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Unsaniert in den Werteverfall: Wie eine negative Energiebilanz den Immobilienpreis ins Bodenlose drückt

Lesezeit: 4 min
05.09.2023 15:22  Aktualisiert: 05.09.2023 15:22
Laut einer Studie verliert eine unsanierte Immobilie auf dem Markt 15 Prozent ihres Werts. Was das kommende Heizungsgesetz für den Immobilienmarkt bedeutet und warum sich Käufer nicht zu früh freuen sollten.
 Unsaniert in den Werteverfall: Wie eine negative Energiebilanz den Immobilienpreis ins Bodenlose drückt
Ohne Dämmung und ein energieeffizientes Heiz-System wird es in Zukunft schwer, eine Immobilie zu verkaufen. (Foto: iStock.com/Spitzt-Foto)
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Immobilien mit negativer Energiebilanz werden zunehmend unattraktiv. Und das nicht nur politisch. Laut der Studie von Immobilienscout24 sind in kreisfreien Städten Immobilienpreise mit Energieklasse C und D im Mai 2023 im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent gefallen. Immobilien der A- und B-Klasse sind dagegen nahezu preisstabil.

Mit dem Heizungsgesetz sind Neubauten ab 01. Januar 2024 dazu verpflichtet, mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien zu wirtschaften. So weit so gut für neue Immobilien. Doch was bedeutet das Gesetz für Bestandsimmobilien – und die Geldbeutel ihrer Besitzer?

Bestandsimmobilien im Visier

Das Heizungsgesetz hat es sich zum Ziel gesetzt, den deutschen Immobilienmarkt grüner zu gestalten. So sollen Wohngebäude mit negativer Effizienz, welche sich negativ auf Klima und Ressourcen auswirken, nach und nach saniert werden. Die wichtigsten Neuerungen für Hausbesitzer schlagen sich in den Paragraphen 46 bis 48 nieder:

Paragraph 46 des Gebäudeenergiegesetzes, wie es offiziell heißt, weist darauf hin, dass die energetische Qualität von Außenbauteilen bestehender Objekte nicht „verschlechtert“ werden darf. Gemeint ist, dass keine Bauentscheidungen getroffen werden dürfen, welche den Transmissionswärmeverlust von Außenbauteilen wie Fenstern, Dächern, Böden und Türen erhöhen. Es werden Ausnahmen gemacht im Fall, dass die geänderten Bauteile nicht mehr als zehn Prozent der Gesamtfläche betragen oder durch Nicht-Veränderung andere öffentlich-rechtliche Vorschriften zur Standsicherheit (wie zum Beispiel Brandschutz) verletzt werden. Energieverluste durch schlecht gedämmte Außenbauteile sollen so reduziert werden.

Paragraph 47 verweist dagegen auf die Dämmung der obersten Geschossdecke. Sollte die Dämmung nicht dem Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2: 2013-02 entsprechen, muss die Decke so gedämmt werden, dass „der Wärmedurchgangskoeffizient der obersten Geschossdecke 0,24 Watt pro Quadratmeter und Kelvin nicht überschreitet“.

Paragraph 48 beschäftigt sich mit der Erneuerung von Außenbauteilen (zum Beispiel Fenstern oder Putz). Ab 2024 sind Immobilienbesitzer dazu verpflichtet, auch hier den Wärmedurchgangskoeffizienten einzuhalten. Die Anforderung an bestehende Gebäude soll laut Paragraph 9, Absatz 1 2023 geprüft werden.

Aus für klimaschädliche Technologien

Mit dem neuen Gesetz sollen ineffiziente, klimaschädliche Technologien vom Markt genommen werden. So sind Heizkessel, die vor dem 01. Januar 1991 aufgestellt wurden und flüssigen oder gasförmigen Brennstoff verbrauchen, ab 2024 verboten.

Heizkessel, die nach 1991 aufgestellt wurden, müssen nach 30 Jahren Betriebszeit aus dem Rennen genommen werden.

Ab dem 01. Januar 2026 dürfen Bestandsimmobilien nur noch mit Heizungen, die Öl oder feste fossile Brennstoffe nutzen, ausgerüstet werden, wenn der Wärmebedarf anteilig von erneuerbaren Energien gedeckt werden kann. Ausnahmen gibt es dort, wo Erdgas und Fernwärme nicht zur Verfügung stehen, die Nutzung von erneuerbaren Energien nicht möglich ist oder zu unverhältnismäßigen Schwierigkeiten führt.

Die Vorlage eines Energieausweises ist ab 2024 ebenfalls Pflicht bei Verkauf, Vermietung und Verpachtung für Verkäufer, Vermieter und Immobilienmakler. Beim Verkauf eines Ein- oder Zweifamilienhauses muss der Käufer vollumfassend und kostenfrei zur Energieklasse des Objekts beraten werden. Die Pflichtangaben im Energieausweis sind im Wesentlichen unverändert geblieben.

