Das Münchner ifo-Institut hatte im September 205 Professoren der Volkswirtschaftslehre befragt. Ergebnis: Eine deutliche Mehrheit der Professoren, nämlich 83 Prozent der Befragten, lehnt die Subventionierung des Strompreises ab. Die Professoren befürchten, dass ein solches Instrument die Anreize für Unternehmen mit Blick auf Investitionen und Energieeinsparungen verzerre. Zudem halten sie eine solche Subvention für „ungerecht“ und schädlich für den Klimaschutz. Zudem befürchten die Ökonomen, dass eine befristete Subvention, wie der von Habeck geforderte Industriestrompreis, schnell zu einer dauerhaften Subvention für Großunternehmen mutiere. Dies allerdings wäre sehr teuer und würde, so die Befürchtung, auch den strukturellen Wandel behindern, da eine Subvention in der Regel dazu führt, den durch einen Preis ausgedrückten Anpassungsdruck künstlich zu vermindern. Nur 13 Prozent der befragten Ökonomen unterstützen den Vorschlag zur Einführung eines Industriestrompreises.
Kritik der Ökonomen
Stattdessen fordert die Mehrheit der Ökonomen eine Verbreiterung des Energieangebots insgesamt und einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien. Dabei fordern die Wirtschaftswissenschaftler die Bundesregierung auf, auch die Nutzung der Atomkraft als Teil der Lösung zu sehen, denn eine Mehrheit der Befragten – 58 Prozent – lehnt den endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie ab. Die Ökonomen argumentieren, dass mit der Entscheidung über den Ausstieg aus der Atomenergie eine klimafreundliche und kostengünstige Energiequelle abgeschaltet wurde. Die in der Folge gesunkene Kapazität zur Stromerzeugung in Deutschland führte zu einem Anstieg des Strompreises, der wiederum die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft beeinträchtige. Die Ökonominnen und Ökonomen weisen zudem darauf hin, dass es sich um einen deutschen Sonderweg handele und nun, als Konsequenz dieser Entscheidung, Atomstrom aus Ländern mit deutlich unsichereren Reaktoren importiert werde.
Das Bundeswirtschaftsministerium hatte zuvor in einem sechsseitigen Arbeitspapier für einen sogenannten „Brückenpreis“ geworben. Das Ministerium zeigte sich zuversichtlich, dass es ab dem Jahr 2030 gelingen werde, in Deutschland kostengünstigen Strom aus erneuerbaren Energien zu produzieren, doch bis dahin müsse der energieintensiven Industrie , so das Papier, mit einem „Brückenpreis“ geholfen werden, damit sie gegenüber der ausländischen Konkurrenz wettbewerbsfähig bleibe. Um diese Zwischenphase zu überstehen, sei die Einführung eines gedeckelten Preises von sechs Cent pro Kilowattstunde „für einen klar definierten Empfängerkreis“ nötig, so das Papier aus dem Hause Habeck. Dieser Preis müsse aus „öffentlichen Mitteln“ finanziert werden. Laut EU-Statistik lag der Preis in Deutschland bei etwa 19 Cent, in den USA beispielsweise hingegen nur bei etwa fünf Cent pro Kilowattstunde.
Bedenken des Mittelstands
Die Pläne Habecks waren von Anfang an sowohl in der Wissenschaft als auch bei Vertretern des Mittelstands hochumstritten. Der damalige Vorsitzende des Bundesverbands Mittelständische Wirtschaft, Markus Jerger, hatte gegenüber den Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) erklärt, dass der gesamte Mittelstand durch seine Zulieferbeziehungen im Wettbewerb stehe, der Mittelstand aber nicht in den Genuss der Subvention komme. Die Unternehmerin Marine-Christine Ostermann – sie ist auch Vorsitzende des Verbands der Familienunternehmer – hatte darauf hingewiesen, dass es die Grünen waren, die durch eine Verkappung des Stromangebots den Anstieg des Strompreises in Deutschland befördert hätten. Die Vorschläge würden aber, so Ostermann, am Ende bedeuten, dass „Mittelstand und Arbeitnehmer einige wenige große Stromverbraucher subventionieren“.
Diese Sichtweise wird zu einem erheblichen Teil von der Wissenschaft geteilt. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratscher hatte gesagt, dass er in den Vorschlägen Habecks „nur Nachteile erkennen“ erkennen könne. Denn in einem solchen Fall, müsste der Mittelstand, der nicht in den Genuss der Investition kommen würde, die Mittel für die Subvention aber erwirtschaften. Mit anderen Worten: Der Mittelstand wäre dann gezwungen, seinen Wettbewerbsnachteil auch noch finanzieren zu müssen.
Schlechte Noten
Mit der insgesamt kritischen Haltung ist der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung unter den Ökonomen in Deutschland keineswegs allein. In dem „Ökonomen-Panel“ des ifo-Instituts wurden die 205 Professorinnen und Professoren der Volkswirtschaft auch nach ihrer Zufriedenheit mit der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung befragt. Nur 15 Prozent der Befragten gaben an, dass sie mit der Arbeit der Regierung zufrieden seien. 24 Prozent sagten, dass sie die Arbeit der Bundesregierung als „Befriedigend“ bewerten, 14 Prozent gaben ihr die Note „Ausreichend“. Diese Gruppe gab an, dass sie die Reaktionen der Bundesregierung auf die Energiepreiskrise allgemein positiv sehe; jedoch würden sie die übrigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung als „inkonsistent und wenig fokussiert“ sehen. 29 Prozent der Ökonomen gaben der Regierung die Note „Mangelhaft“, 14 Prozent sogar ein „Ungenügend“. Diese Gruppe bemängelt das Fehlen eines wirtschaftspolitischen Gesamtkonzeptes, was zu Unsicherheiten auf den Märkten führe. Zudem kritisieren sie eine Tendenz zu Überregulierung und zu Markteingriffen.