Die EZB hat den Leitzins deutlich erhöht. Seit Juli 2022 stiegen die Zinsen von 0 auf 4,25 Prozent. Doch Bankkunden profitieren bislang kaum davon.
Laut einer Erhebung von Verivox verzinsen 19 Prozent aller Banken Tagesgelder weiterhin nicht. Besonders hoch war der Anteil bei den Genossenschaftsbanken (23 Prozent) und den Sparkassen (19 Prozent). Bundesweit lag der Durchschnittszins bei mageren 1,31 Prozent. Das Vergleichsportal untersuchte im Juli die Angebote von 749 deutschen Banken.
Ausländische Banken bieten teils deutlich höhere Zinsen. Etwa lockt die schwedische TF Bank mit 3,6 Prozent Zinsen für Guthaben bis zu 100.000 Euro. Allerdings gilt das Angebot bloß für die ersten sechs Monate nach Kontoeröffnung. Danach bekommen Kunden laut der Internetseite den üblichen variablen Zins der Bank von derzeit 1,3 Prozent. Kontogebühren fallen nicht an und Überweisungen nach Deutschland sind kostenlos.
Das Konto unterliegt allerdings der schwedischen Einlagensicherung, die Guthaben bis zu 1.050.000 Schwedischen Kronen deckt. Das sind umgerechnet etwa 88.000 Euro.
Risiko kann im Ausland höher sein
Der Bankenexperte Werner Bareis von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg rät indes von einem Auslandskonto ab. „Wir raten generell ausschließlich zu Einlagen bei Banken mit gesetzlicher deutscher Einlagensicherung“, erklärt er schriftlich auf DWN-Anfrage. Ob eine Bank der deutschen Einlagensicherung unterliege, könnten Verbraucher auf der Internetseite der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken prüfen.
Im Ausland könne das Risiko höher sein. „Die Verlässlichkeit der Einlagensicherung hängt auch vom politischen Willen und der Finanzkraft des jeweiligen Landes ab“, erklärt Bareis.
In einer Bankenkrise könnten beispielsweise hochverschuldete Länder oder solche mit einem großen Bankensektor weniger in der Lage sein, zusätzliche Mittel in die Einlagensicherung zu schießen, um insolvente Banken zu retten. Außerdem könnte sich eine Regierung entschließen, bloß die Guthaben der eigenen Bürger mit Steuergeld zu retten und ausländische Einleger im Regen stehen zu lassen.
Laut dem Bundesfinanzministerium sind in jedem EU-Staat 100.000 Euro durch die nationalen Einlagensicherungssysteme pro Kunde und pro Bank gesichert. Mit der Einlagensicherungsrichtlinie von 2014 würden außerdem EU-weit für einen bestimmten Zeitraum bis zu 500.000 Euro garantiert, wenn es sich um Einnahmen handle, die für die Lebensführung des Einlegers von besonderer Bedeutung seien. In Deutschland gilt dies etwa für Erlöse aus einem privaten Immobilienverkauf bis zu sechs Monate nach Zahlungseingang.
Ab dem Jahr 2024 müsse die jeweilige Einlagensicherung spätestens sieben Werktage nach einer Bankinsolvenz den Einleger entschädigen. Banken seien verpflichtet, die Kunden zu informieren, wie die Einlagen geschützt seien. Insgesamt sollen die Einlagensicherungssysteme Mittel in Höhe von 0,8 Prozent aller gedeckten Einlagen enthalten.
Indes hat Frankreich offenbar eine Ausnahme für sich ausgehandelt. Laut Medienberichten muss die französische Einlagensicherung bloß Rücklagen von 0,5 Prozent der gedeckten Einlagen bilden. Manche Länder wollen hingegen eine höhere Deckungsquote bis 2024 erreichen, wie Zahlen der europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA zeigen. Darunter sind Estland (1,66 Prozent), Luxemburg (1,6 Prozent), Polen (1,6 Prozent), Griechenland (1,33 Prozent) und Malta (1,3 Prozent).
Sicherheit der Bank wichtiger
Laut Werner Bareis sollte indes die Sicherheit der jeweiligen Bank inklusive deren Ratings noch wichtiger sein als die Sicherheit der Einlagensicherung. Bekanntlich seien aber auch Ratings nicht unfehlbar. „Generell bedeuten höhere Zinsen auch ein höheres Risiko“, erklärt der Verbraucherschützer. „Es lohnt sich nicht, wegen ein paar Zehntel Prozent mehr Zinsen vermeidbare Risiken einzugehen.“ Ratings von etwa Moody’s oder S&P können die Anleger über eine Google-Suche oder auf der Internetseite der Bank recherchieren.
