Unternehmen

Online-Reisebüros: EU-Kommission untersagt Booking den Kauf von Flugvermittler

Fusionskontrolle: Erste Ablehnung einer Übernahme in diesem Jahr. Geballte Marktmacht hätte einen fairen Wettbewerb der Online-Reisebüros im Europäischen Wirtschaftsraum verhindert und möglicherweise die Preise für Verbraucher hochgetrieben. Booking sieht das anders und kündigt Widerspruch an.
28.09.2023 15:21
Aktualisiert: 28.09.2023 15:21
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Das Buchungsportal Booking darf den Wettbewerber eTraveli nicht wie geplant übernehmen. Die Übernahme würde die beherrschende Stellung von Booking auf dem Markt der Online-Reisebüros stärken, sagte der für Wettbewerb zuständige EU-Kommissar Didier Reynders am Montag in Brüssel. Das könnte möglicherweise zu höheren Preisen für die Hotels sowie für Verbraucherinnen und Verbraucher führen.

„Booking hat keine ausreichenden Abhilfemaßnahmen angeboten, um diese Bedenken auszuräumen“, hieß es in einer Mitteilung der EU-Kommission. Reynders sagte, es sei das erste Mal, dass die Kommission in diesem Jahr eine Übernahme verboten habe. In den vergangenen zehn Jahren hat die Kommission im Rahmen der Fusionskontrollvorschriften fast 3500 Zusammenschlüsse genehmigt und, den vorliegenden Fall eingerechnet, nur elf untersagt.

Durch eine Fusion von Booking und eTraveli, wären laut EU-Kommission zwei führende Online-Reisebüros in einem konzentrierten Wirtschaftszweig zusammengeführt worden. Die Booking Holding (Booking) mit Sitz in den USA ist mit Marken wie booking.com, Rentalcars, Priceline und Agoda auf dem Markt der Online-Reisebüros tätig. Im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) betreibt es mit Booking.com das dominierende Hotelportal. Zum EWR gehören neben den EU-Staaten auch Norwegen, Lichtenstein und Island.

„Das Unternehmen ist in den letzten zehn Jahren stetig gewachsen und hat einen Marktanteil von über 60 Prozent erreicht“, so die Kommission. Booking ist zudem – in erster Linie über seine Preisvergleichsplattform KAYAK – auf dem Markt für Metasuchdienste für Unterkünfte, Mietwagen und Flüge tätig. Das schwedische Unternehmen eTraveli betreibt über seine Marken wie GotoGate und My Trip Websites, über die Flüge gebucht werden können. Es zählt zu den wichtigsten Flugportalen in Europa.

Milliardengeschäft der Online-Reisebüros

Online-Reisebüros führen Angebot und Nachfrage zusammen und erbringen somit wichtige Vermittlungsdienstleistungen. Sie vermitteln u. a. Unterkünfte, Flüge, Mietwagen und Leistungen für den Besuch von Sehenswürdigkeiten. Allein im EWR wickeln Online-Reisebüros Buchungen im Gesamtwert von über 100 Milliarden Euro pro Jahr ab. Die Online-Hotelvermittlung ist mit einem Wert von rund 40 Milliarden Euro pro Jahr das größte und rentabelste Segment dieses Marktes, bilanzierte die Kommission in ihrer Untersuchung, in die auch Rückmeldungen von zahlreichen Interessensvertretern und Konkurrenten einflossen.

Im Mittelpunkt des Geschäftsmodells von Booking stehe zwar die Online-Vermittlung von Hotelzimmern, so die Kommission. Die Flugvermittlung könnte nach Einschätzung der Behörde aber dazu führen, dass durch die höhere Besucherfrequenz auf ihren Webseiten die Marktmacht des Unternehmens auch bei der Hotelvermittlung noch einmal größer wird. „Booking hätte von der Trägheit der Kunden profitieren können“, hieß es. Für Konkurrenzportale wäre es zudem schwieriger geworden, einen Kundenstamm für die Online-Hotelvermittlung aufzubauen. Online-Reisebüros könnte somit der Weg versperrt werden, sich zu vollwertigen Wettbewerbern zu entwickeln.

