Finanzen

BRICS-Länder stoßen amerikanische Staatsanleihen ab

Die BRICS-Länder haben ihre US-Anleihebestände in den vergangenen Monaten reduziert – mit einer Ausnahme.
20.10.2023 19:15
Aktualisiert: 20.10.2023 19:15
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
BRICS-Länder stoßen amerikanische Staatsanleihen ab
Mehrere große BRICS-Staaten bauen ihre Bestände von US-Anleihen ab. (Foto: istockphoto.com/webking) Foto: webking

Die BRICS-Staaten haben in den vergangenen Monaten die von ihnen gehaltenen Bestände amerikanischer Staatsanleihen teils deutlich reduziert. Eine Ausnahme stellt Indien dar, dessen Regierung zuletzt verstärkt in US-Schultitel investiert hatte.

„BRCS“ verkaufen Treasuries

Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den fünf BRICS-Ländern. Während Russland und China Vorreiter einer Abkehr vom US-Dollar sind und auch Brasilien und Südafrika ihre Bestände verringern, griff Indien zuletzt bei US-Schuldtiteln deutlich zu.

Aktuelle Daten des amerikanischen Finanzministeriums zeigen, dass sich die Bestände Neu-Delhis zwischen August 2022 und August 2023 von 221,2 Milliarden Dollar auf 232,5 Milliarden Dollar erhöhten.

Indien hat sein Anleihe-Portfolio zudem in den vergangenen Jahren massiv ausgeweitet. Noch im Jahr 2011 beliefen sich die US-Schuldtitel in indischem Besitz auf etwas mehr als 56 Milliarden Dollar, wie das Portal USA Facts in einer interaktiven Grafik berichtet. Das Exposure gegenüber US-Staatsanleihen wurde in elfeinhalb Jahren demnach mehr als vervierfacht.

Im Gegensatz dazu trennte sich China im selben Zeitraum von US-Papieren im Gesamtwert von 133,2 Milliarden Dollar. Der Bestand schrumpfte von 938,6 Milliarden Dollar auf 805,4 Milliarden Dollar.

China ist damit nach Japan auch im August zwar noch immer der zweitgrößte Gläubiger Washingtons, die Pekinger Finanzbehörden reduzieren ihre Forderungen seit einigen Jahren aber systematisch und in beträchtlichen Schritten. Von dem Allzeithoch von fast 1,6 Billionen Dollar aus dem Jahr 2013 aus gesehen haben die chinesischen Finanzbehörden amerikanische Wertpapiere im Umfang von rund 800 Milliarden Dollar abgebaut.

Noch deutlich aggressiver als die Volksrepublik baute Russland seinen Bestand in den vergangenen Jahren ab. Alleine zwischen März und Mai 2018 war der Bestand um 84 Prozent geschrumpft. Die restlichen 14,9 Milliarden Dollar, die im Mai 2018 noch vorhanden waren, wurden in den darauffolgenden Monaten abgebaut, sodass das Land heute praktisch keine nennenswerten Forderungen gegenüber den USA mehr besitzt.

Einzig russische Privatpersonen verfügten im Juni noch über Forderungen von etwa 33 Millionen Dollar.

Brasilien verringerte seinen Bestand zwischen August 2022 und August des laufenden Jahres von 227,3 Milliarden Dollar auf 223,2 Milliarden Dollar.

Bedeutsamer könnte im Fall Brasiliens der langfristige Trend sein. Wie aus Daten hervorgeht, die USA Facts veröffentlicht, oszillierte der Bestand amerikanischer Anleihen im Besitz des brasilianischen Staates um den Wert von 300 Milliarden Dollar. Seit Ende 2019 ist ein deutlicher Rückgang zu beobachten von knapp 321 Milliarden Dollar über 290 Milliarden Dollar (Ende 2020), 252 Milliarden Dollar (Ende 2021) auf 214 Milliarden Dollar Ende 2022.

Südafrikas Forderungen gegenüber den USA lagen in den vergangenen Jahren meist um die Marke von 15 Milliarden Dollar, wie aus Daten hervorgeht, die USA Facts veröffentlicht. Die drei vergangenen Jahre zwischen 2020 und 2022 waren allerdings von einem stetigen Abverkauf geprägt: der Bestand sank in diesem Zeitraum von etwa 21 Milliarden Dollar auf rund 15 Milliarden Dollar.

