Der Asiatischen Infrastruktur- und Investitionsbank (AIIB) sind drei weitere Staaten beigetreten. Wie die multilaterale Entwicklungsbank Bank auf ihrer Homepage mitteilt, gab der Vorstand Ende September beim Gipfeltreffen in Ägypten grünes Licht für eine Mitgliedschaft Tansanias, El Salvadors und der Salomonen.
Die Mitgliedschaft wird erst wirksam, wenn die drei Staaten diese von ihren Parlamenten absegnen lassen und ihr Einlagenkapital eingezahlt haben.
Infolge des Beitritts der drei Länder erhöht sich die Mitgliederzahl der AIIB auf 109. Die AIIB-Mitgliedsländer repräsentieren 81 Prozent der Weltbevölkerung und etwa 65 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Auch die Bundesrepublik Deutschland ist AIIB-Mitglied.
Gegengewicht zur Weltbank
Die AIIB wurde im Jahr 2015 unter maßgeblicher Führung der chinesischen Regierung von 57 Staaten gegründet und versteht sich als Alternative zu dominierenden – und von den Vereinigten Staaten von Amerika kontrollierten – multinationalen Finanzorganisationen wie der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds (IWF).
Da die US-Regierung in der Vergangenheit zu keiner maßgeblichen Änderung der Stimmenverhältnisse bei Weltbank und IWF bereit war, welche jedoch nach Ansicht Chinas und anderer Länder die gewachsene wirtschaftliche und politische Bedeutung großer Entwicklungsländer nicht mehr in angemessener Weise widerspiegele, begann Peking ab dem Jahr 2013 mit den Vorbereitungen zur Gründung einer alternativen Institution.
Die Zentralen von Weltbank und IWF befinden sich in Washington, während die AIIB ihre Hauptniederlassung in Peking unterhält.
China hat 29,78 Milliarden US-Dollar zum Stammkapital der AIIB beigetragen und kontrolliert damit etwa mehr als 30 Prozent des Gesamtkapitals der Institution sowie 26,56 Prozent der Stimmrechte, wie aus Daten der Bank hervorgeht. Damit verfügt Peking über ein Vetorecht.
Aufbau von Alternativen
Der Mitgliederzuwachs bei der AIIB ist ein Symptom für die sich derzeit vollziehenden Machtverschiebungen auf dem Planeten.
Viele Entwicklungsländer, die zu den wohlhabenden Industriegesellschaften aufschließen wollen, engagieren sich verstärkt in Organisationen, die dezidiert als Alternative zu den Organen des seit Ende des Zweiten Weltkriegs dominierenden westlichen Systems aufgebaut wurden. Dazu zählen das BRICS-Format und dessen Organe, die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit sowie das chinesische Infrastrukturprojekt der „Neuen Seidenstraße“ ebenso wie RCEP, die größte Freihandelszone der Welt oder die von Russland angeführte Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft.
Flankiert wird der Aufbau alternativer Strukturen von einer verstärkten Abwendung vieler Länder vom US-Dollar, dessen unbestrittener Status als Weltleitwährung infolge zunehmender Sanktionstätigkeit der amerikanischen Regierungen der vergangenen 20 Jahre schrittweise untergraben wurde.
Wie bereits erwähnt stellt das Wachstum der AIIB vor dem Hintergrund des Aufstiegs Chinas und anderer Entwicklungsländer kein fundamentales Ereignis dar, sondern spiegelt die schrittweise Emanzipation des „Globalen Südens“ auf niedrigerer, organisatorischer Ebene wider.
Eine klare Trennlinie kann zwischen dem „Westen“ einerseits und dem „Globalen Süden“ andererseits in dieser Frage ohnehin nicht gezogen werden: Beispielsweise sind zahlreiche europäische Länder Mitglieder der AIIB, ebenso wie fast alle Länder der Welt in der Weltbank und im IWF vertreten sind. Zwar verfügen die USA über Sperrminoritäten bei Weltbank und IWF, China beispielsweise verfügt jedoch über den drittgrößten Stimmenanteil in diesen Organisationen hinter Japan.
Nichtsdestotrotz üben Washington und Peking in Form ihrer Stimmenmehrheiten eine Dominanz über Weltbank und IWF respektive die AIIB aus.
Yellen will Weltbank aufwerten
Interessant ist die Frage, wie die Weltbank auf den Einflusszuwachs der AIIB reagieren kann und ob sie das überhaupt sollte.
Wie das Wall Street Journal berichtet, will die Biden-Administration der Weltbank „neues Leben einhauchen“, um Entwicklungsländer von den Vorteilen der von den USA nach 1945 aufgebauten Ordnung in Weltwirtschaft und internationalen Finanzen zu überzeugen.
Darüber hinaus versuche die US-Regierung auch im IWF, so die Zeitung, verloren gegangenes Terrain bei der internationalen Kreditvergabe zurückzugewinnen, welche die Chinesen mit ihrer im Jahr 2013 lancierten „Seidenstraße“ dominiert.
„Diese Länder haben sicherlich die Aufmerksamkeit der fortgeschrittenen Staaten“, zitiert das Wall Street Journal die US-amerikanische Finanzministerin Janet Yellen. „Wir hören sie laut und deutlich.“
Chinesische Banken waren in den vergangenen 15 Jahren zu den wichtigsten Kreditgebern ärmerer Länder aufgestiegen. Im Rahmen des Seidenstraßenprojekts wurden viele bedeutende Infrastrukturprojekte wie Bahntrassen, Häfen oder Flughäfen in Entwicklungsländern realisiert. Westliche Länder konnten bislang hingegen keine überzeugenden Alternativen zur „Seidenstraße“ Pekings anbieten, obwohl mehrere Großprojekte und Initiativen lanciert wurden.
Im Westen nichts (wirklich) Neues
Auf einem Gipfeltreffen, das vom 9. Oktober bis zum 15. Oktober im marokkanischen Marrakesch stattfand, wollten Weltbank und Internationaler Währungsfonds eine Ausweitung ihrer Kreditvergabekapazitäten beschließen, um die Lücke zu den Chinesen zu schließen.
Die Anteilseigner der Weltbank einigten sich darauf, künftig neue Finanzierungsinstrumente anzubieten und eine Garantieplattform aufzubauen, berichtet der englischsprachige Dienst von Reuters. Beides zusammen, so Reuters, „könnte zur Vergabe weiterer 100 Milliarden Dollar über zehn Jahre führen.“
Die IWF-Länder konnten sich hingegen nicht auf eine Ausweitung der Kreditvergabe einigen, wie sie von der US-Regierung vorgeschlagen wurde, berichtet Reuters.
Das Unterfangen scheiterte dem Bericht zufolge am Wunsch der Amerikaner, die Kapazitäten auszubauen, ohne China und anderen wichtigen Schwellenländern mehr Mitspracherechte einzuräumen. Insbesondere China, dessen Volkswirtschaft heute dreimal so groß ist wie 2010, setzte sich für mehr Anteile ein, um „das relative Gewicht von Mitgliedsländern in der Weltwirtschaft zu reflektieren und die Stimme und Repräsentation von aufstrebenden und Entwicklungsländern zu stärken“, zitiert Reuters Chinas Zentralbank-Gouverneur Pan Gongscheng.