Laut Werner Bareis sollten Verbraucher schauen, wie groß der Bankensektor in einem Land im Verhältnis zur Wirtschaftskraft ist. Sei die aufsummierte Bilanzsumme der Banken deutlich größer als das Bruttoinlandsprodukt, könnten die Risiken in einer Finanzkrise höher sein. „Letztlich bestimmt die Wirtschaftskraft eines Landes die fiskalischen Möglichkeiten“, erklärt der Betriebswirt.
Laut Statista-Zahlen verfügt Frankreich über den verhältnismäßig größten Bankensektor in der EU. Die aufsummierte Bilanzsumme der Banken betrug im Jahr 2022 mehr als das Dreifache der jährlichen Wirtschaftsleistung (330 Prozent). Danach kamen Finnland (293 Prozent), Spanien (290 Prozent), die Niederlande (253 Prozent) und Österreich (237 Prozent). Ganz hinten waren slawische Länder wie Kroatien (13 Prozent), Slowakei (14 Prozent) und Tschechien (20 Prozent). Deutschland lag im oberen Mittelfeld (174 Prozent).
Auch die Schweiz falle durch einen relativ großen Bankensektor „wenig erfreulich“ auf, erklärt Bareis. „Alleine die Bilanzsumme der UBS ist nach der Vereinigung mit der Credit Suisse laut Handelszeitung mehr als doppelt so groß wie das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz.“ Weitere Warnsignale sind Bareis zufolge eine hohe Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt und ein ungeordnetes Fiskalwesen.
Auch die Liechtensteinische Einlagensicherung könnte in einer Krise fallen. Daniel Risch, der Regierungschef des Fürstentums, sagte im Mai in einem Handelsblatt-Interview, das Land könne im Krisenfall seinen Bankensektor nicht allein retten. Allein die drei größten Banken des Landes haben laut dem Bericht eine Bilanzsumme, die das Bruttoinlandsprodukt um das Zehnfache übersteigt.
Was sind die Alternativen?
Kritische Experten zweifeln indes auch an der Sicherheit der deutschen gesetzlichen Einlagensicherung und raten selbst für Einlagen unter 100.000 Euro davon ab, diese auf einem Bankkonto zu parken. Etwa erklärte der Honorar-Finanzanlagenberater Michael Schiffer, er sehe Geldmarktfonds für Mittel, die über die erforderliche Liquidität für kurzfristige Zahlungsziele hinausgingen, gegenüber Bankeinlagen im Vorteil.
„In Expertenkreisen ist man sich uneinig darüber, ob die Einlagensicherung hält, wenn gleichzeitig, zum Beispiel in einer Bankenkrise, mehrere größere Banken in die Insolvenz gehen“, erklärte Schiffer gegenüber DWN. Geldmarktfonds würden als Sondervermögen gelten und seien daher im Falle einer Bankinsolvenz geschützt.
Eine weitere Alternative zum Tagesgeldkonto sind deutsche Staatsanleihen. Etwa hält der Finanzprofessor Hartmut Walz derzeit den Kauf von Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von maximal zwei Jahren für eine mögliche Option für Privatanleger, wie er gegenüber DWN erklärte. Auch diese gelten im Depot als Sondervermögen und sind daher Bank-insolvenzgeschützt.
Laut dem Anleihen-Finder der Börse Stuttgart rentieren Bundesanleihen mit zwei Jahren Restlaufzeit aktuell mit fast 3 Prozent (etwa ISIN DE0001102382 oder DE000BU22023). Allerdings drohen bei weiteren Zinserhöhungen der EZB Verluste, wenn Anleger die Anleihe nicht bis zur Endfälligkeit halten. Angesichts einer modifizierten Duration von derzeit 1,9 würde der Kursverlust 1,9 Prozent betragen, wenn die Zinsen um einen Prozentpunkt (100 Basispunkte) steigen.
Umgekehrt winken bei Zinssenkungen aber auch Kursgewinne. Um eine Anleihe zu kaufen, müssen Anleger die ISIN im Onlinedepot in das Wertpapier-Suchfeld eingeben.
Eine weitere Alternative sind Festgeldanlagen. Laut Verivox sind bei den bundesweit aktiven Banken derzeit im Schnitt 2,96 Prozent drin, wenn die Laufzeit zwei Jahre beträgt. Etwas weniger bieten die Sparkassen (2,2 Prozent) und Genossenschaftsbanken (2,27 Prozent). Kunden kommen aber nur in Notfällen oder zu hohen Abschlägen vorzeitig an das Geld heran.