Das Portal Gold Switzerland berichtete vor einigen Tagen, dass auf Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika derzeit nur noch 4,1 Prozent der weltweit zirkulierenden amerikanischen Staatsanleihen entfallen würden. Im Januar 2012 habe dieser Wert noch 10,4 Prozent betragen – ein Rückgang von mehr als 60 Prozent.

Auch die restlichen Länder der Welt haben ihr Engagement im amerikanischen Anleihemarkt im selben Zeitraum zurückgefahren, allerdings weitaus vorsichtiger. So entfielen im Januar 2012 rund 22 Prozent der außerhalb der USA zirkulierenden US-Schulden auf diese Länder, während es derzeit noch immer 19,3 Prozent seien, schreibt Ronald Stöferle auf dem auf Edelmetalle spezialisierte Blog.

Teil der Abkehr vom Dollar?

Die Gründe, warum Russland, China, Brasilien und Südafrika ihr Engagement im US-amerikanischen Anleihemarkt zuletzt reduziert haben, sind vielfältiger Natur. Neben geopolitischen Überlegungen (besonders deutlich werden diese im Falle Russlands) spielen mit Sicherheit auch noch andere, wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. So könnte die chinesische Zentralbank beispielsweise US-Anleihen verkauft haben, um damit den Außenwert des Renminbi gegenüber dem Dollar zu stützen, welcher in den vergangenen Wochen unter Druck geraten war.

Es wird sich erst in den kommenden Jahren im Rückblick erweisen, ob die Reduzierung der Bestände sich in einem langfristigen Trend verfestigen wird und welche Gründe dafür eine Rolle spielen.

Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch hoch, dass die Staaten des BRICS-Formats das Gewicht amerikanischer Bonds in ihren Staatsfinanzen perspektivisch weiter verringern werden, weil dies mit dem übergeordneten Trend einer grundsätzlichen Abkehr vom Dollar übereinstimmt, dem inzwischen viele Entwicklungsländer folgen.

Es sollte überdies nicht vergessen werden, dass das grundlegende Ziel, dem sich die BRICS-Organisation verpflichtet hat, im Aufbau einer multipolaren Weltordnung besteht, die praktisch nur durch eine Aufwertung der Entwicklungsländer des „Globalen Südens“ und einen relativen Einflussverlust des unter Führung der USA stehenden „Westens“ realisiert werden kann und die unzweifelhaft auch eine Abkehr von Dollar-denominierten Wertanlagen umfasst.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Kunst als Investment? 95 Prozent aller Werke sind nur Dekoration
04.10.2025

Die meisten Käufer träumen davon, dass jedes Bild irgendwann Gold wert ist. Doch die Realität ist ernüchternd: Nur ein winziger...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Indonesien-Abkommen: Was sich Unternehmen davon erwarten können
04.10.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und Indonesien stehen vor einem neuen Kapitel. Nach jahrelangen Verhandlungen...

DWN
Panorama
Panorama Erkältung, Grippe, Corona – So kommen wir durch die Infektionssaison
04.10.2025

Kaum beginnt die kühle Jahreszeit, häufen sich die Krankheitsfälle. Ob Erkältung, Grippe oder Corona – die Ansteckungsgefahr steigt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 95 Prozent scheitern: Warum Künstliche Intelligenz in Unternehmen zur Falle wird
04.10.2025

Die meisten KI-Piloten bleiben stecken, liefern keine Ergebnisse und entlarven fehlende Strategien im Management. Nur wer Prozesse radikal...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft De-Growth ist eine Illusion: Nur Wachstum rettet das Klima
04.10.2025

Neue Studien zeigen: Wohlstand senkt Emissionen. Länder wie USA, Frankreich oder Polen beweisen, dass Wirtschaft wachsen und...

DWN
Politik
Politik Investitionen in Moldawien: Reformen zahlen sich aus
03.10.2025

Ein Land erlebt dank umfassender Reformen einen Aufschwung: Korruption wird zurückgedrängt, die EU-Annäherung schreitet voran und...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Achenbach Buschhütten: Ein Weltmarktführer trotzt den Standortklagen
03.10.2025

Hohe Energiepreise, Fachkräftemangel und Bürokratie prägen die Standortdebatte. Achenbach Buschhütten zeigt, wie ein Maschinenbauer in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ein-Mann-Einhorn: Droht KI den Wohlstand in die Hände weniger zu konzentrieren?
03.10.2025

Künstliche Intelligenz ermöglicht Milliarden-Start-ups, die nur von einer Person geführt werden. Was als Triumph der Innovation gilt,...