Politik

Krise zwischen Kanada und Indien - Diplomaten ausgewiesen

Lesezeit: 2 min
19.09.2023 11:24  Aktualisiert: 19.09.2023 11:24
Kanada wirft Indien vor, einen kanadischen Staatsbürger ermordet zu haben. Indien bezeichnet den Vorwurf als absurd - und betrachtet den Getöteten als Terroristen. Der Streit droht zu eskalieren.
Krise zwischen Kanada und Indien - Diplomaten ausgewiesen
Narendra Modi (r), Premierminister von Indien, begrüßt Justin Trudeau, Premierminister von Kanada, bei seiner Ankunft im Bharat Mandapam Kongresszentrum anlässlich des G20-Gipfels. (Foto: dpa)

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Die Beziehung zwischen Kanada und Indien ist aufgrund schwerwiegender Vorwürfe und der gegenseitigen Ausweisung je eines ranghohen Diplomaten auf einen Tiefpunkt gesunken. Kanadas Premierminister Justin Trudeau hatte der indischen Regierung von Premier Narendra Modi am Montag die gezielte Ermordung eines kanadischen Staatsbürgers vorgeworfen und ließ deswegen einen Diplomaten ausweisen. Am Dienstag bestellte das Außenministerium in Neu Delhi den kanadischen Botschafter ein und wies ebenfalls einen ranghohen Diplomaten aus.

Dieser müsse das Land innerhalb von fünf Tagen verlassen, hieß es. «Die Entscheidung reflektiert zunehmende Bedenken der indischen Regierung angesichts der Einmischung kanadischer Diplomaten in unsere internen Angelegenheiten und ihre Beteiligung an gegen Indien gerichtete Aktivitäten», erklärte das indische Außenministerium.

Am Montag hatte Premierminister Trudeau im Parlament gesagt: «In den vergangenen Wochen haben kanadische Sicherheitsbehörden aktiv glaubwürdige Behauptungen über eine mögliche Verbindung zwischen Agenten der indischen Regierung und der Ermordung des kanadischen Staatsbürgers Hardeep Singh Nijjar verfolgt.» Nijjar, ein bekannter Befürworter eines unabhängigen Sikh-Staates auf indischem Staatsgebiet, wurde im Juni vor einem Sikh-Kulturzentrum in Surrey in der Region British Columbia erschossen.

«Es müssen alle Schritte unternommen werden, um die Täter dieses Mordes zur Rechenschaft zu ziehen», fordert Trudeau. Ottawa habe obersten Geheimdienst- und Sicherheitszirkeln der indischen Regierung seine tiefe Besorgnis ausgedrückt. Beim jüngsten G20-Gipfel in Neu Delhi habe er auch Modi direkt auf den Vorfall angesprochen. «Ich fordere die indische Regierung weiterhin nachdrücklich auf, mit Kanada zusammenzuarbeiten, um dieser Angelegenheit auf den Grund zu gehen», sagte Trudeau.

Neu Delhi weist Vorwürfe zurück

Indien wies die Vorwürfe umgehend zurück. Die Behauptung, die indische Regierung sei an Gewalttaten in Kanada beteiligt, sei «absurd» und politisch motiviert, erklärte das Außenministerium. Mit solchen «unbegründeten Anschuldigungen» werde versucht, den Fokus von Terroristen und Extremisten der sogenannten Khalistan-Bewegung abzulenken, die in Kanada Unterschlupf gefunden hätten und Indiens Souveränität und territoriale Integrität bedrohten.

«Die Untätigkeit Kanadas in dieser Angelegenheit ist seit langem ein Grund zur Sorge», hieß es weiter. «Wir fordern die kanadische Regierung nachdrücklich auf, unverzüglich und wirksam gegen alle anti-indischen Elemente vorzugehen, die von ihrem Boden aus operieren.»

In Indien hatten Behörden lange nach Nijjar gesucht - ihm wurde unter anderem «Terrorismus» vorgeworfen. Er soll demnach bei mehreren Tötungen involviert gewesen sein und abspalterische Aktivitäten finanziert haben.

In Kanada leben viele Menschen indischer Herkunft. Besonders viele von ihnen gehören der Religionsgemeinschaft der Sikhs an. Premierminister Modi hatte sich zuletzt am Rande des G20-Gipfels ohne direkte Nennung ablehnend über die sogenannte Khalistan-Bewegung geäußert, der Nijjar angehörte. Diese fördere Sezessionismus und stachelte zu Gewalt gegen indische Diplomaten an, sagte Modi.


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