Politik

Ukraine: Deutscher Frachter verlässt trotz russischer Warnungen Odessa

Trotz russischer Warnungen ist ein deutsches Containerschiff am Mittwoch aus dem Hafen von Odessa ausgelaufen. Die "Josef Schulte" fahre mit dem Ziel Istanbul.
16.08.2023 12:18
Aktualisiert: 16.08.2023 12:18
Lesezeit: 2 min
Ukraine: Deutscher Frachter verlässt trotz russischer Warnungen Odessa
Auf diesem Foto, das von der Pressestelle des ukrainischen Infrastrukturministeriums zur Verfügung gestellt wurde, verlässt unter der Fahne Hongkongs fahrende Containerschiff Joseph Schulte den Hafen von Odessa, um durch den temporären Korridor zu fahren, der für Handelsschiffe aus den ukrainischen Schwarzmeerhäfen eingerichtet wurde. Foto: Uncredited

Ungeachtet russischer Drohungen ist das Containerschiff einer deutschen Reederei am Mittwoch aus dem Hafen der ukrainischen Stadt Odessa ausgelaufen. Der Frachter soll durch den von der Regierung in Kiew eingerichteten "humanitären Korridor" fahren. Die "Josef Schulte" werde durch Hoheitsgewässer der Ukraine, Rumäniens und der Türkei mit Ziel Istanbul fahren, teilte die Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) in Hamburg mit.

Das Schiff, das mehr als 30.000 Tonnen Fracht, darunter Lebensmittel, geladen hatte und seit dem 23. Februar letzten Jahres - einen Tag vor Beginn des Kriegs - in der Ukraine im Hafen von Odessa lag, verließ Odessa im Rahmen einer Vereinbarung zwischen der Ukraine und der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation. Es gehöre einer chinesischen Bank und der Hamburger Firma Bernhard Schulte. Der Besatzung gehe es gut.

Durch den "humanitären Korridor" sollen Frachtschiffe, die seit Kriegsbeginn in ukrainischen Häfen festsitzen, das Land verlassen können. Über den Korridor soll nach ukrainischen Regierungsangaben auch Getreide transportiert werden. Russland hat allerdings Schiffe auf dem Weg von und zu ukrainischen Häfen zu militärischen Zielen erklärt. Zudem greift das russische Militär verstärkt ukrainische Häfen und Getreide-Silos an.

Warum blockiert Russland Getreide aus der Ukraine?

Im vergangenen Monat hatte die russische Regierung eine Verlängerung des Abkommens zur Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine verweigert. Das Abkommen zwischen Moskau und Kiew zur Erleichterung der ukrainischen Getreideexporte durch das Schwarze Meer war im Sommer 2022 von den UN und der Türkei vermittelt worden. Es sollte in den ärmsten Ländern der Welt eine Nahrungsmittelkrise vermeiden.

Doch dann kritisierte Moskau wiederholt, der Westen würde das Abkommen missbrauchen, da er von den billigen ukrainischen Lebensmittelexporten profitiere. Nur ein winziger Teil des im Rahmen des Abkommens aus der Ukraine exportierten Getreides würde an bedürftige Länder geliefert, während der Großteil des Getreides in Europa landete.

Mitte Juli lehnte es die Regierung in Moskau ab, das Getreide- Abkommen mit Kiew erneut zu verlängern. In diesem Zusammenhang forderte Russland erneut die Erfüllung der gegebenen Versprechen, die dem Land im Rahmen des Abkommens gegeben worden waren und die das Ziel verfolgten, eine mögliche Nahrungsmittelkrise einzudämmen. Dazu gehörten unter anderem:

  • die Wiederanbindung der Rosselkhozbank, der wichtigsten russischen Bank für die Landwirtschaft, an SWIFT
  • die Wiederinbetriebnahme einer wichtigen Ammoniak-Pipeline,
  • die Genehmigung für die Einfuhr von landwirtschaftlichen Maschinen und Teilen nach Russland
  • die Freigabe von Transportversicherungen und anderen Logistikleistungen für russisches Getreide

Konflikt eskaliert

In der Nacht zum Mittwoch griff das russische Militär mit Drohnen Getreidesilos und Lagerhäuser in einem Donauhafen an, wie der Gouverneur von Odessa, Oleh Kiper, mitteilte. Demnach wurden die Gebäude schwer beschädigt. Laut Präsidentenberater Andriy Yermak war der Hafen der Ortschaft Reni betroffen. Die Regierung in Moskau äußerte sich zunächst nicht. Nach Angaben aus Industriekreisen konnte der Hafen seinen Betrieb aber aufrechterhalten.

Nach dem Abkommen sollte ukrainisches Getreide über das Schwarze Meer zu Abnehmern weltweit exportiert werden. Dafür war ein Korridor eingerichtet worden, in dem Russland keine Schiffe angegriffen hat. Die russische Flotte beherrscht das Schwarze Meer. Die Exporte spielen eine wichtige Rolle bei den globalen Getreide-Preisen. Besonders arme Länder sind auf günstigen Importweizen angewiesen. (Reuters/gu)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...