Nur 14 Prozent der Gebäude mit positiver Energiebilanz

Grundsätzlich ist das Heizungsgesetz ein sinnvoller Ansatz für das Erreichen der deutschen Klimaziele. Der Gebäudesektor in Deutschland ist für rund 30 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich.

Doch der Plan hat einen Haken: Laut einer Studie von McMakler erfreuen sich nur 14 Prozent aller Gebäude in Deutschland einer positiven Energiebilanz von A+ bis B. Negative „Spitzenreiter“ sind Immobilien der Energieklasse D mit 19 Prozent.

Eine Studie der DZ Bank warnt: Bei der Menge der sanierungsbedürftigen Gebäude in Deutschland und den weiter sinkenden Kapazitäten bei Bau- und Handwerksfirmen könnte es Jahrzehnte dauern, bis das Land mehrheitlich energieeffizient ist.

86 Prozent aller Immobilien in Deutschland müssen sich also ab 2024 den neuen Anforderungen des Heizungsgesetzes stellen – und das kann für die Besitzer teuer werden. Dabei ergab eine weitere Online-Befragung von McMakler, dass 60 Prozent der Teilnehmer und Teilnehmerinnen nicht einmal wissen, welche Energieklasse die eigene Immobilie überhaupt besitzt.

„Deutsche Bestandsimmobilien brauchen dringend eine Generalüberholung. Kurz- und mittelfristig, um unsere Energie-Unabhängigkeit zu stärken und damit die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Und langfristig, um den Gebäudebestand in Deutschland klimafreundlich zu machen“, sagt Felix Jahn, CEO und Gründer von McMakler.

Für so manche Immobilienbesitzer ist ihre Versorgungssicherheit jetzt schon dahin. Viele können sich die Kosten rund um Heizungsumbau und Wärmedämmung nicht leisten und sind dazu gezwungen, ihre Objekte zu verkaufen.

Ist der Traum vom Haus geplatzt?

Es sind nicht nur die steigenden Zinsen und Energiepreise, welche den Kaufpreis von weniger energieeffizienten Immobilien drücken. Es sind auch Unsicherheiten bezüglich des Heizungsgesetzes und seinen langfristigen Folgen. Viele Immobilienbesitzer stellen sich die Frage, ob sie sich die geforderten Sanierungen überhaupt leisten können.

Besonders hart trifft das Heizungsgesetz die Rentner. Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke warnt, dass das Gesetz Senioren, die nicht das Geld für die Neuausstattung haben, in Bedrängnis bringen wird. Für viele von ihnen ist die Immobilie die Altersvorsorge. Ohne die Möglichkeit, einen Kredit für die Neuausstattung zu beantragen, könnten viele gezwungen werden, ihre Immobilien weit unter Wert zu verkaufen – und so ihre Altersvorsorge zu riskieren.

Auch Käufer können sich nicht über die sinkenden Immobilienpreise freuen. Denn nach dem Kauf kommt der eigentliche Kampf auf sie zu: Die Heizungsgesetz-konforme Neuausstattung. Und hier gesellen sich weitere Sorgen dazu: Der Fachkräftemangel im Handwerk, steigende Betriebskosten und explodierende Bau- und Materialkosten drücken die Kaufbereitschaft weiter. Ein Markt, auf dem weit unter Immobilienwert verkauft werden muss und der Kauf sich womöglich trotzdem nicht lohnt – eine Pattsituation.

Der kauffreudige Markt der letzten Jahre sieht seit Verabschiedung des Gesetzes deutlich verhaltener aus. Immobilien mit Energieeffizienzklasse C verlieren in den Städten um satte 30 Prozent an Wert. Objekte mit Energieeffizienzklasse H haben es denkbar schwer am Markt: Laut dem Portal Immoscout24 fallen die Angebotspreise dieser Objekte in Klein- und Mittelstädten um 45 Prozent.

Verkaufen oder halten?

Der Immobilienmarkt steht still, noch bevor das Heizungsgesetz überhaupt eingetreten ist. Bis das Gesetz zur Realität wird, herrscht Unsicherheit auf beiden Seiten. Welche Förderungen es genau geben wird und inwieweit sie das Mammutprojekt, halb Deutschland zu sanieren, unterstützen können, ist noch unklar. Die Notwendigkeit der Sanierung für die Klimaziele steht enormer sozialer Verunsicherung entgegen.

Trotz der düsteren Lage bleibt abzuwarten, wie das Heizungsgesetz sich ab 2024 niederschlägt. Von überstürzten Verkäufen ist vorerst abzuraten.


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