Lösungsvorschläge von Booking überzeugten nicht

Um das Verbot der 1,6 Milliarden Euro schweren Übernahme abzuwenden hatte Booking Lösungsvorschläge angeboten. Für einen besseren Wettbewerb wollte Booking.com zum Beispiel Kunden nach dem Kauf von Flugtickets in einer Ansicht auch Hotel-Angebote konkurrierender Anbieter zeigen und Interessenten mit einem einfachen Klick auf deren Seiten weiterleiten. Das überzeugte die EU-Kommission allerdings nicht, weil KAYAK, eine Tochtergesellschaft von Booking, Teile der Umsetzung kontrolliert hätte. Darüber hinaus sei die Flug-Checkout-Seite nur ein kleiner Teil der Cross-Selling-Möglichkeiten, die Booking hätte nutzen können. Konkurrierende Hoteldienstleister und Online-Reisebüros wären nicht in E-Mails, Benachrichtigungen oder auf anderen Seiten der Website angezeigt worden.

„Unser Beschluss, den Zusammenschluss zu untersagen, bedeutet, dass die Möglichkeiten europäischer Hotels und Reisender, ihre Dienstleistungen anzubieten bzw. ihre Reisen zu buchen, nicht weiter eingeschränkt werden. Dies bedeutet auch, dass die Anreize für wettbewerbsfähige Preise und Innovationen in diesem wichtigen Teil der Reisebranche erhalten bleiben“, sagte Rynders.

Booking kündigte Widerspruch an. Das Unternehmen sei davon überzeugt, dass die Kommission mit ihrer Einschätzung falsch liege, hieß es in der Stellungnahme - mit Verweis darauf, dass die britischen Behörden der Übernahme zugestimmt haben. Booking argumentiert, dass die Übernahme den Verbrauchern Vorteile bringen würde. Wettbewerbskommissar Reynders betonte, die Entscheidung sei wohlüberlegt. „Wenn wir nicht zuversichtlich sind, treffen wir keine Entscheidung.“ (mit dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Luxus für die Chefetage: DAX-Vorstände kassieren das 41-Fache ihrer Mitarbeiter
12.08.2025

Während die Wirtschaft stagniert, steigen die Managergehälter: DAX-Vorstände verdienen im Schnitt das 41-Fache ihrer Mitarbeiter – und...

DWN
Politik
Politik Rente und Lebensarbeitszeit: Beamte sollen länger arbeiten, weil sie im Schnitt länger leben
12.08.2025

Die Deutschen sollen länger arbeiten, fordert die Wirtschaftsministerin, auch um die Sozialsysteme abzusichern. Für das Rentensystem hat...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Nur jeder Dritte zufrieden mit Kanzler Merz – Unzufriedenheit steigt weiter
12.08.2025

Rund 100 Tage nach Amtsantritt der neuen Koalition fällt die Bilanz für Bundeskanzler Friedrich Merz eher ernüchternd aus. Einer...

DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie: DAX-Schwergewicht rutscht weiter ab – jetzt SAP-Aktie kaufen?
12.08.2025

Die SAP-Aktie steht unter Druck – trotz starker Cloud-Zahlen und stabiler Marktstellung. Anleger fragen sich: Jetzt die SAP-Aktie kaufen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaming-Boom in Deutschland: Verbraucher geben 4,6 Milliarden Euro aus
12.08.2025

Die Gaming-Branche in Deutschland erlebt einen spürbaren Aufschwung: Im ersten Halbjahr 2025 stiegen die Ausgaben der Verbraucherinnen und...

DWN
Panorama
Panorama Heiße Tage, kühle Skepsis: Warum wir uns mit Klimaanlagen so schwertun
12.08.2025

Während Klimaanlagen in vielen Ländern weltweit zur normalen Ausstattung gehören, sind sie in Deutschland noch immer umstritten....

DWN
Politik
Politik Sonntagsfrage: AfD mit Rekordwert in aktueller Forsa-Umfrage – Tiefpunkt für Schwarz-Rot und Kanzler Merz
12.08.2025

Die aktuelle Sonntagsfrage bringt die schwarz-rote Koalition unter Druck: Die AfD erreicht ihren Rekordwert, die Union verliert. Die...

DWN
Politik
Politik Selenskyj warnt: Putin nutzt Trump-Treffen als Vorwand für neue Offensive – kein Wille zum Frieden
12.08.2025

Kurz vor dem Gipfel zwischen Donald Trump und Wladimir Putin warnt Wolodymyr Selenskyj: Moskau rüste für neue Angriffe, statt Frieden zu...