien produziert und seltene Mineralien im westlichen Einflussbereich bezogen werden können. Somit hält BYD den letzten Trumpf in der Hand und es scheint, als habe das chinesische Unternehmen den längeren Atem. Es darf an dieser Stelle nicht vergessen werden, dass VW derzeit aus dem chinesischen Markt verdrängt wird. Ähnlich könnte es Tesla ergehen, wenn BYD und Aion fortschrittliche Batterien entwickeln und zudem noch niedrigere Preise anbieten können.
Musks Trumpf: Der Autopilot
Elon Musk, der mit seinen erratischen und riskanten Entscheidungen so manchen Erfolg verbuchen konnte, könnte hingegen auf einem anderen Feld punkten, das Tesla langfristig an die Spitze des globalen Automarktes bringen dürfte: dem autonomen Fahren. So arbeitet das Unternehmen derzeit an „TruthGPT“, einer künstlichen Intelligenz, die das autonome Fahren perfektionieren soll. Sofern es gelänge, den Tesla Autopilot zu optimieren, hätte das Unternehmen einen riesigen Vorteil, den die chinesischen Anbieter erst in mühsamer Forschungsarbeit kopieren müssten, ein Vorhaben, das viele Jahre in Anspruch nehmen dürfte. Zwar arbeiten chinesische Firmen auch mit Hochdruck daran, Alternativen zu KI-Technologien der USA zu entwickeln. Doch bisher erwies sich noch keine dieser Eigenentwicklungen als nur annähernd funktional, sodass Tesla und die USA in diesem Feld vorerst führend sein werden.