Politik

Katholische Kirche streitet über Umgang mit AfD-Mitgliedern

Für Augsburgs Bischof Meier ist eine Mitgliedschaft in der AfD "allein kein Kriterium", um Menschen aus der Katholischen Kirche auszuschließen. Seine Aussagen zur Bayern-Wahl sind ein Tabubruch.
20.09.2023 15:10
Aktualisiert: 20.09.2023 15:10
Lesezeit: 2 min
Katholische Kirche streitet über Umgang mit AfD-Mitgliedern
Die Katholische Kirche streitet weiter, ob und wie sie AfD-Mitglieder ausgrenzen soll. Vor der Bayern-Wahl droht Bischof Meier mit einem Tabubruch. (Foto: dpa) Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Kurz vor der Landtagswahl in Bayern spricht sich Augsburgs Bischof Meier für einen differenzierteren Umgang mit AfD-Mitgliedern aus.

Der Augsburger Bischof Bertram Meier hat sich zweieinhalb Wochen vor der Landtagswahl in Bayern für einen differenzierten Umgang mit Mitgliedern der rechtspopulistischen AfD in der Kirche ausgesprochen. «Eine Parteimitgliedschaft allein ist kein Kriterium, Menschen auszuschließen. In solchen Fällen geht es darum, das Gespräch zu suchen. Wenn wir anfangen würden, Menschen auszugrenzen, drängen wir sie doch erst recht in eine vielleicht extreme Ecke», sagte er der «Augsburger Allgemeinen» (Mittwoch).

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, hatte kürzlich gefordert, AfD-Mitglieder dürften keine Laien-Ämter in der Kirche bekommen.

«Die AfD hat sich mittlerweile in der Parteienlandschaft etabliert», sagte Bischof Meier. «Das heißt: Wir müssen gut hinschauen und prüfen. Die AfD lediglich als Partei der Protestwähler zu interpretieren, greift mittlerweile deutlich zu kurz.»

Er betonte: «Wir als katholische Kirche werden immer dafür Sorge tragen, dass menschenverachtende oder demokratiefeindliche Gruppierungen und Einzelpersonen benannt werden.» Angesichts eines Umfragehochs der AfD appellierte der Augsburger Bischof «an jede und jeden», das Parteiprogramm zu studieren und sich mit einzelnen Kandidaten zu befassen.

«Es gilt, die politischen Kräfte zu stärken, die Menschlichkeit, Versöhnung, Frieden und soziale Gerechtigkeit vertreten», sagte Meier. «Wie die Kirche tritt etwa die AfD zum Beispiel für den Schutz ungeborenen Lebens oder die Ehe von Mann und Frau ein - und doch können wir als Kirche nicht unsere Sichtweise auf solche Überschneidungen verengen.»

Andere katholische Bischöfe hatten sich in der Vergangenheit sehr viel deutlicher geäußert und die Parteiideologie der AfD scharf kritisiert - so beispielsweise der umstrittene Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zur Europawahl 2019: «Selbstverliebte, nationalradikale Sprücheklopfer, die nationale Alleingänge planen und zwar viel vom Volk reden, ihm aber letztlich nicht dienen wollen, die sind für mich keine Alternative - nicht für Deutschland und nicht für Europa», sagte er damals.

ZdK-Präsidentin Stetter-Karp, hatte im August der «Zeit» gesagt: «Wer in der AfD ist, darf in der Kirche keine Macht bekommen». Dem Portal «Kirche und Leben» sagte sie, die AfD sei im Verlauf der Jahre immer weiter nach rechts gerückt. Ein aktives Eintreten für die Partei widerspreche den Grundwerten des Christentums.

Der Kirchenrechtler Thomas Schüller zeigte sich «entsetzt über die Einlassungen von Bischof Meier». «Es gibt keine guten christlichen und keine schlechten AfD-Mitglieder. Wer der AfD angehört verachtet die Demokratie, spricht Menschen mit Behinderung oder anderer Hautfarbe das Existenzrecht ab, kurz: verhöhnt die Grundaussagen des christlichen Glaubens wie die Ebenbildlichkeit des Menschen», sagte Schüller der Deutschen Presse-Agentur. «Bischof Meier stellt sich damit in die Tradition der deutschen Bischöfe in der NS-Zeit die das menschenverachtende System nicht aktiv bekämpft haben. Er wird zum Steigbügelhalter für eine breiter werdende gesellschaftliche Akzeptanz von Rechtsradikalen.» (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie China überholt Europa: Wie europäische Energieprojekte den Aufstieg befeuerten
27.12.2025

Europa hat in den vergangenen Jahrzehnten erheblich zum Aufbau der chinesischen Industrie beigetragen, ohne die langfristigen Folgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hoffnung auf den Aufschwung: Kann 2026 die Wirtschaftswende bringen?
27.12.2025

Nach mehreren Jahren der Stagnation und anhaltend schlechter Stimmung in vielen Branchen richtet sich der Blick der deutschen Wirtschaft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelspolitik ist von Unsicherheit geprägt: Experten erwarten weniger Investitionen
27.12.2025

Die Unsicherheiten in der Handelspolitik lassen die Investitionen schrumpfen und führen zu Wachstumsverlusten. Zölle schaden der...

DWN
Finanzen
Finanzen KI-Blase: Warum der Hype um die Nvidia und Co. gefährlich werden könnte
27.12.2025

Die weltweite Euphorie rund um künstliche Intelligenz treibt Aktien wie Nvidia und Microsoft in immer neue Höhen und heizt die Diskussion...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflationskrise USA: Warum 2026 zum gefährlichsten Jahr werden könnte
26.12.2025

Die Warnung eines führenden Ökonomen zeichnet ein düsteres Bild für die USA. Die Rückkehr einer hartnäckigen Inflationswelle könnte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Familienunternehmen Voelkel: Mit Ingwer-Shots zur größten Bio-Safterei der Welt
26.12.2025

Voelkel ist bekannt für seine Obst- und Gemüsesäfte aus biologischem Anbau. Stefan Voelkel leitet das Unternehmen in dritter Generation...

DWN
Technologie
Technologie Autonomes Fahren: Bolt bringt chinesische Technologie nach Europa
26.12.2025

Europa erlebt eine neue Phase im Wettbewerb um autonome Mobilität, da chinesische Technologieanbieter zunehmend mit großen...

DWN
Panorama
Panorama Die spektakulärsten Weihnachtsbäume weltweit: Wenn Tradition zur Show wird
26.12.2025

Lichtermeere, Rekordhöhen und ungewöhnliche Kulissen: Rund um den Globus werden Weihnachtsbäume zu echten Spektakeln. Von italienischen...